Der erste Versuch
im, Luxus leben. Na, du wirst ja sehen,
was das für ein Luxus ist. Anthropologin – nun, da Spuren von
Leben gefunden sind, wirst du viel zu tun haben, und eben
nicht nur in der Station, du wirst raus müssen, vor Ort, wo sie
buddeln – zu denen da.“ Wieder nickte sie lächelnd zu den
Kultivatoren hin. „Aber denke nicht, dass sich jeder nur auf
sein Gebiet stürzen, konzentrieren kann. Neben den
Spezialbeiträgen natürlich macht jeder alles: Küchendienst,
Automatenüberwachung, Saubermachen, Daten sammeln,
auswerten – auch für die Kollegen, und wir leben außerdem in
einer zwar geräumigen, aber durchaus begrenzten Welt. Es gibt
für den Einzelnen wenig Freiräume. Zu Schlägereien kam es,
weil man sich gegenseitig bis zum Unerträglichen auf die
Nerven gegangen ist. Und es sind bislang dreiundsiebzig Leute
zu Tode gekommen, freilich in den ersten Jahren mehr – und
mehr bei denen vor Ort. In den Stationen waren es in den
vergangenen fünf Jahren immerhin sieben…“ Martina schwieg
einen Augenblick. Ihr Kollege Jon ergänzte: „In den meisten
Fällen durch Nichtbeachtung von Regeln
– oder durch
Selbstüberschätzung…“
„Also, ich kann dir nur raten: Genieß den Flug, halt dich fit,
nie wieder in den nächsten fünf Jahren wirst du eine so ruhige
Zeit erleben.“ Martina hatte den Faden wieder aufgenommen.
Jon mischte sich abermals ein: „Aber denk nicht, dass wir nur
stur und unter mächtigem Stress Tag und Nacht schuften.
Martina ist eine besonders Ehrgeizige. Wir nehmen die
Anlässe zu, na, sehr bescheidenen, Feiern und Festen
–
Geburtstage zum Beispiel – und sind im Allgemeinen keine
Kinder von Traurigkeit. Allerdings, der private Erdkontakt ist
limitiert, und das Limit ist knapp. Du warst gut beraten, wenn
du gestern mit dem Besteigen der CALIFORNIA die Brücken
hinter dir abgebrochen hast. Ohnehin verlängern die meisten
ihren Aufenthalt über die ersten fünf Jahre hinaus. Martina
geht ins siebente, ich ins neunte.“
„Und wie hält man es mit der – Zweisamkeit?“, fragte Alina
wie beiläufig. Natürlich war ihr nicht entgangen, dass Martina
und Jon eine Partnerschaft bildeten.
„Wir sind in unserer Station fast paritätisch: zehn Frauen –
mit dir nun elf – und der Rest Männer. Es gibt Partnerschaften,
feste und weniger feste. Zwei sind am anderen Geschlecht oder
überhaupt uninteressiert. Nicht zu selten finden Austausche
zwischen den Stationen statt. Bislang soll es nur vereinzelt
Eifersuchtsdramen gegeben haben. Du wirst sehen und schnell
mitbekommen, was läuft.“
Natürlich wusste Alina von den Funden auf dem Mars, die
zweifelsfrei von höher entwickeltem Leben zeugten. Was
allerdings die Forschungsgesellschaft Mars bewog, eine
Anthropologin in das Programm einzubeziehen, hatte man
bislang der Öffentlichkeit vorenthalten: Man hatte bei
Schachtarbeiten einen Gegenstand ausgegraben, der eine
frappierende Ähnlichkeit mit einem irdischen Messinstrument,
einem Theodoliten, aufwies, mit dem in der Geodäsie
Landvermessung betrieben worden war, bis diese Methode
weitgehend von der Satellitenvermessung abgelöst wurde. Im
Bauwesen und für kleinere derartige Aufgaben wurden diese
Instrumente noch immer verwendet. Natürlich wurde
recherchiert und festgestellt, dass keine der früheren Sonden,
die gegen Ende des 20. Jahrhunderts zur Erkundung des Mars
von der Erde aus gestartet worden waren, je ein derartiges
Instrument an Bord hatte. Wozu auch. Die Altersbestimmung
ergab, dass das Ding etwa 100000 Jahre alt sein mochte, zu
einem Zeitpunkt also hergestellt, zu dem die Menschheit noch
andere Sorgen hatte, als ihren Planeten zu vermessen. Äußerst
merkwürdig war außerdem, dass die Metalllegierungen – zwar
weitgehend korrodiert –, aus denen das Instrument gefertigt
war, nicht nur nicht für den Bau von Derartigem auf der Erde
verwendet wurden, sondern schlicht ungewöhnlich waren.
Natürlich gab unter solchen Umständen der Fund Anlass zu
allerlei Spekulation, insbesondere nährte er die Hypothese vom
Besuch Außerirdischer zu prähistorischen Zeiten im
Sonnensystem. Und immerhin gab er den Ausschlag, in die
Forschungsarbeiten einen Anthropologen einzubeziehen, für
Alina Merkers die neue Chance.
Weder das Marskosmodrom, angelegt in einem der größten
Krater namens Bond, noch die Station selber überraschten
Alina besonders. Zu gründlich hatte sie sich mit diesen
Einrichtungen vorab beschäftigt, Kenntnisse angelesen,
entsprechende Fotos und
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