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Der Eunuch

Titel: Der Eunuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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wären in dem Alter dazu, falls Sie nicht. ..“ Er machte eine Geste des Überlegens und dachte an den Padischah. „Nein, es geht nicht“, fuhr er dann fort, „das Risiko ist zu groß. Der kaiserliche Harem bemächtigt sich nicht widerrechtlich einer Dame, und so würde es gedeutet werden, wenn man erführe, daß Sie, die Nichte des Prinzen von Savoyen, sich im Harem des Sultans befänden. Aber überlegen Sie einmal, in welcher Lage Sie wären, wenn der Prinz sich Ihrer nicht angenommen hätte.“
    „Ich wäre gezwungen gewesen, mir meine eigene Lage zu schaffen, während ich bis jetzt nichts dazu beitragen mußte.“
    „Ihre Aufrichtigkeit ehrt Sie, Julienne. Sie ermutigt mich zu einer Frage: Könnten Sie sich vorstellen, daß ein anderer als der Prinz in Ihrem Leben dessen Rolle übernähme?“
    Julienne lachte: „Wie Sie midi überschätzen, Beschir. Bisher hat sich kein anderer gefunden. Und ein Backfisch bin ich längst nicht mehr.“
    Beschir blieb ernst. „Es fand sich ein anderer. Darüber, daß Sie sich schwer von Stambul trennen und von der Welt, deren Spitze es ist, brauchen wir nicht lange zu reden. Hätte ich mich geirrt, würden Sie ohnehin ablehnen. Habe ich mich geirrt?“
    „Nein, aber . ..“
    Beschir unterbrach sie.
    „Verzeihen Sie, Julienne“, sagte er, „ich werde Ihnen gern Rede und Antwort stehen; aber ich glaube, es würde uns manches ersparen, wenn Sie zuvor midi reden ließen. Sie brauchen mir gar nichts von Ihren Vorbehalten zu sagen, die Sie gegen die Welt hegen, von der wir sprechen, gegen die Welt des Islams und des Ostens. Dabei dürften die vier Frauen, die der Prophet dem Gläubigen erlaubt, für Sie das geringste Gewicht haben. Da Sie kein Backfisch mehr sind, wie Sie selbst sagten, so wissen Sie, daß die eine Frau eines christlichen Herrn selten seine einzige ist. Bei uns aber blieben Sie immer Herrin Ihrer Person und Ihres Vermögens, was Sie beides in einer abendländischen Ehe verlören, einer Ehe, deren Unauflöslichkeit beiden Gatten so oft zur Hölle wird. Hier dagegen brauchten Sie nur vor Zeugen einen Satz in der gehörigen Form auszusprechen, um eine Bindung zu lösen, die Ihnen mißfällig wurde. Aber da Sie nicht nur an sich denken, bedrücken Sie wahrscheinlich Worte, mit denen Sie groß wurden und die einfach abzuschütteln Ihnen schwerfällt. Von Türken hörten Sie nur als von Heiden und Barbaren sprechen, von Menschen oder gar Untermenschen, bar jeder Treue und nur um des Mordens willen dem Mord zugetan. Vielleicht glaubten Sie nicht ganz so fest daran wie andere; denn Sie erwähnten Sympathien, die man uns bei den Ungarn noch entgegenbringe. Aber als Feinde Habsburgs gelten die Ungarn den Deutschen als nicht viel besser. Es will diesen Deutschen nicht in den Kopf, daß jemand das mildere türkische Regiment dem österreichischen Raubsystem vorziehen könne.“
    „Aber wenn etwas so beharrlich immer wieder behauptet wird, so kann doch nicht alles gelogen sein. Es wäre schreddich!“ rief Julienne.
    „Eine Lüge gewinnt durch Beharrlichkeit wohl an Wirkung - Wahrheit wird sie dadurch nicht. Und das erste ist wirklich schrecklich, Julienne. Auch gibt es manches, worin wir Rechtgläubigen nicht besser als die Ungläubigen sind. Wir pflegten unsere Kriege jenseits der Grenzen auf fremdem Boden zu führen, was die Möglichkeiten von Vergleichen einschränkte. Aber beim letzten Krieg waren wir so unglücklich, ihn im eigenen Lande zu haben. Was serbische Frauen und Kinder dabei von den Regimentern des Königs von Böhmen erlitten, hält den Vergleich mit den Untaten unserer Akindschi, unserer Renner und Brenner, in der Steiermark und am Semmering aus. Alles, was in dieser Hinsicht je geschah, überbietet es aber wohl, einen bei lebendigem Leibe gerösteten Türken zur Verhöhnung seiner Landsleute über die Stadtmauern zu hängen. Es geschah ebenfalls im letzten Krieg. Ein Festungskommandant war der Täter. Die Festung heißt Kaschau, der Kommandant ist ein... österreichischer Offizier. Eine Beförderung belohnte den Kannibalen.“
    „Oh, Beschir, ich bitte Sie, sagen Sie, daß es nicht wahr ist! Es kann doch nicht..."
    „Es ist und wird sein. Betrachten Sie Dodo die vielen ebenso gesetzlichen wie viehischen Hinrichtungsarten der Abendländer. Wenn bei uns das Gesetz einem Menschen das Leben abspricht, so wird es ihm auf eine Weise genommen, die den Zweck erreicht, ohne dabei im Volk die Wollust der Grausamkeit zu entflammen. Bei Vornehmen und aus Gunst

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