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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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sicher registriert sein. Vielleicht hat man ihn bis dahin verhört, und er hat ein Geständnis abgelegt. Dann kann er mit jedem reden – bis die Verhandlung wegen der Gehirnwäsche anberaumt wird.“
    „Okay, danke.“ Ich schaltete ab. Ich stand immer noch da und musterte die nahen Wände der Kommune. Ein Mann in einem Zaubererkostüm kam an mir vorbei, machte einen Buckel, sah auf den Boden vor seinen Füßen und strahlte dermaßen furchtsame Vibrationen ab, daß mir die umliegenden Gebäude riesig, finster und bedrohlich erschienen. Wenn er sich vor etwas ängstigt, das groß, finster und bedrohlich ist, dachte ich, fürchtet er sich vielleicht vor dir. Ich sollte wirklich niemanden so ansehen.
    Ich bürstete mir die Staubflecken von den Ärmeln und roch das tierische Aroma meines eigenen Schweißes. Schweiß vom Kampf und vom Ärger. Beschämt ging ich schnell und lautlos zum nächsten Subway-Eingang und fuhr mit einem Gleitsessel in ein öffentliches Schwimmbad, dem auch eine Wäscherei angeschlossen war.
    Eine Stunde später, nachdem ich eine Dusche genommen, mich abgetrocknet und wieder saubere Kleider hatte, die noch warm vom Trockner waren, versuchte ich es noch einmal mit dem Armbandsender.
    Diesmal antwortete mir eine andere Stimme.
    „Nicht registriert. Bezüglich dieses Falls wurden sechs Personen festgenommen und eingeliefert, aber kein Larry Soundso. Meinen Sie damit den Anführer der Bande?“
    „Ja.“
    „Bezüglich dieses Mannes wurde Alarmstufe eins ausgerufen. Das bedeutet, daß auch alle Flughäfen und sogar die Mondfähre überprüft werden. Im Hauptquartier scheint man anzunehmen, daß dieser Bursche wirklich schnell ist. Etwa fünfzehn Jahre alt, ein Meter sechzig groß, untergewichtig, blond, bartlos, hohe Stimme, ja? Das Fernsehen hat ein paar Skizzen seines Gesichts gezeigt. Niemand weiß, wo er ist.“
    „Danke.“ Ich schaltete den Sender ab. Ich wollte mit Larry reden. Ich stellte mir vor, ein magerer Junge zu sein, hinter dem sie mit Alarmstufe eins her waren. Ich kriegte’ Angst, kam mir aber auch gerissen vor. Ich entschied, daß ich mich in einem Park verstecken würde. In einem großen Park.
    „Du mußt verrückt sein“, sagte Larry, der unter den Bäumen des Van-Cortland-Parks im Dunkeln stand. „Du scheinst wirklich den Verstand verloren zu haben.“ Das Fuchsgesicht des Jungen war schmutzig, und seine Stimme hörte sich wie ein müdes, aufbegehrendes Winseln an. „Weißt du, daß ich gerade mit bloßen Händen zwei Jungs davon abhalten mußte, dich umzubringen? Gerade eben, mit den bloßen Händen.“ Er schien es selbst kaum zu glauben. „Sie wollten keine Befehle mehr annehmen. Wie heißt du noch mal? George? Du wirst von Stunde zu Stunde verrückter – und dümmer. Als meine Jungs dich wiedersahen, wurden sie richtig heiß. Du hast ihnen eine Menge Schrammen verpaßt. Ich hatte keine andere Wahl, als ihnen zu erzählen, daß du möglicherweise von einer unsichtbaren Bullenarmee mit Nachtsichtgeräten beschützt wirst, um an Weenys Kanone ranzukommen. Aber …“ – die Spur eines Lächelns machte sich auf seinen Zügen breit – „… du bist allein, stimmt’s?“
    Im Schein der Subway-Einstieglampe, der einzigen Lichtquelle in diesem dunklen Waldabschnitt, kniff ich die Augen zusammen und sah ihn an. „Du hast da was gesagt“, sagte ich, „über die Techniker, die alle anderen Leute auslöschen … Du hast es gesagt, als wir miteinander sprachen …“
    „Wie hast du mich bloß gefunden? Woher wußtest du, wo ich bin?“ wollte Larry wissen. „Hat uns jemand gesehen?“
    „Niemand hat euch gesehen. Ich bin einfach gut im Aufspüren von Leuten.“
    „Hast du jemandem was erzählt?“
    Ich hatte plötzlich eine leichte Gänsehaut auf dem Rücken und wurde das Gefühl nicht los, daß jemand hinter mir stand, um mich anzugreifen. „Ein Freund von mir weiß Bescheid“, log ich.
    „Wird er der Polizei was erzählen?“ fragte der Junge.
    „Nein.“ Ich hoffte, daß es sich wie eine der üblichen Drohungen anhörte: Jedenfalls nicht dann, wenn ich unversehrt zurückkomme.
    „Wie machst du das?“ Der Junge legte eine Hand auf meinen Arm. „Ich meine, wie findest du die Leute?“
    „Ich muß mich darauf konzentrieren“, murmelte ich als Antwort und schämte mich, weil es dazu keinen Grund gab. „Ich krieg dann so ein Gefühl, wo jemand ist.“
    „Okay“, sagte Larry, „und jetzt stellen wir die alles entscheidende Frage.“ Er drehte mich so, daß

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