Der erste Versuch
vermittelte
Kenntnisse, wo er konnte. Zu ihm fasste Alina gleich in den
ersten Tagen Vertrauen.
Maren, eine fähige Geologin, mit der Connan bislang eine
Zweckpartnerschaft pflegte
– wie Martina es nannte und
augenzwinkernd mitteilte –, hatte sich, einer interessanteren
fachlichen Aufgabe wegen, in die Station XI versetzen lassen,
sodass sein Sich-Kümmern um die Neue zu keinerlei
möglichen Irritationen Anlass bot.
Connan war von Haus aus Bergmann. Er hatte an der
weltberühmten Akademie in Freiberg studiert und war danach
ein paar Jahre mit der Verwahrung alter Bergwerke befasst,
bevor er sich, als ihn der kurz aufeinander folgende Tod seiner
Eltern, zu denen er ein herzliches Verhältnis hatte, ein wenig
aus dem Gleichgewicht warf, für eine Tätigkeit auf dem Mars
bewarb. Vier Jahre hatte er bereits hinter sich, und er war
bereit, seinen Vertrag zu verlängern. Er leitete alle
Schachtungsarbeiten, Stollenvortriebe und Bodenbewegungen,
und das nicht nur für Vorhaben der Station Mars II.
Sandsturm.
Unmittelbar nach der Landung setzte er ein, sodass sie in der
Station IV, von der aus die Weiterreise mit einem
Geländefahrzeug erfolgen sollte, festsaßen, was von der
vierzehnköpfigen Besatzung der Station freudig begrüßt
wurde. Es hatte lange keinen Urlaubsrückkehrer und erst recht
keinen Neuling auf der Station gegeben, sodass die Gier auf
irdische Neuigkeiten außerordentlich war. Zur Feier des Tages
wurden einige Flaschen Wein aufgemacht, des kostspieligen
Transportes wegen naturgemäß nicht unbegrenzt verfügbar.
Zu fortgeschrittener Stunde jedoch erheischte Siang, der
Leiter der Station, Aufmerksamkeit und verschwand mit
geheimnisvollem Getue, um bald darauf mit weiteren
Weinflaschen zu erscheinen. Er öffnete eine zeremonienhaft,
schenkte mit dem Bemerken: „Etwas ganz Besonderes“, ein
und beobachtete gespannt die Mienen der beiden Besucher.
Die Einheimischen waren offenbar über das, was sich
abspielte, im Bilde.
Nun hielt sich Alina nicht für eine Weinkennerin. „Doch“,
sagte sie anerkennend, „ein wenig herb, aber süffig. Ahnung
habe ich wenig.“
„Wenn dieser leichte, an
– Hagebutten?
– erinnernde
Beigeschmack nicht wäre, ich würde ihn für einen deutschen,
einen Rheinwein vielleicht, halten. Ein großer Kenner bin ich
auch nicht“, urteilte Connan, dem Getränk nachschmeckend.
„Es ist der erste Mars-Jahrgang“, rief Siang nicht ohne Stolz,
„unsere Züchtung. Im Windschatten der Kuppel ist unser
Weinberg. Auch die Trauben sind gut essbar.“
Nun war die Zucht marsresistenter Pflanzen neben den
üblichen Datenerfassungs- und Auswertungsprogrammen
Spezialaufgabe der Station. Dass bereits Freilandwein gedieh,
kam einer kleinen Sensation gleich. Das Produkt jedenfalls
wurde gebührend gewürdigt, und Siang beteuerte ein um das
andere Mal, dass man vom Genuss dieses köstlichen Getränks
zwar einen Schwips, aber niemals einen Brummkopf
bekommen könne.
Alina hatte zwar keinen Brummkopf, etwas flau war ihr
dennoch zu Mute, noch hatte sie sich nicht völlig
akklimatisiert. Sie spazierte am Morgen durch die Station, die
eine von den moderneren war und im Wesentlichen aus einem
Komplex automatisierter Gewächshäuser und Tiergehegen
bestand. In deren Innerem herrschten weit gehend MarsUrbedingungen, sodass der Zugang über Schleusen erfolgte.
Alina schritt einige der Pflanzenreihen ab, erkannte
Nutzpflanzen, wie sie auf der Erde ebenfalls wuchsen, aber
auch ihr völlig unbekannte Spezies, eben gentechnisch den
veränderten Bedingungen angepasst, Hybriden und dazu, das
hatte Siang am Abend verkündet, einige der so genannten
Doppelträger, wie zum Beispiel die Verquickung von Tomate
und Kartoffel. Es sei ein unernster Streit ausgebrochen, ob man
die Früchte Karmaten oder Tomoffeln nennen solle. Allerdings
sei unter den Marsbedingungen noch an ihrer Größe zu basteln.
Mit großem Interesse betrat Alina den streng abgeteilten
Zuchtbereich, in dem marsresistente, auszuwildernde Tiere
verschiedener Spezies herangezogen wurden. Sehr gespannt
war sie auf die assimilierenden Schweine, eine der ersten,
erfolgreichen Züchtung, die auf die Verschmelzung
pflanzlicher mit tierischen Zellen zurückging. Das Fleisch
schmecke zwar ein wenig fad, so Siang – aber wenn man den
Vorteil bedachte: Wasser und Sonnenlicht, keine
weitere
Zufütterung, es sei denn, die Tiere fänden in der selbst in
Stationsnähe noch kargen Landschaft hie und da, etwas
Genießbares.
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