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Der erste Versuch

Der erste Versuch

Titel: Der erste Versuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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deutsche Eisenbahn mit 30 Kilometern in der Stunde von
Nürnberg nach Fürth brauste, gaben gestandene Ärzte ernsthaft
zu bedenken, ob der menschliche Organismus überhaupt in der
Lage sei, eine solche horrende Geschwindigkeit auf die Dauer
zu ertragen. Selbst die Stromerzeugung durch den Wind wurde
angegriffen, was haben die Atomenergiegegner weltweit für
einen kontraproduktiven, kostspieligen Spektakel veranstaltet
oder jene, die zerstörerisch jedwede Genmanipulation
verteufelten…
Aber mehr als fünf Millionen Watt in die Ionosphäre
feuern…?
Gehörst du, Ahmed, etwa auch schon zu den Nihilisten,
Kleingeistern? Sollten seriöser Forschergeist, der
verantwortungsbewusste Wissenschaftler schon aufgehört
haben zu existieren?“
Bislang aber hatte Ahmed angenommen, dass hinter dem
HAARP-Projekt solche standen, die wussten, was sie tun, die
neben dem Mut zu einem vertretbaren Risiko auch die
notwendige Verantwortung trugen. „Aber hat es in der
Geschichte nicht immer auch Forscher gegeben, die sich des
Ruhms, der Macht, meist aber des Geldes wegen verkauften?
Wie war es mit der Atombombe? Kriegsentscheidend?
Lachhaft! Die unzähligen verseuchenden Bomben danach?
Klopfte nicht das Herz eines Forschers schon höher, wenn sein
Maschinengewehr in der Sekunde einen Schuss mehr abgab als
das seines Konkurrenten? Es bedeutete ja günstigstenfalls: ein
Toter mehr.“
Ahmed merkte, dass er im Begriff war, sich in seinen
Gedanken zu verrennen. Zur Katakombe hatte er sich von
einem Baufahrzeug mitnehmen lassen, zur Wohnanlage zurück
wählte er den Weg zu Fuß. Und nach einer Weile dachte er,
nachdem er an schier endlosem Lorbeer- und Eichengebüsch
vorbeigeschritten war, dass sie wohl den „Flüsterern“ selber
nicht trauten, wenn sie sie in so großer Entfernung von der
Siedlung installierten.
    „Dieser Milan Nowatschek macht fürs Erste keinen schlechten
Eindruck“, dachte Ahmed Hassim, als der Neue den Raum
verlassen hatte. „Freundlich, nicht besserwisserisch,
abwartend, nicht vorlaut oder arrogant. Mit keiner Wimper hat
er gezuckt, als ihm offeriert wurde, dass er zunächst lediglich
als Bauleiter eingesetzt werden würde, ein Job, in dem er keine
Erfahrung habe, wie er zugab – auch ein Pluspunkt –, aber
einer natürlich unter seiner Qualifikation. Ein sympathischer
Mensch, mit dem man sich anfreunden könnte.“
    „Beruhige dich, Kollege Hassim.“ Erikson beschwichtigte
den erregten Mitarbeiter. „Die Vergrößerung der Katakombe
ist reine Prophylaxe. Du baust auch nur die vorgesehenen
vierzehn Fundamente, vielleicht sechzehn. Wir wissen nicht,
ob wir mit der jetzt installierten Leistung auskommen werden.
Stell dir vor, nicht. Du bist Ingenieur. Um wie vieles wäre der
Aufwand höher, begännen wir noch einmal den Fels
aufzuarbeiten, dazu der Maschinenpark… Ich spare mir, das zu
vertiefen.
    Nun gut, ich hätte allseitig informieren können, hielt es für
eine Lappalie. Entschuldigt!“ Während er sprach, blätterte er in
Aufzeichnungen, sah keinen der Teilnehmer an der
Leitungssitzung an, und seine Erläuterung klang beiläufig.
    Ahmed, der das Thema angeschnitten hatte, hob die Hand
zum Zeichen, dass er die Sache nicht weiter zu verfolgen
gedachte. „Von wegen Lappalie“, überlegte er, „und von
wegen Prophylaxe. Da steckt mehr dahinter. Man investiert
nicht Millionen in eine derartige Prophylaxe mit lauter
Konjunktiven. Die Leistung ist bis ins Kleinste berechnet. Das
weiß ich, weil ich Ingenieur bin!“
    Bislang hatte Ahmed an Erikson nichts zu kritisieren gehabt.
Er konnte sich einigermaßen in dessen Lage versetzen. Es
blieb stets eine Gratwanderung zwischen den Bedürfnissen des
Gros, mit dem man auskommen und Erfolge haben musste,
und den Forderungen jener, die für ihren Einsatz – ohne
Rücksicht auf alles andere – ein Maximum an Gewinn ziehen
wollen. Wie es aussah, schwenkte Erikson zur Zeit, aus
welchen Gründen auch immer, mehr hin zu den Interessen
seiner Auftraggeber. Es konnte sein, dass er unter besonderen
Druck geraten war, ausgelöst durch den Sabotageakt, durch
Kenntnisse über die Aktivitäten der Konkurrenz oder…
    Erikson war von seinem Outfit her das Klischee eines
Managertyps. Bislang hatte Ahmed den Eindruck gehabt, es
fehle ihm dazu ein Quantum der notwendigen Härte, als wären
da auch Feigheit, Furcht vor der Auseinandersetzung. Es war
nur so ein Gefühl. Die Sache mit den Katakomben aber… „Ich
überbewerte das! Und überhaupt, was geht es

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