Der erste Versuch
und sie zeigte zur Schachtanlage hin.
Im Turm des Schachtes II drehten sich die Seilscheiben.
„Teufelskerle“, sagte Alina begeistert. Sie stand und sah dem
Spiel der Räder zu, die schneller und langsamer rotierten, kurz
anhielten, die Laufrichtung wechselten.
Nach einer Weile trat Stillstand ein; wenig später tauchten
Connan und Kevin mit strahlenden Gesichtern auf. Und Kevin
rief schon von weitem: „Wir haben Hunger.“
„Es ist dennoch kreuzgefährlich“, kommentierte später
Connan die erfolgreiche Wiedererweckung der
Fördermaschine. „Die Seile können brüchig, die
Leiteinrichtung für den Förderkorb morsch sein. Überall sitzen
Rost und dicke Salzkrusten.“
„Und“, fragte Alina besorgt, „geben wir deshalb auf?“
„Natürlich nicht“, antworteten Connan und Kevin
gleichzeitig.
Am Nachmittag bereiteten sie die Seilfahrt vor. Zur Sicherheit
wurde der Förderkorb mit allerlei Gerumpel beladen, bis sie
meinten, dass es ein Äquivalent für das Körpergewicht von
drei Personen sei. Dann fuhren sie das Ganze eine halbe
Stunde lang hinauf und hinunter bei veränderten
Geschwindigkeiten.
Sie einigten sich, dass zunächst nur Alina und Connan
einfahren und erkunden sollten.
Die Spannung erreichte einen Höhepunkt, als die beiden,
ausgerüstet mit Lampen, Seil und Handfunk, den Förderkorb
bestiegen, ihre Bereitschaft dem Maschinisten Kevin meldeten
und sich das Gefährt knirschend in Bewegung setzte.
Sophie und Emily winkten. Durch das Sicherungsgatter war
zu sehen, dass sie dies mit sehr gemischten Gefühlen taten.
Nach der Tiefenanzeige an der Maschine verband der
Schacht zwei Sohlen mit der Tagesoberfläche, die beide auf
Auffälligkeiten untersucht werden sollten. Das Mülllager
befand sich – nach Alinas Erinnerung – auf der ersten.
Obwohl Kevin die Maschine im langsamsten Tempo treiben
ließ, rumpelte der Förderkorb beachtlich, und die beiden waren
erleichtert, als er auf der ersten Sohle hielt. Als sie das zweite
Gatter mit großer Kraftanstrengung aufgeschoben hatten,
leuchteten sie zunächst die Sohle vor dem Einstieg ab und
fanden zu ihrer Überraschung eine Menge Fußspuren vor, die
in beide Richtungen zeigten und sich in der Staubschicht
deutlich abzeichneten, obwohl die Abdrücke durch
Ablagerungen nach ihrer Entstehung beträchtlich an Schärfe
verloren hatten.
Alina und Connan stiegen zunächst nicht aus, sondern ließen
sich zur zweiten Sohle fahren, um dort die Inspektion zu
wiederholen – ohne jeden Erfolg. Eine gleichmäßige Decke
aus samtigem, weißlichem Staub bedeckte den Füllort,
jungfräulich, unberührt. Alina drückte zur Probe ihren Schuh
ab, dessen Sohle sich danach sehr deutlich abzeichnete.
Sie verständigten sich und fuhren zur oberen Sohle zurück,
stiegen diesmal aus und inspizierten zunächst den Füllort.
Mehrere Gleise verzweigten sich zu einem kleinen Bahnhof,
zwei kleine Elektrolokomotiven und eine Anzahl flacher Hunte
standen da, an der Firste befand sich eine Kranführung mit
Flaschenzug. Ohne Zweifel hatte man hier den Müll verladen
und zum Lager transportiert. Also hieß die Devise: Zunächst
zu diesem Lager! Erst danach würden Spuren, wenn überhaupt
vorhanden, interessant werden.
Alina und Connan folgten den Gleisen und den
Fußabdrücken in den Hauptquerschlag hinein. Türen, die zu
Nebengelassen führten, und Nischen, voll gestellt mit Gerät,
ignorierten sie ebenso wie ein loses Kabel, das zum Schacht
führte und in eine halb offene Holztür mündete.
Nach etwa 200 Metern schweigenden Marsches versperrte
plötzlich eine Betonmauer den Streckenquerschnitt. Ein bizarr
gerissenes Loch gestattete den Durchgang. Daneben lag das
verbeulte Blatt einer Stahltür.
„Herausgesprengt, denke ich“, sagte Connan gedämpft.
Alina schmiegte sich einen Augenblick an ihn. Spannung und
das Unheimliche ihrer Umgebung in absoluter Stille
strapazierten die Nerven unerträglich.
„Schau: Die Spuren weisen alle auf die ehemalige Tür. Das
heißt, die, die hier hin und her gegangen sind, taten dies,
nachdem das Lager nicht mehr bedient wurde. Die Mauer
blockiert das Gleis.“ Erregt hatte Connan sich niedergekniet.
„Und dieser Fuß…?“ Alina richtete den Lichtstrahl auf einen
der Abdrücke und kniete sich ebenfalls hin. „Die Tür reichte
bis hierher“, erläuterte sie und fuchtelte mit dem freien Arm.
„Der Abdruck aber entstand im ausgebrochenen Loch
daneben.“
„Augenblick, Augenblick“, Connan beugte sich noch tiefer.
„Es sind ältere
Weitere Kostenlose Bücher