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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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1949 leb­te fünf­zig Jah­re hin­ter der Zeit zu­rück. Es mach­te den al­ten Leu­ten Spaß, je­ne Zei­ten noch ein­mal zu er­le­ben, in de­nen sie jung und ak­tiv ge­we­sen wa­ren und die Zei­tun­gen von 1949 ge­le­sen hat­ten. Nächs­tes Jahr wür­den sie sich Kom­mu­ne 1950 nen­nen.
    Ich ging zu ihm hin­über und nahm ne­ben ihm auf der Bank Platz.
    „Mr. Kra­cken, die Da­men sa­gen, sie hät­ten den Re­gie­rungs­com­pu­ter pro­gram­miert.“ Ver­le­gen hör­te ich auf zu re­den.
    Er senk­te sei­ne Zei­tung und maß mich mit ei­nem schar­fen Blick. „Möch­test du was, Ge­or­ge?“
    „Ich könn­te ’n biß­chen Nach­hil­fe über Wirt­schaft brau­chen.“
    Er lä­chel­te, fal­te­te die Zei­tung zu­sam­men und leg­te sie bei­sei­te. „Zu so was bin ich im­mer be­reit.“ Er war der bes­te Po­ker­spie­ler in der Kom­mu­ne 1949, und die al­ten Da­men wa­ren beim Po­ker­spie­len an­spruchs­voll. Mr. Kra­cken war dürr und le­der­häu­tig. Er hat­te lau­ter Fält­chen um die Au­gen, und ich hat­te kei­ne Ah­nung, wie alt er war.
    Die Da­men be­haup­te­ten, er sei vor Jah­ren Prä­si­den­ten­be­ra­ter ge­we­sen.
    Die Fra­ge, die ich ihm stel­len woll­te, kam mir nur sehr schwer über die Lip­pen. Er wür­de über mich la­chen. Als ich sie ihm stell­te, fing ich selbst an.
    „Mr. Kra­cken, ich ken­ne einen Bur­schen, der sagt, daß die Wirt­schafts­com­pu­ter da­zu pro­gram­miert wur­den, je­den au­ßer Com­puter­fach­leu­ten und Wis­sen­schaft­lern aus­zu­lö­schen. Ich dach­te … Viel­leicht … viel­leicht wis­sen Sie … Ha­ben Sie viel­leicht …“
    Er schob sei­nen Hut in den Nacken und fing an zu la­chen. Da­bei haute er mit sei­nem Spa­zier­stock auf den Bo­den. „Hi, hü“ Sein Ge­läch­ter war schrill, aber herz­lich. „Da kannst du Gift drauf neh­men, Ge­or­ge. Da kannst du Gift drauf neh­men. Du hast ab­so­lut recht.“ Er lach­te wei­ter, zog ein Ta­schen­tuch aus der In­nen­ta­sche sei­nes Jacketts und wisch­te sich über die Au­gen. „Al­le mei­ne Freun­de wa­ren Com­puter­fach­leu­te. Sie ha­ben mir da­bei ge­hol­fen, das Wirt­schafts­pro­gramm zu er­stel­len. Ja, wir wa­ren da­mals ziem­lich weit oben! Wir hat­ten ei­ne Men­ge Spaß und führ­ten an­spruchs­vol­le Ge­sprä­che. Sie wa­ren das Salz der Er­de, das Salz der Er­de. Es ging nur dar­um, den Fort­schritt ein biß­chen zu be­schleu­ni­gen, oh­ne bö­se Ab­sicht. Die Af­fen wür­den so­wie­so ir­gend­wann aus­ge­stor­ben sein. Ich hät­te noch frü­her da­mit an­ge­fan­gen.“
    Er hat­te ja! ge­sagt. Ich glaub­te sei­nen Wor­ten nicht. Ich hat­te ei­gent­lich vor­ge­habt, nä­her an ihn her­an­zu­rück­en, aber nun stand ich auf. Ich zwang mich selbst zum La­chen. Mach­te er Wit­ze?
    Mr. Kra­cken schau­te zu mir auf. Er sah mich di­rekt an und sprach die Wahr­heit. „Du glaubst, ich scher­ze – wie die an­de­ren auch. Wer mich auf die Pal­me brin­gen möch­te, braucht nur zu den­ken, daß ich scher­ze. Aber das sei je­dem un­be­nom­men. Wir ha­ben es ge­tan. Eben­so wie wir be­stimm­te Din­ge we­gen ih­rer so­zia­len Schäd­lich­keit be­steu­er­ten, ver­stehst du? Wir er­laub­ten Steu­er­ab­schrei­bun­gen für die Ent­wick­lung ar­beitss­pa­ren­der Ma­schi­nen. Aber auch die hat­ten ih­ren Preis. Sie kos­ten nicht nur die Löh­ne, die man durch das Feu­ern der Af­fen, die sie er­set­zen, ein­spart, son­dern auch noch das Geld, das man braucht, um sie auf So­zi­al­hil­fe zu set­zen, sie zu de­por­tie­ren oder um­zu­schu­len. Es kos­tet ei­ne Men­ge. Und da all die­se Kos­ten um­ge­legt wer­den, be­zahlt die Ge­sell­schaft einen ho­hen Preis. Aber das war nicht mein Bier. Ar­beitss­pa­ren­de Ma­schi­ne­ri­en gel­ten nun mal als spott­bil­lig, da kann man dann auch die Hälf­te der Ar­beits­kraft in die Ar­beits­lo­sen­be­hand­lung ste­cken.“ Die Son­ne schi­en auf sei­nen alt­mo­di­schen Hut und die dür­ren, fast durch­sich­ti­gen Hän­de. Er wirk­te wie ein Ku­ri­er Got­tes.
    „Die Leu­te von der Re­gie­rung wa­ren es leid, sich Krie­ge aus­zu­den­ken, die ih­nen die Ar­beits­lo­sen vom Hal­se schaff­ten. Statt des­sen ver­such­te man sie durch

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