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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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Büb­chen. Wo bist du?“
    „Ver­schwin­de aus mei­nem Kopf, Ge­or­ge, du bist tot“, dach­te Wee­ny in ei­nem plötz­li­chen Auf­blit­zen von Haß. „Du kannst jetzt mit ei­nem Bet­tuch be­klei­det im Him­mel her­ums­pu­ken!“
    Er glaub­te Ge­or­ge ir­gend­wo in der Fer­ne la­chen hö­ren zu kön­nen. Es war ein ech­tes Ge­läch­ter, und es schi­en ihm, als käme es von drau­ßen – von der Klip­pe, über de­ren Rand Ge­or­ge ge­fal­len war – durch den Tun­nel zu ihm her­ein.
    Wenn Ge­or­ge nun doch nicht tot war? Wee­ny sprang auf und jag­te auf die ver­schlos­se­ne Tür zu, und wäh­rend er her­um­wir­bel­te, glaub­te er Ge­or­ge be­reits vor sich zu se­hen. Er war nur noch drei Me­ter von ihm ent­fernt. Als Wee­ny sei­ne Dre­hung vollen­det hat­te, war Ge­or­ge wie­der weg. Er starr­te auf die Stel­le, an der er ihn ge­se­hen hat­te, und sah die sich auf­lö­sen­den Um­ris­se sei­ner klo­bi­gen Schul­tern, sei­ne großen Fäus­te und run­de, aus­drucks­los-blaue Au­gen …
    „Warum hast du sol­che Angst?“ frag­te die Stim­me in sei­nem Kopf. „Das macht mich ja erst rich­tig wach.“
    Wee­ny wuß­te, daß es nur na­tür­lich war, wenn Ge­or­ge den Wunsch ver­spür­te, ihn zu tö­ten. Wee­ny hat­te ihm schon zu­vor ei­ne Men­ge Är­ger be­rei­tet. Die Stich­wun­de, die er ihm bei­ge­bracht hat­te, konn­te je­den Gut­mü­ti­gen ver­än­dern, der es bis­her un­ter­las­sen hat­te, die Hän­de an sei­ne Keh­le zu le­gen. To­te Hän­de? Was be­deu­te­te wach ma­chen? Wee­ny wur­de klar, daß er wie ein Te­le­path ge­dacht hat­te. Hör’ auf zu den­ken! Kann Den­ken die To­ten er­we­cken? Kön­nen dei­ne ei­ge­nen Ge­dan­ken in sie hin­ein­schlüp­fen und …
    „Du meinst al­so, ich müß­te dich um­brin­gen, Wee­ny?“
    „Ja!“ schrie Wee­nys Vor­stel­lungs­kraft. „Du bist ein Zom­bie! Ein Zom­bie ist hin­ter mir her!“ Er­neut stell­te er sich vor, wie Ge­or­ge ihn er­würg­te. Ei­lig griff er nach sei­nem Bom­ben­beu­tel und schrie: „Wir tref­fen uns an der U-Bahn, Leu­te!“ Dann lief er hin­aus in den Park. Wäh­rend er wie blind durch die Dun­kel­heit stol­per­te, stell­te er sich vor, daß Ge­or­ge noch leb­te, sich mit ei­ner Hand an ei­ner Baum­wur­zel fest­hielt und über dem Ab­grund schweb­te. Der Ge­dan­ke ver­lieh ihm neu­en Mut und ver­sorg­te ihn mit nur in sei­ner Phan­ta­sie exis­tie­ren­der Zeit, zur U-Bahn zu lau­fen. Aber wäh­rend er lief, rann­te ein eben­falls nur in sei­ner Vor­stel­lung exis­tie­ren­der, mäch­ti­ger Schat­ten hin­ter ihm her und streck­te die Ar­me nach ihm aus. Wee­ny er­reich­te den be­leuch­te­ten Ein­gang der U-Bahn-Sta­ti­on, keuch­te und schluchz­te vor Ent­set­zen und kau­er­te sich auf ei­ne Bank, wo­bei er den Beu­tel mit den Ex­plo­sivstof­fen zwi­schen den Bei­nen de­po­nier­te. All­mäh­lich kam ihm die Ge­gen­wart der hel­len Lam­pen und an­de­ren Men­schen wie ein aus­rei­chen­der Schutz ge­gen Geis­ter vor.
    Ge­or­ges Stim­me klang jetzt ge­las­sen und schi­en aus noch wei­te­rer Fer­ne zu kom­men. „Du meinst al­so, ich müß­te dich er­wür­gen. Okay. Wenn du meinst … Wie aber kom­me ich von die­ser Wur­zel weg, Wee­ny? Wie soll der Zom­bie an der Wur­zel ent­lang wie­der den Ab­hang hin­auf­klet­tern und hin­ter dir her­ja­gen, wenn er nur ei­ne ge­sun­de Hand hat, aber zwei braucht, wenn er wei­ter hier hän­gen will?“
    „Er wür­de sei­ne Zäh­ne be­nut­zen“, dach­te Wee­ny und mal­te sich ein paar Reiß­zäh­ne aus, mit de­nen der Zom­bie in die Wur­zel biß. Blut­be­schmiert wie er war, ar­bei­te­te er sich mit Zäh­nen und Klau­en auf den Rand des Ab­grunds zu, schwang sich – bei­na­he wie Tar­zan – wie­der auf fes­ten Bo­den, rich­te­te sich auf … folg­te ihm … fand ihn mut­ter­see­len­al­lein auf Co­ney Is­land und leg­te sei­ne mäch­ti­gen Pran­ken um sei­nen Hals.
    „Ist was?“ frag­te ei­ne Stim­me in sei­ner Nä­he.
    Wee­ny sprang mit ei­nem Rö­cheln auf die Bei­ne und lang­te nach sei­nem Mes­ser. Aber es war nicht in sei­ner Ta­sche.
    Wie in ei­nem Blitz sah er die Ge­stalt Ge­or­ge San­fords vor sich ste­hen, dann ließ sei­ne über­dreh­te,

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