Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
Vom Netzwerk:
Blick auf das sich in der Nä­he in den Him­mel re­cken­de Hoch­haus der Az­te­ken-Kom­mu­ne. Von hier aus war die Py­ra­mi­de auf dem Dach nicht zu se­hen. Auf der Ebe­ne der Ar­ka­den ver­lie­ßen ei­ni­ge Leu­te die Auf­zug­schäch­te. Es wa­ren Az­te­ken. Sie tru­gen zwar nicht ih­re üb­li­chen Ko­stü­me, aber auch für sie galt die Sit­te, sich wäh­rend der Kar­ne­vals­ta­ge zu ver­klei­den und in der Men­ge un­ter­zut­au­chen. Ich wähl­te für Ak­bar His­ham die Ret­tungs­bri­ga­de an, sorg­te da­für, daß er mit Judd Oslow ver­bun­den wur­de und mach­te mich auf den Weg.

 
6
     
    Ich duck­te mich in die Ar­ka­den der Mit­tel­al­ter-Kom­mu­ne, durch­quer­te den Park und ging durch den pri­va­ten Ein­gangs­raum.
    Am Emp­fangs­tisch saß ei­ne Frau und las. Sie hat­te me­cha­ni­sche Ge­len­ke und ein aus­drucks­lo­ses Ge­sicht oh­ne Au­gen, Na­se und Mund.
    Ich wand­te mich mit ei­ner Bit­te an sie. „Jetzt hängt’s mir aber wirk­lich zum Hals raus. Je­der hält mich für den To­ten­gott aus der Az­te­ken-Show! Ha­ben Sie viel­leicht ein Ko­stüm da, das ich ge­gen das hier tau­schen könn­te?“
    Zehn Mi­nu­ten spä­ter trat ich wie­der in die Ar­ka­den hin­aus. Ich trug einen zwei Me­ter lan­gen Knüp­pel und hat­te grü­ne Bein­klei­der und ein Fran­sen­hemd an. Ich hat­te mir die schwar­ze und sil­ber­ne Ge­sichts­far­be ab­ge­wa­schen und trug nun ei­ne Tin­gel­tan­gel­mas­ke. Ich stell­te den Klei­nen John von Ro­bin Hoods Fröh­li­chen Ge­sel­len dar.
    Ver­fol­ger hat­ten sich in dem gan­zen mit­tel­al­ter­li­chen Park ver­streut und ga­ben vor, sich für die Spie­le zu in­ter­es­sie­ren, da­bei be­ob­ach­te­ten sie die Tür. Als ich her­aus­kam, sa­hen sie mich zu­erst an, dann blick­ten sie weg. Ei­ne hüb­sche, grü­ne Nym­phe mit ei­nem grü­nen Ge­sicht hak­te sich bei mir ein. Es war mei­ne grü­ne Nym­phe, aber sie merk­te nicht, daß ich ihr Schwar­zer Rit­ter ge­we­sen war.
    „Hal­lo, Blätt­chen“, sag­te ich.
    „Ich bin ei­ne Drya­de aus den hei­li­gen Hö­hen und Grot­ten“, sag­te sie.
    „Ich bin der Klei­ne John von der Tol­len Trup­pe“, sag­te ich.
    „Komm mit mir in mei­ne hei­li­ge Höh­le“, sag­te sie. „Und wenn du sie wie­der ver­läßt, wirst du glau­ben, daß in­zwi­schen zehn Jah­re ver­gan­gen sind. Du wirst ein an­de­rer Mensch sein – in ei­ner ver­än­der­ten Welt.“
    Mein Arm­band­sen­der ver­setz­te mir Schlä­ge. „Da muß ich erst Ro­bin Hood fra­gen, ob ich für zehn Jah­re aus­set­zen kann.“ Ich hielt den Sen­der an mein Ohr. „Be­feh­le, Sir?“
    „Ach­ten Sie auf öf­fent­li­che Be­kannt­ma­chun­gen, Ge­or­ge. Ich glau­be, wir ha­ben al­les wie­der hin­ge­bo­gen“, sag­te Judd Os­los Stim­me, die ziem­lich lei­se war.
    „Ro­bin Hood gibt ein öf­fent­li­ches State­ment ab.“ Ich nahm sie bei der Hand, und wir gin­gen an den klei­nen Bild­schirm, der in Ein­gangs­nä­he stand.
    Das Bild zeig­te Ak­bar His­ham. Er trug ein kor­rekt sit­zen­des Ara­b­er­ko­stüm und sah grim­mig aus. „Hier spricht Ak­bar His­ham von Ara­bisch-Jor­da­ni­en. Ich möch­te der Az­te­ken-Kom­mu­ne mei­nen Dank da­für aus­spre­chen, daß sie mir die Mög­lich­keit ge­ge­ben hat, als ge­fan­ge­ner Kö­nig an ei­nem äu­ßerst in­ter­essan­ten his­to­ri­schen Ri­tu­al teil­zu­neh­men. Es tut mir leid, daß mei­ne Ab­we­sen­heit un­ter mei­nen Freun­den zu Be­sorg­nis ge­führt hat, aber auf­grund von Um­stän­den, die au­ßer­halb mei­nes Ein­flus­ses la­gen – und die mit dem Rea­lis­mus des Ri­tuals zu tun ha­ben –, war ich nicht da­zu in der La­ge, wäh­rend der Vor­be­rei­tun­gen der Op­fer­ze­re­mo­nie mit ir­gend je­man­dem dar­über zu spre­chen. Es war ei­ne sehr in­ter­essan­te Er­fah­rung, und ich hof­fe, daß die Über­tra­gung al­len ge­fal­len hat.“
    Er starr­te noch einen Au­gen­blick in die Ka­me­ra, wo­bei er sich völ­lig un­ter Kon­trol­le hat­te und sei­ne Zü­ge nichts ver­rie­ten, dann dreh­te er sich ab­rupt um und ver­schwand aus dem Blick­feld.
    Beim Er­schei­nen von Ak­bar His­hams Ge­sicht hat­te je­mand hin­ter mir einen über­rasch­ten Ruf

Weitere Kostenlose Bücher