Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
Vom Netzwerk:
er­klä­ren konn­te.
    Es schmerzt, wenn man die Macht auf­ge­ben muß. Mir wur­de schon wie­der die Welt auf ei­nem Ta­blett an­ge­bo­ten, die ich kurz vor­her schon ein­mal ab­ge­lehnt hat­te. Macht zur frei­en Ver­fü­gung; je­der­mann wird dich lie­ben, Ge­or­ge, und au­ßer­dem hast du die bes­ten Pla­ner über­haupt im Rücken. Mei­ne Er­in­ne­rung flüs­ter­te mir zu: Hin­fort mit dir, Schei­tern. Ja, hin­fort mit dir, da­mit du mich nicht ver­su­chen kannst. Ich schrie: „Was, zum Teu­fel, gibt euch das Recht, für die Welt Ent­schei­dun­gen zu fäl­len?“
    Ich mag Leu­te, die Gu­tes tun. Sie sind im all­ge­mei­nen nett und ha­ben gu­te Vi­bra­tio­nen. Aber – ha! Macht über an­de­re! Das woll­ten die hier auch. Sie fin­gen an wü­tend zu wer­den. Ih­re Vi­bra­tio­nen mach­ten auch mich wü­ten­der, gleich­zei­tig aber glück­li­cher. Mei­ne Angst vor der Ver­su­chung wur­de von gu­ter, ehr­li­cher Wut hin­weg­ge­spült. Die an­de­ren ka­pier­ten nicht, wor­über ich wü­tend war, aber na­tür­lich blieb ih­nen mein Ge­fühl nicht ver­bor­gen.
    Das rot­haa­ri­ge Mäd­chen be­rühr­te mei­nen Arm. „Was ist los mit dir? Was ist ge­sche­hen? Ich ken­ne doch dei­ne See­le. Du bist doch im­mer gut­mü­tig, ge­hor­sam, nett und freund­lich ge­we­sen.“
    Der See­wind blies durch mein Kran­ken­haus­nacht­hemd ge­gen mei­nen nack­ten Rücken. Was war mit mir ge­sche­hen? Noch nie zu­vor hat­te ich den Mumm auf­ge­bracht, in Ge­gen­wart ei­ner fried­lich me­di­tie­ren­den Kom­mu­ne zu flu­chen. Ich hat­te mich ver­än­dert. Es mach­te mir Spaß, in ih­rer Ge­gen­wart zu flu­chen. Es mach­te mir Spaß, sie auf die Pal­me zu brin­gen.
    Lar­ry fiel mir ein. Wie gut, daß er mir ge­zeigt hat­te, daß je­mand recht ha­ben kann, auch wenn er auf dem falschen Damp­fer ist. Es war gut, daß ich ihn ge­trof­fen hat­te. Viel­leicht hät­te ich die Welt sonst für ei­ne rei­fe Frucht ge­hal­ten und sie mit dem Ge­dan­ken ge­pflückt, sie stün­de mir zu. Es war auch gut, daß ich Wee­ny, die­sen arm­se­li­gen klei­nen Schuft ken­nen­ge­lernt und mit­an­ge­se­hen hat­te, wie sehr er sei­ne jäm­mer­li­che Rol­le ge­noß. Jetzt war er weg, aber sei­ne Chan­ce hat­te er ge­habt. Wee­ny hat­te auf sei­ne ei­ge­ne Wei­se ge­lebt und einen fai­ren Preis da­für ent­rich­tet. Der Blitz, der mein Ge­hirn ge­trof­fen hat­te, hat­te mich ei­ner Schutz­schicht be­raubt, und nun kam al­les das nach oben, was ich vor ei­ner Wo­che nur halb wahr­ge­nom­men hat­te. Du mußt das Bö­se er­fah­ren, Ge­or­ge. Ich hat­te es er­fah­ren. Es war ein Spiel. Schwar­ze Schach­fi­gu­ren ge­gen wei­ße.
    „Ich hat­te heu­te ei­ne Ge­hirn­wä­sche ver­paßt be­kom­men“, sag­te ich. „Sie ha­ben Dr. Jekyll aus­ra­diert. Ich bin Mr. Hy­de. Was wollt ihr von mir? Sagt es noch mal.“
    Die an­de­ren stan­den auf. Mein Ver­hal­ten ver­stör­te und alar­mier­te sie. Der äl­tes­te und re­spektein­flö­ßends­te sag­te: „Du kennst die Ant­wort na­tür­lich selbst. Wir möch­ten, daß du uns hilfst.“ Er hat­te wel­li­ges Haar und stand stolz wie ein Kö­nig da; wie Ak­bar His­ham, ein Kö­nig der Höl­le.
    „Dann sag’ ‚bit­te’“, sag­te ich und lach­te.
    Sie flat­ter­ten in ih­ren pas­tell­far­be­nen Ro­ben her­um wie ei­ne Schar miß­ge­stimm­ter En­gel oder Leu­te im Ba­de­man­tel nach dem Du­schen. Sie brach­ten es nicht über die Lip­pen. Ob­wohl sie sich als nied­ri­ge Ge­schöp­fe an­sa­hen, ob­wohl sie sich selbst für die auf­op­fe­rungs­be­rei­ten Die­ner des Gu­ten in der Welt hiel­ten, woll­ten sie sich nicht er­nied­ri­gen. Je­der ein­zel­ne von ih­nen war ein Al­pha, ar­ro­gant und herrsch­süch­tig, und hielt es ge­heim. Auch sie woll­ten die Welt be­herr­schen. Sie woll­ten den glei­chen Ha­rem, den auch ich hat­te ha­ben wol­len. Sie hat­ten Ge­or­ge um sei­ner Kräf­te wil­len ha­ben wol­len; sie brauch­ten einen Ge­or­ge, den sie ins­ge­heim für ih­re Zie­le ein­span­nen, vor Scha­den be­wah­ren und ab und zu mal lo­ben konn­ten. Sie brauch­ten einen net­ten und gut­mü­ti­gen Bur­schen, der für sie die Welt aus den An­geln hob und sie ih­nen auf ei­nem

Weitere Kostenlose Bücher