Der Esper und die Stadt
Herzarretierung. – Was ist das denn?“
„Das Herz hört auf zu schlagen.“
Ich las das Etikett noch einmal, dann seufzte ich, nahm auf meinem Schlafsack Platz, öffnete die Flasche, schüttete eine Handvoll der grünen Kapseln auf meine Handfläche und zählte sie.
Larry näherte sich den Gitterstäben und lehnte sich dagegen. „Was machst du da?“
Einen Augenblick lang sah ich durch seine Augen. Er sah in mir einen großen, nützlichen und guten Freund, dem man nur Feuer unter dem Hintern machen und ein paar Drogen geben mußte, damit er einen unterstützte. Ich antwortete nicht. Ich fing an, die Kapseln zu essen.
„Was machst du da?“ Larry umklammerte die Gitterstäbe, steckte den Kopf zu mir herein und schrie mit schriller Stimme: „Hör’ auf! Hör’ sofort auf damit! George!“ Seine Stimme überschlug sich nun. „Aufhören! Hör’ auf, das Zeug zu fressen!“
„Sechs“, sagte ich und nahm zwei gleichzeitig. „Acht, zwölf, vierzehn. Ich glaube, daß das, was du tust, nicht Rechtens ist, Larry. Du mußt aufhören. Sechzehn, achtzehn, zwanzig, zweiundzwanzig. Der Geschmack ist zum Kotzen.“ Ich legte eine Hand flach über den Mund, zerkaute die restlichen grünen Kapseln und schluckte. Mit einem Grinsen sah ich Larry zu.
„Gottverdammt noch mal“, sagte Larry. Er war entsetzt. Er umklammerte die Gitterstäbe und stellte sich auf die Zehenspitzen. „Hör’ sofort auf damit! Spuck’ sie aus! Was willst du damit erreichen?“
„Ich schluck’ das Zeug, damit ich euch nicht dabei helfen kann, den Leuten was anzutun. Salz. Meine Zunge ist ganz taub.“ Ich steckte einen Finger in den Mund und betastete sie.
Larry durchwühlte seine Taschen und murmelte; „Ich will dir doch nichts tun, du Blödmann.“ Er fand eine kleine Tablettenschachtel. „Hier.“ Er öffnete sie, nahm eine rosarote Pille heraus und hielt sie mir mit ausgestrecktem Arm hin. „Hier, nimm das ein.“
„Was ist das?“ Ich stand auf, nahm die Pille und sah sie mir an.
„Ein Gegenmittel“, schrillte Larry. „Nimm es schnell, du blöder Hund! Kau’ es. Es setzt die anderen außer Kraft. Es ist das Stärkste, was ich habe.“
Ich legte die Tablette sorgfältig auf den Betonboden und zertrat sie.
Larry stieß ein tierisches Fauchen und Stöhnen aus und sog die Luft durch zusammengebissene Zähne ein. Er schaute zu, wie ich die Pille zu einem rosafarbenen Pulver zerstampfte. „Mein Gott, mein Gott!“ keuchte er, halb ein Gebet ausstoßend, „Hare Krishna! George, du bist … du bist wirklich ein äußerst schwieriger Fall.“
Ich ging an das Gitter heran und gab Larry die nunmehr halbleere Pillenflasche. Ich taumelte und hielt mich an den Stäben fest. „Na, hab’ ich dich reingelegt? So gerissen wie du bin ich schon lange, Larry.“
„Hast du vor, hier zu sterben?“ Larry zuckte zurück. „In diesem Käfig? Dann würdest du für immer hier liegenblieben. Wie sollten wir … Scheiße, ach, Scheiße! Stirb bloß nicht da drin.“ Er durchwühlte seine Taschen und seinen Schulterbeutel und stieß dabei ein schrilles, frustrierendes Winseln aus. „Ich kann’s nicht finden. Ah, hier. Da ist sie ja!“
Er förderte eine Vierteldollarmünze zu Tage und hielt sie mir unter die Nase. „Hier, George, das ist es doch, was du haben willst, nicht wahr? Einen Vierteldollar, damit du rauskommst. Du hast gewonnen. Komm um Gottes willen raus. Beeil’ dich!“
Larry fing an, jenen Teil des Raums zu durchsuchen, in dem sich allerlei Gegenstände stapelten. Unter Stapeln von Schrott und anderen Sachen suchte er irgendwas. „Der Sauerstofftank. Wo, zum Teufel, ist er?“ Erjagte in die anderen Räume hinein, krachte irgendwo gegen und setzte seine geräuschvolle Suche fort. „Wo ist der Sauerstoff? Die Kaffeemaschine ist kalt! Wo ist der
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