Der erste Versuch
auf Alina.
„Wir fahren weiter!“
„Es ist mein Boot!“
„Dem passiert schon nichts und – ich übernehme hier die
Verantwortung, ich will dorthin!“
Nik zuckte mit den Schultern. Um seinen Mund hatte sich ein
Zug gelegt, als finde er Spaß an der Sache. Mit unverminderter
Geschwindigkeit fuhr das Boot weiter.
„Umkehren, verdammt!“, befahl die Stimme. „Umkehren,
oder ich schieße!“
„Fahr zu, das können die nicht machen! Die bluffen“, feuerte
Alina Nik an.
Aber Nik hatte ohnehin keine Anstalten gemacht, der
fremden Stimme zu gehorchen.
Doch plötzlich blitzte es drüben am Katamaran auf, und es
zischte eine Garbe Leuchtspurmunition hoch über das Boot
hinweg. Dem folgte das Knattern der Abschüsse.
Da schaltete Nik den Motor ab. Langsam glitt das Boot
weiter, das Schaukeln nahm zu.
Wenige Minuten später war der Katamaran heran. Es musste
ein sehr geschickter Mensch steuern, denn das Fahrzeug kam
längsseits mit kaum einem halben Meter Zwischenraum zum
Stehen. Erst dann stieg eine vollschlanke Frau aus der Luke
des Aufbaus, fasste mit einem Enterhaken Niks Boot und
koppelte es geschickt und behänd an den Rumpf des
Katamarans. Die Prallballen quietschten.
Das Manöver lief so schnell und routinehaft ab, dass weder
Nik noch Alina die Gelegenheit zu irgendeiner Gegenaktion
ergreifen konnten. Sie hatten zu tun, Halt zu finden.
„Hallo“, sagte die flinke Bootsvertäuerin. Sie befand sich
nunmehr in etwas mehr als drei Meter Abstand etwas höher als
des gefesselte Boot. Aus ihrem runden Gesicht blickten zwei
große, weit stehende Augen, giftig-rotes Haar flatterte unter
einer Kapuze hervor, die zu einer leichten Windbluse gehörte.
In der Rechten hielt sie einen Handlaser. „War ich nicht
deutlich genug?“, fragte sie ruhig. „Wer seid ihr und was wollt
ihr? Ich mache euch darauf aufmerksam, dass ich berechtigt
bin, von der Waffe Gebrauch zu machen. Also, Herrschaften,
wer seid ihr?“
„Ich…“, begann Nik.
„Lass, Junge“, unterbrach Alina. „Ich bin Alina Merkers,
komme vom Mars und möchte dringend den bei euch
arbeitenden Milan Nowatschek sprechen. Deshalb bin ich hier.
Eine andere Gelegenheit hatte ich nicht, Normale können mit
euch ja nicht kommunizieren.“
„Soso“, spottete die andere. „Vom Mars kommst du just
daher. Bist ja gar nicht grün, oder sind das bei euch nur die
Männchen?“ Sie nahm die Identitätskarte, warf einen Blick
darauf und steckte sie ein. „Und du bist wahrscheinlich vom
Neptun!“, sie wandte sich an Nik. „Deine Karte!“
Nik reichte das Gewünschte hinüber.
„Nik hat mit der Sache nicht das Geringste zu tun“, rief
Alina. „Ich habe ihn gebeten, mich nach Unije zu bringen.“
„So – er ist von hier und müsste wissen, dass Unije tabu ist,
also!“
„Ich habe ihn überredet. Ich muss Milan dringend sprechen.“
„Weil du vom Mars bist“, sie lachte breit. Ernst, mit einem
Fuchteln ihrer Waffe setzte sie hinzu: „Macht keinen
Blödsinn!“, und verschwand in der Kajüte.
„Ich habe dich gewarnt“, sagte Nik, ohne dass ein Vorwurf
aus seinen Worten herauszuhören gewesen wäre.
„Hoffentlich widerfährt dir nichts, es täte mir sehr Leid“,
sagte Alina.
„Keine Sorge. Wenn sie es melden, gibt‘s eine Verwarnung,
ist schon mehreren passiert. Wir können die nicht leiden, und
da herrscht so was wie Solidarität unter den Einheimischen.“
„Wieso könnt ihr die nicht leiden?“
„Na, du siehst ja – sie blasen sich auf. Die paar Leute, die auf
der Insel lebten, mussten von heute auf morgen weg…“
„Doch sicher mit einer Abfindung!“
„Na, wenn schon. Heimat ist Heimat. Was ist denn dein
Milan für einer?“
„Milan… Das ist eine lange Geschichte. Dass er hier gelandet
ist, habe ich erst aus der Zentralen Datenbank fischen
müssen…“
„Und – du kommst tatsächlich vom Mars?“
„Tatsächlich.“
Der Tonfall der Frage zeigte, dass es Nik brennend
interessierte hätte, mehr von ihrem Aufenthalt auf dem
Nachbarplaneten zu erfahren. Doch er schwieg, als er nach
einem Blick bemerkte, dass sie nicht bei der Sache war.
Alina lehnte an der Kajütenwand und sah gedankenverloren
zur Insel hinüber, und sie sann ihren eigenen Worten nach: „…
habe ich auch erst später erfahren.“ Und es griff Furcht nach
ihr, jetzt, vielleicht unmittelbar vor dem Ziel. Und wieder
bohrte die Frage: Was war geschehen, was hat den Mann, seine
Pläne so verändert…?
Die Zeit verrann, drüben am Katamaran tat sich nichts.
Nik rumorte
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