Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
Vom Netzwerk:
aus­ge­sto­ßen. Als der Mann sei­ne Er­klä­rung be­en­de­te, re­gis­trier­te ich ei­ne ent­täusch­te Vi­bra­ti­on und das Nach­las­sen des In­ter­es­ses. Ich wand­te mich um und sah den Frus­trier­ten da­ste­hen. Er zuck­te die Ach­seln, sah mich kurz an, mur­mel­te et­was auf ara­bisch und schlen­der­te da­von. Da Ak­bar His­ham of­fen­sicht­lich gar nicht ent­führt wor­den war, stand Ge­or­ge San­ford auch nicht mehr auf der Ra­che­lis­te der Ara­ber. Ich war über­rascht. An sich hat­te ich da­mit ge­rech­net, daß der Mann, der mich um­brin­gen woll­te, ein Az­te­ke sein muß­te.
    Mei­ne grü­ne Nym­phe ent­zog mir ih­re Hand. „Ich mag kei­ne Leu­te, die nur rum­ste­hen und in die Glot­ze gu­cken.“
    „Da hast du recht. Ro­bin Hood hat kei­ne Ah­nung.“ Ich nahm wie­der ih­re Hand und küß­te sie. „Was hast du für heu­te abend vor? Komm, ich la­de dich zum Es­sen ein.“ Die Luft war vol­ler gu­ter Ge­rü­che; es duf­te­te nach selbst­ge­ba­cke­nem Ku­chen, nach Brot und ge­bra­te­nem Fleisch.
    Sie wich zu­rück. „Ich ha­be heu­te abend ei­ne Ver­ab­re­dung mit Kö­nig Tod. Er ist der schwar­ze Dä­mon, der über den Bild­schirm ge­flo­gen ist. Ich ge­he mit ihm. Er wür­de dich mit ei­nem Haps auf­fres­sen.“ Sie sag­te das ernst­haft und prah­le­risch; dann sah sie, wie groß ich war, und be­gann zu zwei­feln.
    „Ich ha­be dei­nen Kö­nig Tod ge­ra­de bei ei­nem fai­ren Luft­kampf zur Schne­cke ge­macht“, sag­te ich. „Ich ha­be dich al­so von ihm ge­won­nen, was nur Rech­tens ist. Komm mit mir, dann gibt’s ge­rös­te­te En­te, Mee­res­früch­te, Sa­fran­reis, Mond­farn und Mais­kol­ben, und ehe du mit dem Es­sen fer­tig bist, wirst du fett sein und glau­ben, zehn Jah­re sei­en ver­gan­gen.“
    Sie lach­te, schloß mich in ih­re wei­chen, grü­nen Ar­me, und ich glau­be, sie er­kann­te mich so­gar. Dann lie­ßen wir uns von der Men­ge in das hel­le Son­nen­licht hin­aus­trei­ben und folg­ten den le­cke­ren Es­sens­ge­rü­chen.
    An sich woll­te ich in ein Sa­mu­rai-Re­stau­rant ge­hen, aber die Es­sens­düf­te und die Mu­sik führ­ten da­zu, daß wir durch of­fe­ne To­re gin­gen, die sonst für Au­ßen­ste­hen­de ver­schlos­sen wa­ren. Wir pro­bier­ten fremd­ar­ti­ge Nah­rung, spiel­ten selt­sam ar­chai­sche Spie­le und nah­men an Ri­tua­len der re­kon­stru­ier­ten Ver­gan­gen­heit teil. Ein­mal wur­den wir in einen Ri­tus hin­ein­ge­zo­gen, bei dem man ver­such­te, einen Mai­baum zu um­tan­zen, ein an­der­mal sa­hen wir einen Gla­dia­to­ren­wett­kampf im Yan­kee-Sta­di­on.
    In dunk­ler Nacht kehr­ten wir zur Mit­tel­al­ter-Kom­mu­ne zu­rück. Die La­ger­feu­er brann­ten schon, und das Mit­ter­nachts­ri­tu­al des Grü­nen Wolfes fing ge­ra­de an. Er­neut tanz­ten wir den Schlan­gen­tanz zwi­schen den Feu­ern, spran­gen über die ro­ten, fla­ckern­den Flam­men und ver­fin­gen uns letzt­end­lich in den hel­len, imi­tier­ten Feu­er­zun­gen. Die Sie­ger wur­den zum Kö­nig und zur Kö­ni­gin des Ge­trei­des ge­krönt, und je­der­mann er­hielt ein Fläsch­chen mit Ho­nig­met und ei­ne ma­gi­sche Waf­fel.
    Dann wur­den die Feu­er ge­löscht, und als die Lich­ter erstar­ben, bil­de­ten wir Män­ner einen Kreis und tausch­ten einen Schluck Met und einen Kuß mit je­dem Mäd­chen aus. Ob­wohl das Licht aus war, wuß­te ich ge­nau, wann ich wie­der bei mei­ner Nym­phe an­ge­langt war, denn ich er­kann­te es am Ge­schmack ih­res Kus­ses und am sei­di­gen Flat­tern ih­res grü­nen Blät­ter­ko­stüms.
    Wir bahn­ten uns einen Weg zu ei­ner Lau­be und krab­bel­ten hin­ein, wo­bei ich sie in den Ar­men hielt Ein­mal rief sie den Na­men ei­nes an­de­ren, aber das war in Ord­nung. In der Fins­ter­nis war sie manch­mal Ann und dann wie­der al­le an­de­ren furcht­sa­men, lie­ben und im­mer wie­der ge­ben­den Mäd­chen.
     
    Der al­te Mann, der im Park der Kom­mu­ne 1949 saß, war an­ge­zo­gen wie je­mand in ei­nem Film aus den vier­zi­ger Jah­ren. Er trug einen Hut, ein Jackett, ein Hemd und ei­ne Kra­wat­te. Und er las in ei­ner Zei­tung, de­ren Schlag­zei­le TRU­MAN KÜN­DIGT MIETSEN­KUN­GEN AN lau­te­te.
    Die Kom­mu­ne

Weitere Kostenlose Bücher