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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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al­les zer­mal­men­den Hän­de, und die Wut und die Angst trie­ben ihn vor­wärts. Er be­weg­te sich wie­der nach vorn in die Dun­kel­heit hin­ein und be­rühr­te den Kör­per. Es gab nichts, das er mehr haß­te als die Be­rüh­rung die­ses selbst­si­che­ren Wan­s­tes. Mit ei­nem flüs­ternd aus­ge­sto­ße­nen Fluch jag­te er die Mes­ser­klin­ge in et­was Nach­gie­bi­ges, dann krab­bel­te er mit ei­ner ge­fühls­mä­ßi­gen Mi­schung aus Ent­set­zen und Be­frie­di­gung wie­der den Ab­hang hin­auf.
    Hin­ter ihm er­klang ein über­rasch­tes Grun­zen; Ar­me ru­der­ten durch die Luft und knick­ten Sträu­cher ein. Dann ge­riet et­was ins Rut­schen. Zwei­ge knack­ten. Dann, nach ei­ner Pau­se drang von un­ten das Ge­räusch ei­nes Auf­pralls an sei­ne Oh­ren. San­ford war in den Ab­grund ge­stürzt.
    Die Eti­ket­ten­her­stel­ler der Pil­len­fla­schen mit den Se­da­ti­ven hat­ten emp­foh­len, in Ab­we­sen­heit ei­nes Arz­tes oder ei­nes Ge­gen­mit­tels zu ver­su­chen, den Pa­ti­en­ten in Ra­ge oder Angst zu ver­set­zen, ihm hei­ße und kal­te Du­schen zu ver­pas­sen, ihm Be­we­gung zu ver­ord­nen oder an­de­re Sti­mu­la­tio­nen vor­zu­neh­men, um ihn nicht ein­schla­fen, in ein Ko­ma ver­fal­len und ster­ben zu las­sen.
    Sie wä­ren schwer­lich auf den Ge­dan­ken ge­kom­men zu emp­feh­len, man mö­ge den Pa­ti­en­ten mit ei­nem lan­gen, schar­fen Mes­ser in den Tra­pez­mus­kel ste­chen und ihn einen Ab­hang hin­un­ter­rol­len las­sen, da­mit er wie­der zu sich käme – aber die­se Me­tho­de wirk­te auch. Ich war so­fort wie­der da und hat­te ein paar Din­ge zu tun, die mich wach hiel­ten.
    Der Ab­hang be­stand aus un­be­fes­tig­ter Er­de. Die an sei­nem Rand ste­hen­den Bäu­me und Sträu­cher glit­ten wie in Zeit­lu­pe an mir vor­bei, so lang­sam, daß ich Jahr­hun­der­te Zeit zu ha­ben schi­en, sie mir an­zu­se­hen. Ich rutsch­te weg und fiel von ei­nem mit Wur­zeln be­wach­se­nen Über­hang, hielt mich an Ge­wäch­sen fest, die sich so­fort lös­ten, und riß sie mit mir. Schließ­lich ge­lang es mir, mich an ei­ner aus der Ab­hang­wand ra­gen­den Baum­wur­zel fest­zu­hal­ten, und hing im Nichts, wäh­rend das lo­se Ge­röll an mir vor­bei­rutsch­te und kra­chend in die Tie­fe stürz­te.
    Wäh­rend ein letz­ter Erd­klum­pen mir auf den Kopf und die Schul­tern klatsch­te, be­ru­hig­ten sich die Din­ge all­mäh­lich wie­der. Mei­ne Hand glitt an der Wur­zel ent­lang und fand an der Stel­le, wo sie sich ga­bel­te, einen leich­ten Halt. Ich bau­mel­te in der Dun­kel­heit. Mein an­de­rer Arm schmerz­te, so­bald ich ihn zu be­we­gen ver­such­te, und ich hat­te den Ein­druck, daß mit mei­nem Schul­ter­blatt et­was nicht stimm­te.
    Die Nacht war dun­kel und be­deckt. Ich konn­te zwar nicht viel se­hen, aber die Lich­ter ei­nes schma­len Geh­steigs mit ei­ner stei­ner­nen Trep­pen­flucht, die sich et­wa zehn Me­ter un­ter mir vor dem Ab­hang da­hin­zog, er­weck­te in mir den Ein­druck, daß es mir schlecht be­käme, wenn ich mich auf den Be­ton­bo­den fal­len ließ. Al­so hielt ich mich fest.
    Je mehr die Pil­len sich in mei­nem Ma­gen auf­lös­ten und in mei­ne Blut­bahn vor­dran­gen, de­sto hef­ti­ger hat­te ich das Ge­fühl, die Au­gen schlie­ßen zu müs­sen. Den­noch ver­such­te ich sie of­fen­zu­hal­ten. Ich ver­gaß, warum.
    Ir­gend­wo in mei­nem Hin­ter­kopf wa­ren Lich­ter und wa­che Men­schen, die über mich re­de­ten. Ich stimm­te mich auf sie ein, und da wur­den sie lau­ter. Ih­re Ge­gen­wart wur­de hel­ler, und ih­re Ge­füh­le wur­den ver­ständ­li­cher. Ich war bei der Ban­de. Aber kei­ner von ih­nen wuß­te et­was da­von.
    „Wenn Ge­or­ge sich selbst um­ge­bracht hat, muß er un­glück­lich ge­we­sen sein“, sag­te Ni­cho­li trau­rig. „Du hast ihm doch wohl nicht schon wie­der et­was ge­tan, Wee­ny?“
    „Klar war er un­glück­lich. Er war ja ein Bul­le“, sag­te Wee­ny. „Und die ver­die­nen es, un­glück­lich zu sein. Ich hof­fe, daß er im Höl­len­feu­er brennt.“
    „Er war kein Bul­le.“ Per­ry ord­ne­te die Bom­ben in sei­nem Beu­tel so, daß er die Zeit­zün­der be­quem er­rei­chen konn­te. „Er war bei

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