Der Eunuch
ist es Ihr General und .. .“
„Ich bin sein Sohn“, sagte Suleiman.
Die Hosen aus blaßgelbem Atlas, auf der Mittelzehe des linken Fußes ein großer Rubin, wofür zugunsten des rechten Beines auf Knöchelreifen verzichtet wurde, der eng anliegende Kaftan aus pfauenblauem Brokat, über den Haaren ein rosig angehauchter Kaschmirschal und vor dem Gesicht das ganze Feuerwerk eines juwelenbesetzten Fächers-so saß Julienne mit untergeschlagenen Beinen auf ihrem Polster.
So schön wie nur möglich hatte sie sich für einen Mann mit so wunderbar schlechtem Ruf wie Bonneval angezogen. Es war das erste und vielleicht das letzte Zusammentreffen mit ihm, aber einem derartigen Mann gegenüber verhielt sich nur eine dumme Frau gleichgültig. Daß er mehr als doppelt so alt war wie sie, selbst daran verschwendete die Dame aus Ungarn keinen einzigen Gedanken. Aus jungen Männern hatte sie sich bis vor kurzem überhaupt nichts gemacht, und seit ihrer Enttäuschung mit Ibrahim oder vielmehr Mahmud galten sie ihr als endgültig und für alle Zeiten erledigt. Bonnevals Alter hatte sie also zu keinerlei Erwägungen veranlaßt; wohl aber er selbst, mochte sie auch alles andere als eine Tändelei beabsichtigen. Selbst in der Politik blieb Julienne immer noch Frau.
Ganz offenkundig lachte Julienne, wogegen die Stimmung des männlichen Geschöpfes, das den Vorzug ihrer Gegenwart genoß, sich nicht ohne weiteres erkennen ließ. Trotz und die Entschlossenheit, sich nicht einschüchtern zu lassen, kämpften auf seinem Gesicht mit Bereitschaft zu kavaliersmäßiger Balz, zu der das wenige, was von Julienne zu sehen war, immerhin einlud.
Leicht freilich machte sie es ihrem Gefangenen nicht. In allen Sprachen. die er kannte, versuchte er das Gespräch zu beginnen. Vor allem natürlich auf französisch. Für einen I' ranzosen war es schwer zu begreifen, daß es Menschen gebe, denen die Sprache unbekannt sei. Mit italienisch kam er auch nicht weiter, und auf die paar Brocken Deutsch, denen er als gewesener Offizier römischer Majestät deutscher Nation nicht hatte entgehen können, rechnete er schon überhaupt nicht mehr. Das war falsch. Denn gerade im fließenden Deutsch kam ihm die Antwort.
„Worüber beschweren Sie sich eigentlich, mein Herr?“
Er beschwere sich durchaus nicht, sagte er. Im Gegenteil, geschmeichelt fühle er sich, daß eine schöne Frau ihn nur zu dem Zweck habe entführen lassen, um seine Huldigungen entgegenzunehmen.
Diese Phrase verbarg natürlich nicht, daß er auf seiner Hut war. Ein Mann wie Bonneval hatte sich zu oft in heiklen, wenn nicht gefährlichen Lagen befunden, hatte nicht umsonst schon seit einiger Zeit die Fünfzig erreicht, um eine Dame, die er auf diese Weise kennenlernte, nodi für harmlos zu halten. In dieser Hinsicht war die Lagunenstadt Venedig weit fragwürdiger als Konstantinopel mit seiner durchaus eindeutigen Herrschaft. Aber das konnte Bonneval noch nicht übersehen. Falle sei Falle, dachte er, und um so verderblicher, je hübscher das Mädchen. Sei das vorliegende Mädchen aber wirklich hübsch? Das zu erkunden, war er sehr begierig, einmal mit Rücksicht auf seine Sicherheit, dann aber auch als Fachmann auf dem Gebiet der Weibergeschichten. Welcher Beweggrund der stärkere sei, war selbst für ihn schwer zu entscheiden. Er versuchte das gar nicht erst und zog es vor, sich seiner doppelten Aufgabe mit ungeteiltem Eifer hinzugeben. Zwei Füße, eine Hand und zwei Augen ließ Julienne sehen, genug für einen Mann wie Bonneval, sich angezogen oder abgestoßen zu fühlen, aber nicht genug für einen Bonneval, dessen Wünsche erweckt waren, sich der Umrisse des Mädchens mit allem, was dazu gehörte, vergewissern zu wollen. Vorläufig freilich ließ sie ihn nodi nicht die heldenhafte Rolle spielen, die seine Absichten vielleicht gefördert hätten. Mit der Vorstellung von einem in einen Teppich gerollten Mann verband die Reichsfreiin vom Vorberg nicht die einer besonderen männlichen Großartigkeit. Sie war ungerecht - sie gab sich das ohne weiteres zu doch diese Vorstellung belustigte sie. Immerhin hatte Bonneval von ihrer Ungerechtigkeit den Vorteil, daß ihr Schuldbewußtsein ihn von der deutschen Sprache erlöste und sie mit ihm französisch zu sprechen begann.
„Haben Sie sich ein wenig erholt, Graf?“ fragte sie.
Er war klug genug, ihrer unverkennbaren Heiterkeit nicht mit Beleidigtsein, sondern ebenfalls mit Humor zu begegnen.
„Ich würde mich sofort noch einmal einrollen
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