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Der Eunuch

Titel: Der Eunuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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Regiment aus, aber nicht, weil das allerdings ihrem eigenen Wesen entgegenkam, sondern in Wirklichkeit wegen Elenas starkem Verlangen, sich einer festen Führung unterwerfen zu müssen.
    Dieses Verlangen war ein untrennbarer Teil ihrer zärtlich leidenschaftlichen Liebe zu ihrer Freundin. Untertanin sein, ohne nicht gelegentlich auch gestraft zu werden - in einem derartigen halben Zustand hätte sie sich verzehrt, und dadurch wäre sie für ein Zusammenleben völlig unbrauchbar geworden. Das temperamentvolle Persönchen konnte recht zornig werden. Mit scharfem Blick erkannte sie die schwachen Stellen der Menschen, die sie kränken wollte, und insbesondere Julienne kannte sie in dieser Hinsicht genau. Sie wußte ihre geschliffenen Bosheiten bei ihr anzusetzen und war, wenn sie auf andere Weise keinen Eindruck machen konnte, durch nichts vom Durchhalten eines mürrischen, unausstehlichen Betragens abzubringen. In solchen Fällen war Elena die Stärkere, und es fragte sich noch, wer von den beiden Damen das Feld in Wirklichkeit beherrsche. Julienne mochte entschlossen gewesen sein, sich nicht reizen zu lassen -zuletzt sprang sie doch wütend auf. Dann war es soweit.
    Elena mußte Juliennes Zofe holen, die schon wußte, was sie mitzubringen habe, und mit deren Beistand kam die Kleine dann auf den Triangel, einen dreibeinigen Strafbock, allerdings ohne die enganliegenden Damenbeinkleider aus weißem Byssus, wie sie die Byzantinerinnen seit je und besonders jetzt wieder unter den Reifröcken trugen, weil sie es für schamlos hielten, darunter von den Knien aufwärts nacht zu sein. Von dieser Prüderie wußten die europäischen Damen nichts.
    Überdies war das, was der armen Elena bei derartigen Anlässen widerfuhr, nicht gar so ausgefallen. Katharina Medici, die doch eine Königin von Frankreich gewesen war, hatte es mit ihren Hofdamen nicht anders gehalten. An fünf Dutzend waren davon ständig in ihren Diensten gewesen. Häufige Heiraten hatten zwar die Reihen gelichtet, aber immer wieder hatten Neue die Lücken ausgefüllt. Alle aber waren als ausgesucht hübsche Mädchen aus dem französischen Adel gekommen. Mit ihren wundervollen Federhüten und Kleidern - besonders ohne sie - hatten sie zu Fuß und beritten eine gefährliche Kavallerie gebildet. Nie hatte es lange gedauert, bis auch die Rekruten die Künste der Koketterie beherrscht hatten. Brauchbar waren sie auch gewesen. Wenn sich zwischen der Königin und einer politischen
    Persönlichkeit Differenzen ergeben hatten, so waren diese erfahrungsgemäß am besten im Bett einer der jungen Damen geschlichtet worden.
    Es hatte viele Differenzen, aber zum Glück auch genug Mädchen gegeben. Keines jedoch hätte es sich einfallen lassen, Ihrer Majestät bei solchen und anderen Gelegenheiten den Gehorsam zu verweigern, auch dann nidit, wenn es der hohen Frau beliebt hatte, über eines und mehrere ihrer Ehrenfräulein eine Rutenstrafe zu verhängen. Meister Brantome, der ja selbst ein Mitglied Ihrer Majestät Hofstaat gewesen war, berichtete mit seiner schönen Sachlichkeit auch darüber, wie über alle anderen Ereignisse und Zustände. Nach seinem Hofbericht wurde eine solche Strafe meist durch eine Kammerfrau vollstreckt, nachdem sich das adlige Fräulein vorher hatte ausziehen müssen. Auf Reisen jedoch, bei Mangel an Zeit und beim Fehlen eines geeigneten Ortes, an dem die Strafe in aller Ruhe hätte vollzogen werden können, war es zuweilen auch geschehen, daß die Majestät selbst die Ruten ergriffen und die hochgeborenen Sünderinnen über ihr eigenes allerhöchstes Knie gelegt hatte. Jedermann war diese Hauszucht als das Selbstverständlichste von der Welt erschienen, und es war allgemein bekannt gewesen, daß die jungen Damen ihrer Herrin nie etwas nachgetragen, sondern sie im Gegenteil auf das leidenschaftlichste angeschwärmt hatten. Selbst in ihren Betten hatten sie sich noch durch unzerreißbare Fäden an ihre Königin gefesselt und von ihr gelenkt gefühlt. Von keiner war Katharina jemals verraten worden.
    Im Hinblick auf Elena konnte Julienne von sich selbst das gleiche sagen. Wenn Elena sich nach solch einem Zwischenfall wieder erheben durfte und ihr Geschrei, das während der Exekution den Raum erfüllt hatte, sich in Schluchzen umzuwandeln begann, stellte es sich bei den ersten Worten der Gestraften stets heraus, daß ein völlig verändertes, sanftes Geschöpf aus dem Fegefeuer hervorgekommen war, voll von einer hingebenden Liebe, die es nach nichts so

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