Der erste Verdacht
gewöhnlich.
Diese Episode hat sich tatsächlich genau so zugetragen. Das Mädchen zeigte die Vergewaltigung auf der Toilette bei der Polizei an, zog aber die Anzeige nach den ersten Verhören zurück. Mehrere Personen, mit denen ich gesprochen habe, haben bestätigt, dass das Führungstrio oft im Besitz von Kokain war und in den frühen Morgenstunden auch ganz offen schnupfte. Die Angestellten des Szenelokals Zodiak bestätigten dies, als ich sie interviewte. Da es sich um Bergman-Kaegler- Bonettis Lieblingslokal hier in Göteborg handelte, bekam das Personal etliche ähnlich gelagerte Festnächte mit. Eines konnten die Chefs von ph.com wirklich, und zwar feiern!
Ich habe mir ph.com als ein typisches Beispiel für das Schicksal vieler Dotcom-Unternehmen ausgesucht, die Ende der 90er wie Pilze aus dem Boden sprossen. Ich gehe hier nicht im Detail auf das Finanzierungskarussell ein, weil dies in einem eigenen Kapitel behandelt wird (siehe Kapitel 6: Ratgeber, Investoren und Investmentbanken). Statt dessen möchte ich ein Gesamtbild der Ereignisse und ihrer Ursachen liefern.
Das unwahrscheinliche Märchen vom Aufstieg und Fall der ph.com begann, als Philip Bergman und Sanna Kaegler im Jahre 1998 Thomas Bonetti auf einem Fest in Göteborg kennen lernten. In verschiedenen Interviews haben sie selbst erzählt, wie es zu dem Entschluss kam, Internet-Unternehmer zu werden.
Alle drei glaubten blind an diesen neuen Typ des Handels, der im Internet um sich gegriffen hatte. In den USA gab es Unternehmen wie Netscape und amazon.com (siehe Kapitel 4: Die ersten Internet-Unternehmen in den USA), die sich bereits erfolgreich an der Börse etabliert hatten. Dort waren auch rentable Unternehmen wie Intel, Apple und Compaq vertreten. Die schnellen Wertsteigerungen verlockten große Kapitalanleger dazu, ihr Geld auch in nicht an der Börse geführte Unternehmen zu investieren. Nicht zuletzt den amerikanischen Rentenfonds war sehr daran gelegen, ihr Geld in Unternehmen der New Technology zu investieren. Das taten sie durch Risikokapitalgesellschaften, die Geld in die neuen Unternehmen steckten. Ein amerikanischer Journalist schätzte, dass etwa vierzig Prozent des Geldes der Risikokapitalgesellschaften in den 90ern aus den Rentenfonds stammten.
Vom Sommer 1998 bis zum Sommer 1999 stieg der Wert der Internet-Aktien um 400 Prozent! Das Interesse an den neuen Internet-Unternehmen war enorm und Risikokapital beinahe unbegrenzt verfügbar. Den Investoren bereitete es allmählich Mühe, neue Projekte zur Geldanlage zu finden. Die Chancen für ein neu gegründetes Internet-Unternehmen, an Kapital zu kommen, standen also sehr gut.
Im Nachhinein erscheint es bemerkenswert, dass die Investoren nicht vorsichtiger waren. Die Internet-Unternehmen verfügten über keinerlei festes Vermögen und machten oft riesige Verluste. Der Wert der Aktien gründete sich einzig auf die Überzeugung, dass die große Internet-Revolution bevorstand. Niemand wollte diesen Zug verpassen.
Der Gedanke, der in der Partynacht im Februar 1998 geboren wurde, lief darauf hinaus, dass man ein globales Internet- Unternehmen schaffen und an die Börse bringen wollte. Anfänglich war es kein Thema, was man eigentlich verkaufen wollte. Es ging nur darum, überhaupt etwas via Internet zu veräußern. Die drei wollten von Anfang an dabei sein, Ziel war es, ein führendes IT-Unternehmen zu werden.
Philip Bergman und Sanna Kaegler hatten gerade ihre Anteile an der Zazza-Kette verkauft. Es gab Gerüchte, wonach sie von den beiden anderen Mitbesitzern, den Brüdern Gillis und Walther Rothstaahl, mehr oder minder zwangsweise ausbezahlt worden waren, da immer größere Probleme bei der Zusammenarbeit aufgetreten waren. Dieses Gerücht haben sowohl Bergman als auch Kaegler bestritten. Stattdessen haben sie behauptet, sie seien der Modebranche überdrüssig gewesen und hätten neue Herausforderungen gesucht. ›Wir haben Zazza von der Mittelmäßigkeit an die absolute Spitze geführt. Wir haben das Gefühl, dass es an der Zeit ist, uns anderweitig umzutun‹, sagte Philip Bergman zum Wirtschaftsreporter der Göteborgs-Posten anlässlich des Verkaufs. Beide wurden mit je sieben Millionen Kronen abgefunden, einer stattlichen Summe, wenn man bedenkt, dass sie sich nur mit je einer Million an der Kette beteiligt hatten.
Philip besaß Visionen und konnte überzeugen. Er war, wie allseits bestätigt, charmant und charismatisch. Kurz gesagt: Er hatte alles, was nötig war, um ein
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