Der erste Verdacht
auf der ganzen Welt erhöhten das Interesse der Investoren an ph.com noch weiter. Das Verlangen nach Internet-Aktien war enorm. Die zweite Investitionsrunde war bald abgeschlossen, und die Investoren standen bereits für die dritte Schlange. Rasch floss das Geld in die Kassen von ph.com.
Die Berater von H.P. Johnson’s rieben sich die Hände. Höchste Zeit für den Börsengang!
Da auch die dritte Finanzierungsrunde ein Erfolg war und sogar überzeichnet wurde, wurde der Wert von ph.com vor der Börsenemission auf einhundertfünfzig Millionen Dollar festgesetzt.
Während dieser erfolgreichen Periode wurde das Verhältnis zwischen Bergman-Kaegler und Bonetti immer frostiger. Im Herbst 1999 wurde die Kluft noch größer. Sanna Kaegler und Philip Bergman wollten Bonetti loswerden, da er er ›nicht mehr am gleichen Strang zog‹.
Gleichzeitig zeichnete sich immer deutlicher ab, dass die Homepage auch am 1. November nicht fertiggestellt sein würde. Bei Probeläufen hängte sie sich auf, Bestellungen wurden nie ausgeführt, und es dauerte viel zu lange, weiter zu klicken. Das Datum wurde um einen Monat verschoben.
In den schicken Niederlassungen in Schweden, Deutschland, England, Frankreich, den USA und Holland waren eine Menge Leute angestellt worden. Die jungen Mitarbeiter erhielten hohe Löhne und konnten durch Europa und die USA reisen und in feinen Hotels wohnen. Eigentlich hatten sie keine direkten Arbeitsaufgaben, solange die Homepage nicht in Betrieb war. Niemand in der Firma wusste, was er solange tun sollte. Die jungen Berater bekamen hübsche Titel, es wimmelte nur so von Vice Presidents. Das Datum der Internet-Etablierung näherte sich, und die Erwartungen wuchsen parallel dazu immer mehr.
Es gab große Probleme mit den Lieferanten. Mehrere sehr bekannte Marken brachen ihre Zusammenarbeit ab. Die Idee, nur auf Bestellung Kleider an ph.com zu liefern, missfiel ihnen. Die Markenlieferanten verlangten, dass das Unternehmen die Kollektionen jeweils kaufen und vorrätig haben sollte, um sie dann im Internet weiter zu verkaufen. Und tatsächlich: Ganze Kollektionen von u. a. Prada und Kenzo wurden bestellt (von wem, konnte nie geklärt werden). Plötzlich verfügte ph.com über ein großes Kleiderlager und sah sich genötigt, ein Lagerhaus im Freihafen von London anzumieten. Zusammen mit allen Lockwaren und Werbegeschenken, die für die Lancierung angeschafft worden waren, beliefen sich die Kosten bereits auf ca. dreizehn Millionen Dollar. Das waren Ausgaben, mit denen niemand gerechnet hatte.
Das Kapital schwand, und niemand hatte Kontrolle über die Ausgaben.
Zu diesem Zeitpunkt tauchte ein anonymer Investor auf. Da es sich um fünfzehn Millionen Dollar handelte, beschloss Bergman, dass es eine vierte Investitionsrunde nur für diesen Investor geben würde. Man verdoppelte den Wert der Gesellschaft, und plötzlich wurde ph.com auf dreihundertfünfzig Millionen Dollar bewertet, ohne auch nur für einen einzigen Dollar etwas verkauft zu haben!
Auch für die Berater von H.P. Johnson’s war es ein gutes Geschäft. Ihre Honorare wurden in Aktien umgewandelt; sie besaßen nun eine bedeutende Beteiligung an ph.com.
Bei einer Vorstandsversammlung von ph.com wurde beschlossen, das Unternehmen spätestens im März 2000 an die Börse zu bringen.
Sanna und ihre Angestellten stellten hohe Ansprüche an die Website. Die Vorschläge, die ihnen unterbreitet wurden, fanden sie ›hässlich, banal, alles andere als trendig‹. Infolgedessen geriet die Arbeit weiter in Verzug, und die Homepage war bald so durchdesignt, dass niemand mehr wusste, was er eigentlich anklicken sollte. Der Zeitdruck und das Fehlen eines Gesamtkonzepts führten dazu, dass die ganze Homepage aus sich überlappenden Programmen bestand. Daher war sie unerhört langsam und mit Unmengen Bugs behaftet. Tests ergaben, dass es bis zu fünfundvierzig Minuten dauern konnte, einen Kauf abzuschließen.
Als sich der Tag der Internet-Einführung von ph.com näherte, herrschte nackte Panik. Die Homepage funktionierte nicht wie erwünscht. Trotzdem beschloss man, sie zu lancieren, damit die Investoren nicht die Geduld verloren.
Am Morgen des 1. Dezember 1999 stieß Philip Bergman mit seinen erschöpften Mitarbeitern mit Champagner an. Endlich war ph.com im Internet!
Bergman hatte aufs Weihnachtsgeschäft gehofft, aber der erwartete Boom blieb aus. Viele Interessierte und Neugierige besuchten die Homepage, aber als sie realisierten, wie aufwendig
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