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Der Eunuch

Titel: Der Eunuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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türkischer Landschaften und Städte von den Persern besetzt worden waren.
    Unmittelbar nach Mahmuds I. Thronbesteigung hatte die Pforte daher neue Seraskere, neue Oberbefehlshaber gegen Persien ernannt, darunter Ahmed Pascha von Bagdad und Ali Pascha Hakimsade, den Doktorsohn, dessen Vater der berühmte Venezianer Nuh Efendi gewesen war, der große Arzt.
    Ahmed Pascha brachte die besetzten Gebiete wieder an die Türkei, Ali Pascha folgte dem Schah, der sich zurückzog und zugleich den Wunsch nach Friedensverhandlungen vortäuschte, um seinem geplanten Überfall auf das osmanische Heer die größtmöglichen Erfolgsaussichten zu verschaffen.
    In der Ebene von Koridschan fand der Angriff von vierzigtausend Persern mit acht Karthaunen, fünf Falkaunen und zweihundert Kanonen statt. Er zerschellte an Alis bewährtem Feldherrntalent. Mochte auch die Behauptung, daß von zwanzigtausend persischen Reitern nur zwei am Leben geblieben und drei Vierteile des Fußvolkes zusammengehauen seien, kaum genau der Wahrheit entsprochen haben, so änderte das nichts an der völligen Vernichtung des persischen Heeres. Die gesamte Artillerie und das ganze Fuhrwesen wurden erbeutet, und am folgenden Tag fiel die Stadt Hamadan mit ihrem schweren Geschütz. Bis Isfahan streiften die Osmanen.
    Als Folge dieser Schlacht erschien beim Serasker Ahmed Pascha in Bagdad ein persischer Unterhändler mit der Bitte um Friedensbesprechungen. Ahmed Pascha willigte ein; die Pforte jedoch gab die Erlaubnis nur unter der ausdrücklichen Einschränkung, daß dem Heer durch die Unterhandlungen kein Vorteil entwunden und insbesondere der siegreiche Ali Pascha Hakimsade, der andere Serasker,
    nicht in seinen Bewegungen und Eroberungen gehemmt werden dürfe.
    Aus einem Bericht des Marquis von Villeneuve, Gesandten Seiner allerchristlichsten Majestät von Frankreich bei der Hohen kaiserlichen Pforte zu Stambul, an den königlichen Minister, Kardinal Fleury zu Paris:
    „Es ist mir ein Vergnügen, Euer Eminenz, berichten zu können, daß sich die türkischen Siege in Persien noch über Erwarten zu unseren Gunsten auswirken. Das wiedererweckte Vertrauen in die Schlagkraft der türkischen Heere erhöht an sich schon den Wert der Pfortengarantie für die Wahlfreiheit im Königreich Polen. Angesichts des so überaus bedenklichen Gesundheitszustandes des Königs-Kurfürsten von Polen-Sachsen ist, selbst wenn Persien etwa mehr behielte, als ihm nach der militärischen Lage zukäme, ein schneller Friedensschluß notwendig. Die Gegner des erneuten Eintritts der Türkei in einen europäischen Krieg können dann nicht mehr vorschützen, daß der persische die Pforte an der Erfüllung ihres Garantieversprechens hindere. Meine Propaganda gegen derartige Neutralitätsabsichten hatte bei den Wesiren der Kuppel bemerkenswerten Erfolg, vor allem bei Seiner Hoheit dem Großwesir selbst. Topal Osman Pascha, dessen Großwesirat nach meiner Überzeugung weit fester begründet ist, als das seiner Vorgänger, ist Franzosenfreund.
    Der Grund dieses für uns so günstigen Umstandes wird Euer Eminenz interessieren. Topal Osman wurde in seinen jüngeren Jahren von einem türkischen Fahrzeug weggefangen und von den Malteserrittern als Galeerensklave ans Ruder geschmiedet. In dieser traurigen Lage lernte ihn ein Franzose kennen. Unser Landsmann war großmütig genug, den Bedauernswerten gegen dessen Versprechen einer Rückvergütung der Auslagen loszukaufen, Topal Osman hielt sein Versprechen. Als er aber Großwesir geworden war, ließ er obendrein seinen französischen Wohltäter mit dessen inzwischen herangewachsenen Söhnen einladen und überhäufte sie nun mit Geschenken und Wohltaten aller Art. Man ist allgemein gerührt, besonders in unserer hiesigen Kolonie, wie Euer Eminenz sich denken können.
    Leider erstreckt der Großwesir seine Franzosenfreundschaft auch auf Herrn von Bonneval, dem er trotz Herrn von Talmanns Einsprüchen und Drohungen erlaubt hat, nach Konstantinopel zu kommen. Bonneval setzt sich - überdies durch kein Amt berechtigt - ebenfalls und noch dazu mit größtem Eifer beim Großwesir für das .historische Bündnis' mit Frankreich ein; verlangt aber einen regelrechten,schriftlichen Vertrag, wie es unserem erleuchteten Zeitalter entspreche. Eingedenk der Instruktionen Eurer Eminenz habe ich der Hoheit des Großwesirs vorgestellt, daß die verlangten schriftlichen Verträge ja bereits vorhanden seien, nämlich der Garantievertrag der Pforte mit den polnischen

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