Der erste Versuch
Alina das Hafenoffice auf; denn sie traute
den defätistischen Aussagen dieses Bootsmenschen nicht. Die
Behörde aber hatte um diese Zeit bereits geschlossen.
In einer Kneipe sprach sie einige Leute, die sie für Schiffer
hielt, bezüglich ihres Anliegens an. Sie erntete neben
misstrauischen Blicken und Zurückhaltung ausschließlich
strikte Ablehnung, sodass ihr das Angebot des jungen Mannes
fast schon wie der berühmte Strohhalm vorkam.
Der behäbige Mann in der Behörde tags darauf schüttelte
bedauernd den Kopf. Außer dass man den Fahrzeugen der
Company die üblichen Genehmigungen erteile, habe man mit
denen nichts zu tun und natürlich auch keinerlei Einfluss auf
die Beförderung von Gütern oder gar Passagieren.
Einen letzten Versuch startete Alina, als sie im allgemeinen
Schiffsgewirr eines ausmachte, das „Delfin“ hieß und unter
dem Namenszug in kleineren Buchstaben die Aufschrift
„Unije-Company“ trug. Sie sprach einen Mann an, der über der
Reling lehnte, tatsächlich eine qualmende Pfeife im Mund hielt
und so tat, als wolle er im trüben Wasser des Hafenbeckens
Adantis entdecken. Dieser schüttelte auf Alinas Frage nur
nachhaltig den Kopf und knirschte nach einer längeren Pause
zwischen den braunen Raucherzähnen ein „sorry“ hervor.
Bereits eine halbe Stunde vor dem genannten Zeitpunkt befand
sich Alina auf der Kaimauer. Der Tag zeigte sich regnerisch
und kühl.
Es wurde 9 Uhr, 9.25 Uhr, allein – der junge Mann ließ sich
nicht blicken. Was Alina jedoch hoffen ließ: Das Boot lag
abgedeckt am Steg.
Dann, schon nach halb 10 Uhr, hörte sie hinter sich ein
fröhliches „Hallo“. Leger, einen Rucksack über der linken
Schulter, kam er angeschlendert, reichte ihr jovial die Hand.
„Nichts anderes gefunden, was?“, bemerkte er ein wenig
rechthaberisch. Dann ließ er ihr die Treppe hinab den Vortritt.
„Ich heiße übrigens Nikola, aber alle rufen mich Nik. Du?“
„Alina – mit Betonung auf dem vorderen A und nicht auf
dem I.“
„Hm, Alina“, er betonte übertrieben und lachte, „seltener
Name. Vorsicht!“ Er bugsierte sie über den kleinen Steg.
„Augenblick!“
Nik löste die Persenning und verstaute sie. „Deinen Pack tu
am besten in die Kajüte, es könnte feucht werden.“
Er stieg zurück auf die Mole, warf Brett und Haltetaue ins
Boot und sprang selbst hinein, sodass Alina erschrocken etwas
zum Festhalten suchte, so schwankte es.
Dann ließ Nik den Motor aufsummen und steuerte das Boot
in langsamer Fahrt geschickt zwischen den leicht tanzenden
Schiffsleibern hindurch, der Hafenausfahrt zu.
Alina betrachtete den jungen Mann wohlgefällig, er war groß
und breitschultrig, mindestens fünf Jahre jünger als sie, und
das machten nicht nur das jungenhafte Gesicht, die zerzausten
dunklen Haare und das offenbar stets fröhliche Gemüt.
Obwohl Alina inständig auf einen Erfolg ihres Ausflugs hoffte,
sie dem Wiedersehn mit Milan gleichsam entgegenfieberte,
dachte sie einen Augenblick, dass sich die drei Tage, sollte es
dazu kommen, mit diesem Nik in Losinj wohl aushalten ließen.
Nachdem sie die Südspitze Istriens umfahren hatten, trafen
sie auf sehr raue See, die der Reise viel vom Angenehmen
nahm. Das Boot sprang gleichsam von Welle zu Welle, hatte
Schlaggeräusche und Wasserspritzer belästigten. Obwohl der
Elektromotor trotz Volllast sehr leise lief, schloss sich eine
Unterhaltung aus.
Nach einer Stunde etwa riss die Wolkendecke auf, sodass
wenigstens eine angenehme Wärme die Fahrt erträglicher
machte.
Sie passierten eine Jacht des Naturcorps, auf deren Rumpf in
riesigen Lettern „Kampf dem HAARP-Projekt!“ stand.
„Schließt euch uns an!“ dröhnte eine Lautsprecherstimme.
Wenig später drosselte Nik die Maschine. „Da vorn“, rief er
und streckte den Arm weit aus. „Es geht los!“
Zunächst wusste Alina nicht, was ihn bewegte. Dann sah sie
es: Ein Streifen Land nahm einen Teil des Horizonts ein, aber
das meinte Nik wohl nicht, sondern den Katamaran, der mit
schäumenden Bugwellen auf sie zugerast kam.
Nik griff in die Steuerung und machte Anstalten, das Boot zu
verlangsamen.
„Weiterfahren, Mann!“, rief Alina. „Wovor hast du Schiss!“
In etwa 100 Meter Entfernung sackte der Katamaran ein
Stück tiefer, gleichzeitig erstarben die Bugwellen. Er hatte die
Fahrt gestoppt.
Sekunden später eine mächtige Frauenstimme: „Ihr befindet
euch in Privatgewässern. Das Befahren ist nicht gestattet. Bitte
verlasst augenblicklich den Bereich!“
Nik sah
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