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Der Eunuch

Titel: Der Eunuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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Flecken davonkommen. Überhaupt ist alles sehr bequem. Fast alle Damen haben ihre ,mestre ebree“, ihre Hausjuden, die besorgen, was zu besorgen ist . . .“
    „Zuweilen auch den Mann?“
    „Zuweilen sogar die Gelegenheit zu einer Aussprache, bei der es weder Mann noch Frau, sondern nur Teilnehmer gibt.“
    „Nichts als das, Madame?“
    „Nichts als das, Monsieur.“
    Bonneval richtete sich auf.
    „Bitte, Madame, weswegen bin ich hier?“
    „Wegen der Politik, Graf Bonneval.“
    Nachdenklich setzte sie sich wieder, dieses Mal auf abendländische Art, die Beine übereinander geschlagen. Dann begann sie.
    „Sie werden meinen Namen natürlich nicht erfahren, und er würde Ihnen auch nichts bedeuten. Aber es gibt Legitimationen, die sicherer sind und die Sie nachprüfen können. - Sie sind jetzt hier, und dazu beglückwünsche ich Sie. Ein Mann wie Sie muß unter der Untätigkeit und Ungewißheit in Serajewo sehr gelitten haben . . .“
    „Verzeihung, Madame ...“
    „Nein, nicht um Ihnen das zu sagen, bin ich hier - haben Sie bitte ein wenig Geduld. Alle Welt weiß es nicht anders, als daß Sie es wohl durchgesetzt haben, in die Hauptstadt berufen zu werden, daß sich aber an dem alten Zustand Ihrer Untätigkeit und der Ungewißheit, ob und in welchem Grade die Pforte Sie beschäftigen wird, nichts, aber auch gar nichts geändert hat.“ Sie hatte ihren Fächer wieder aufgenommen und sah ihn über dessen Rand forschend an. „Haben Sie mit keinem Menschen darüber gesprochen, daß es sich in Wirklichkeit ganz anders verhält?“
    Bonneval setzte eine gelangweilte Miene auf, er hielt sich noch gerade so, daß er nicht gähnte. „Aber, Madame, leider verhält es sich mit Ihrem ergebenen Diener gar nicht anders. Es wäre wirklich an der Zeit...“ „Gut“, unterbrach ihn Julienne. „Aber mir gegenüber werden Sie sich nicht äußern. Das ist ganz natürlich. Ich gehöre nicht zu Ihrem Gefolge wie - sagen wir einmal - Suleiman.“
    „Was ist mit Suleiman?“ fragte Bonneval und mußte sich bereits zusammennehmen, um seine Gereiztheit zu verbergen.
    Julienne bemerkte es mit Wohlgefallen und schoß dann ab, was sie im Lauf hatte.
    „Suleiman ist Ihr Sohn, nicht wahr?“
    „Wer sagt das?!“
    „Suleiman selbst.“
    „Dieser dumme Bengel! Verzeihung, Madame ...“
    „Keine Ursache, Graf. Ob Sie ihn als Ihren Sohn bei uns einführen oder nicht, ist doch ganz allein Ihre Angelegenheit, und wenn Sie Ihr Diplom erhalten, wird auch für Ihren Herrn Sohn ein Offizierspatent oder etwas anderes, wenn Sie es wünschen ... Sie wissen doch, daß Ihre Söhne bei uns als legitim gelten? Die Frau Gräfin, die Tochter des Herzogs Biron, geruhte nicht, Ihnen Nachkommen zu schenken, hatte auch wohl während ihrer vierzehntägigen Ehe mit Ihnen kaum die rechte Zeit dazu. Ihr Ältester, Graf Latour, war zuletzt Obrist Ihres Regiments, das jetzt aufgelöst wurde, und vertritt noch immer Ihre Interessen in Wien. Sie haben anhängliche Söhne, Graf. Nun noch der Suleiman aus Comacchio . . .“
    „Aus Mailand, Madame. Bitte um Entschuldigung. Da Sie alles so genau wissen . . .“
    „Natürlich aus Mailand!“ jubelte Julienne mit spitzbübischer Ironie. „Comacchio im Kirchenstaat - dort haben Sie den heiligen Vater recht geärgert -, gewissermaßen Vizekaiser waren Sie da, und dort trafen Sie die Frau Mama . . .“ „Und als ich abberufen wurde, nahm ich sie mit nach Mailand, wo der Bengel geboren wurde, der noch von mir hören wird. Madame!“ Bonneval richtete sich auf. „Ich gebe zu, daß Sie sehr viel von mir wissen; aber das könnte auch jeder andere, der sich . . .“
    „Gewiß!“ stimmte Julienne zu. „Jeder, der sich für Sie interessierte, könnte das erfahren, und wer interessiert sich nicht für Graf Bonneval? Wir doch auch . . .“ Julienne sah ihm tief in die Augen.
    Bonneval fühlte sich nicht mehr so ganz sicher wie zu Beginn. Den Suleiman hätte er einfach ableugnen sollen, dachte er. Andererseits habe das Frauenzimmer auch wieder recht: es bedeute wenig, ob man ihn als seinen Sohn kenne oder nicht.
    „Ihr Interesse für mich ist schmeichelhaft“, sagte er in der Hoffnung, zu Ende zu kommen. „Aber Madame selbst sind ja der Meinung, daß es nicht als Legitimation zu betrachten sei, mir Anweisungen zukommen zu lassen.“
    „Ich sprach nie von Anweisungen, Graf. ,Ratschläge' wäre vielleicht das Wort. Aber wir haben uns über Ihren Sohn ein wenig verplaudert. Soll ich Ihnen nicht lieber die hohe Stelle

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