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Der Eunuch

Titel: Der Eunuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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würde. Und was dann? Neuer Sturm? Zum Lachen! Die Janitscharen stürmen dreimal, und das richtig. Wenn ihr Aga dann noch etwas von ihnen will, erklären sie ihm, daß sie mehr ihrem Padischah und Allah nicht schuldig seien. Unsere aber! Wenn der Schwung erst einmal weg ist, können Sie am gleichen Tag mit dem kriegerischen Dreck, den wir haben, nichts mehr anfangen. Sehen Sie, wenn es soweit ist, dann denken sie gar nidits mehr. Dann hauen sich die Sporen dem Gaul ganz von selbst in die Flanken, und der Gaul hat auch schon längst Galopp. Hinein in die eigenen Truppen! Übergeritten die ersten, daß die nächsten stehenbleiben. Mit der flachen Klinge so viele Rücken gefuchtelt, wie man kriegen kann. Allesamt, allesamt müßte das Gesindel durch die Spießruten. Aber man braucht sie. Sie kehren um. Sie schreien Viktoria! Singen so ein blödes Lied von einem edlen Ritter, der ich sein soll .. .“
    Eugen hielt inne. Er war ein Kavalier und sich gar nicht bewußt, daß er von Menschen in einer Weise sprach, die nicht mehr menschlich war. „Man kennt das Lied“, flocht Andlaw ein. Prinz Eugen, der edle Ritter 1 .“
    „... runter vom Gaul! Fußvolk muß zu Fuß zum Sturm geführt werden. Hinan! ... Und da dachte ich es dann: Andlaw hat doch recht gehabt. Diesmal hat es mich erwischt. Aber es war gar nicht ich, sondern Andlaw, den es erwischt hatte. Er lag auf mir. Er hatte die
    Kugeln für mich abgefangen. Ich mußte weiter. Wenn der Soldat in Schwung ist, muß er weiter, sonst drückt er sich gar zu gern vorm Sterben. - Aber Ihr Bruder, Herr Baron, war Nichtkombattant. Er war als Oberstallmeister einer meiner Hofherren und zu keinen militärischen Diensten verpflichtet. Ich versichere Ihnen, ich sah ihn erst, als er auf mir lag.“
    „Er war sofort tot, nicht wahr?“ fragte Andlaw nach einer kurzen Pause.
    „Eben nicht.“ Der Baron erschrak. „Er starb erst am andern Morgen. Ich ließ das aber vertuschen. - Sie sind Junggeselle, Baron?“
    „Wie mein Bruder es war.“
    „Stimmt. Dennoch hinterließ er eine Tochter. Genau das. Eine uneheliche Tochter, wollen Sie fragen? Was denn sonst? Ihrem Vater hatte Ihr Bruder sich nicht anvertrauen können. Er kannte dessen strenge Grundsätze, und das war die Ursache, warum ich das Mädchen Ihrem Vater verschwieg.“
    „Kennt man die Mutter?“
    Der Prinz sah dem Baron in die Augen.
    „Ist das so wichtig?“
    „Nnnein . . . aber um etwas tun zu können, müßte ich doch wissen, wo sie sich befindet - ich meine, das Mädchen . ..“
    „Daß Sie mir helfen wollen - dafür danke ich Ihnen. Um so mehr, da Sie offenbar Schwierigkeiten mit Ihrem Namen, Wappen gar befürchten ...“
    „Namen und Wappen kommen wohl nicht in Frage“, wehrte Herr von Andlaw schnell ab.
    „Das kommt nicht mehr in Frage“, verbesserte der Prinz mit leichter Betonung der Tatsache, daß eine Lösung bereits gefunden sei. „Sie hat einen Namen, sie hat ein Wappen, und sie hat ein Adelsdiplom. Ihre Mitgift von hunderttausend Gulden liegt für sie in Antwerpen, und wenn ich nun noch wüßte, wo sie ist. . . hätte ich Sie nicht beunruhigt. - Doch, doch, ich habe Sie beunruhigt“, wehrte Eugen jede Gegenvorstellung ab. „Ich bin selbst Junggeselle, und eine junge Dame, die ausgeführt, beschützt, verheiratet werden und was sonst noch alles will - man ist alldem gegenüber so hilflos!“ entrang es sich dem Gequälten. „Und da habe ich meine Pflicht gröblich vernachlässigt.“
    „Hoheit beschämen mich Ich als Blutsverwandter wäre doch am ersten .. . Und meine Bemerkung bitte ich ..."
    Namen und Wappen, vor allem die hunderttausend Gulden hatten ihn über den Stand der Mutter beruhigt. Für die Tochter einer Bürgerlichen würde der Prinz nicht so weit gegangen sein.
    „Wegen Namen und Wappen?“ fragte Eugen. „Ihr seid eben Deutsche. Ihrem Herrn Vater wäre eine Nichte Mazarins nicht als ebenbürtig erschienen. Für Franzosen dagegen war Mazarin ein zwar ungekrönter, dafür aber um so erfolgreicherer König, dessen Verwandte darum auch höchsten Rang erhielten. Wenn Mazarin nicht gewesen wäre, hätte Ludwig XIV. meine Mutter geheiratet, und die Prinzen von Geblüt hätten sich schließlich beruhigt. Mazarin war es, der die spanische Heirat wollte, die dann ja auch Europa ein neues Gesicht gab. Und warum sollte ich der Tochter meines Lebensretters nicht einen adeligen Namen geben? Ich gab ihn mit dem gleichen Titel, den die Andlaws tragen. Sie ist Baronin. - Wenn ich mich an Sie

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