Der ewige Gaertner
stets Menschlichkeit bewiesen und auch heute keine Ausnahme gemacht. Ich habe gründlich über Ihr Angebot nachgedacht und mich ausführlich mit Tessas Anwälten beraten. Wie es scheint, sind ihre Angelegenheiten in den zurückliegenden Monaten ziemlich vernachlässigt worden, und es ist dringend erforderlich, dass ich mich ihrer annehme. Fragen des Wohnsitzes und der steuerlichen Veranlagung sind zu klären, nicht zu vergessen die Verfügung über Immobilien hier und im Ausland. Ich bin daher zu dem Schluss gekommen, dass ich mich zunächst einmal diesen geschäftlichen Angelegenheiten widmen möchte, und ich vermute, dass mir diese Aufgabe nicht unwillkommen ist. Und so hoffe ich, Sie können sich noch eine oder zwei Wochen gedulden, bevor ich zu Ihren Vorschlägen Stellung nehme. Was den Genesungsurlaub betrifft, so neige ich zu der Ansicht, dass ich den guten Willen des Ministeriums nicht unnötig strapazieren sollte. Ich habe in diesem Jahr noch keinen Urlaub genommen, und ich glaube, mir stehen, zusätzlich zu meinem Jahresurlaub, weitere fünf Wochen Versetzungsurlaub zu. Ich würde es vorziehen, das in Anspruch zu nehmen, was mir zusteht, bevor ich auf Ihre Großzügigkeit zurückkomme.
Nochmals herzlichen Dank.
Eine scheinheilige, unaufrichtige Beruhigungspille, stellte er mit Befriedigung fest. Justin, der unheilbar korrekte Beamte, macht einen großen Wirbel darum, ob es angemessen ist, sich krank schreiben zu lassen, während er die Angelegenheiten seiner ermordeten Frau abwickelt. Er ging in die Diele und warf noch einen Blick auf die Gladstone-Tasche, die unter dem Beistelltisch mit der Marmorplatte lag. Eins der kleinen Vorhängeschlösser war aufgebrochen und kaputt. Das andere fehlte ganz. Der Inhalt war aufs Geratewohl in die Tasche zurückgestopft. Ihr seid so ungeschickt , dachte er verächtlich. Es sei denn, ihr wollt mir Angst machen, schoss es ihm durch den Kopf, in dem Fall wärt ihr ziemlich gut. Er prüfte den Inhalt seiner Jacketttaschen. Mein Pass, der echte, zu benutzen bei der Ausreise aus Großbritannien. Geld. Keine Kreditkarten. Mit entschlossener Miene machte er sich daran, die Beleuchtung im Haus so zu verändern, als hätten sich die Bewohner zu Bett begeben.
ELFTES KAPITEL
D er Berg zeichnete sich schwarz vor dem dunkler werdenden Himmel ab, und dieser Himmel war ein Chaos aus rasenden Wolken, launischen Inselwinden und heftigem Februarregen. Die gewundene Straße war übersät mit Kieselsteinen und rotem Schlamm vom durchweichten Abhang. Manchmal verwandelte sie sich in einen Tunnel aus überhängenden Kiefernzweigen, und manchmal war sie ein Abgrund, der hunderte Meter zum schäumenden Mittelmeer hin abfiel. Wenn Justin um eine Kurve bog, musste er darauf gefasst sein, dass das Meer sich ohne ersichtlichen Grund wie eine Wand vor ihm aufzutürmen schien, nur um gleich darauf, hinter der nächsten Kurve, wieder in die Tiefe zu stürzen. Doch in welche Richtung er auch fuhr, der Regen kam immer von vorn, und wenn er auf die Windschutzscheibe prasselte, spürte Justin, dass der Jeep unter ihm bebte wie ein altes Pferd, das kaum mehr die Kraft hat, den schweren Karren weiterzuziehen. Den ganzen Weg aber hielt die alte Bergfestung von Monte Capanne über ihn Wache, mal hoch oben, mal zu seiner Rechten unvermutet auf einem Gebirgskamm hockend, und so lockte sie ihn immer weiter voran, narrte ihn wie ein Irrlicht.
»Wo zum Teufel ist es bloß? Ich könnte schwören, irgendwo auf der linken Seite«, beschwerte er sich laut, teils bei sich selbst, teils bei Tessa. Als er erneut auf einem Kamm anlangte, fuhr er entnervt an den Straßenrand und legte die Fingerspitzen an die Stirn, während er sich im Geiste zu orientieren versuchte. Er war dabei, die übertriebenen Gesten der Einsamkeit anzunehmen. Unter ihm lagen die Lichter von Portoferraio. Vor ihm, auf dem Festland jenseits des Wassers, funkelte Piombino. Nach links und rechts war eine Schneise in den Wald gehauen. Hier haben dir deine Mörder in ihrem grünen Safarijeep aufgelauert, erklärte er ihr in Gedanken. Hier haben sie ihre stinkenden Sportsmans geraucht, ihre Whitecap-Flaschen geleert und darauf gewartet, dass ihr, du und Arnold, vorbeigefahren kommt. Justin hatte sich rasiert, die Haare gekämmt und ein frisches Jeanshemd angezogen. Sein Gesicht fühlte sich heiß an, es pochte in seinen Schläfen. Links oder rechts? Er entschied sich für links. Der Jeep hüpfte über einen ungebärdigen Wust von Zweigen und
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