Der erste Verdacht
dem Flug durchsehen«, fuhr er fort.
»Papierstapel?«, wiederholte Irene.
Auf den kleinen Schluck Whisky waren zwei Glas Wein gefolgt. Das hatte sie nicht nur müde, sondern auch etwas langsam gemacht.
»Kajsa hat von diesem Journalisten ein Kapitel seines Buches bekommen. Offenbar schreibt er über diese ganzen Computerunternehmen und dieses ganze Geld, das nach dem IT- Crash verschwunden ist. Er hat ihr den Abschnitt über Bergmans, Kaeglers und Bonettis Unternehmen gegeben«, sagte Andersson.
»Ph.com«, ergänzte Irene.
»Genau. Da diese Ermittlung so weit reichend ist, kann ich mich nicht mit allen Details befassen. Es ist vermutlich gut, wenn ihr, Kajsa und du, den Hintergrund der Betrügereien dieser drei Hampelmänner kennt.«
Irene wusste, dass er sich für Computerdinge überhaupt nicht interessierte, von Wirtschaftsverbrechen ganz zu schweigen, denn da waren gute Computerkenntnisse erforderlich, wenn man richtig recherchieren wollte. Sicher war er sehr erleichtert, dass er die IT- und Finanzfragen Kajsa und ihr überlassen konnte. Sie war in der Tat neugierig, was diese Papiere enthielten.
KAPITEL 8
»Ein Raunen ging durch den Nachtclub, als der junge Mann seinen Einzug hielt. Den Gästen fielen zwar auch die zwei Personen auf, die ihm auf dem Fuß folgten, aber alle Blicke galten ihm. Betont langsam schlenderte er die Treppe hinunter. Er war sich bewusst, welchen Eindruck er hinterließ.
Er trat an die Bar und bestellte drei Wodka Martini. Seine beiden Freunde lachten über eine seiner Bemerkungen. Keiner der drei war nüchtern. Nonchalant zog er eine Visakarte aus der Tasche und überließ sie dem Barkeeper. Die Karte lag dann den ganzen Abend hinter der Bar. Bereits nach wenigen Minuten kam die erste junge Frau und gesellte sich zu ihm. Bald waren es mehrere. Einige kannte er schon von früher. Mit den unbekannten Mädchen begann er eine beiläufige Unterhaltung, dann gab er allen Champagner aus, natürlich den teuersten.
Keine Frau über fünfundzwanzig war darunter.
Die Frau in seiner Gesellschaft war eine kühle nordische Schönheit mit hellblauen Augen, platinblondem, hoch toupiertem Haar und diskretem Make-up. Ihre Kleider hingegen waren aufsehenerregend. Sie konnte sie nur in einer der teuersten Boutiquen Londons gekauft haben. Obwohl sie genauso betrunken war wie die beiden Männer in ihrer Gesellschaft, wirkte sie gelangweilt. Sie hatte noch kaum an ihrem Glas genippt, als sie abrupt aufstand und dem Blonden einen flüchtigen Kuss auf die Wange gab. Dann drehte sie sich auf dem Absatz um und verschwand die Treppe hinauf zum Ausgang. Er schien nicht zu merken, dass sie ging.
An der Bar war es heller als im übrigen Lokal. Die Lampen ließen sein dichtes blondes Haar schimmern, das etwas länger war, als die Mode es vorschrieb. Seine Gesichtszüge waren regelmäßig, mit hohen Wangenknochen und einem energischen Kinn. Oft feuerte er sein charmantes Lächeln ab. Sein durchtrainierter Körper und seine exklusive Kleidung unterstrichen noch den Eindruck von Schönheit und Erfolg, den er erwecken wollte.
Sein Freund war klein und dick. Er sah aus wie fast vierzig, war aber in Wirklichkeit gerade erst dreißig geworden. Das helle rotblonde Haar war bereits etwas schütter, und er wurde von lästigen Schweißausbrüchen heimgesucht. Der schlecht sitzende Anzug spannte sich um seine korpulenten Glieder. Das konnte ihm egal sein. Er konnte sich neue leisten. Er konnte es sich sogar leisten, alles zu kaufen, was er sich nur wünschte.
In den frühen Morgenstunden wurde das Fest immer ausgelassener. Die zwei Männer und die jungen Frauen in ihrer Gesellschaft waren die letzten Gäste. Natürlich wurde nicht geschlossen, bevor sich die Bande bequemte, den Club zu verlassen. Das Personal wusste, dass es ordentlich Trinkgeld gab, wenn man sich verhielt, wie es von einem erwartet wurde. Als beispielsweise der Blonde mit einem kurzen Strohhalm ein weißes Pulver direkt vom Bartresen schnupfte, schaute der Barkeeper weg. Auch als der Kräftige eines der Mädchen, das am betrunkensten war, auf die Herrentoilette schleifte, sie zwang, sich über das Waschbecken zu beugen, und sie vergewaltigte. Der Rausschmeißer, der zufällig hereinschaute, zog sich rasch zurück. Was er gesehen hatte, war sicher einen großen Schein wert.
Für das Personal, das die Orgien der Freunde kannte, waren die Eskapaden dieser Nacht nichts Ungewöhnliches. So endeten die Arbeitstage der Führungsgruppe von ph.com für
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