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Der ewige Gaertner

Der ewige Gaertner

Titel: Der ewige Gaertner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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irgendwas vor.«
    »Birgit sagt, Sie sind ihr Mann.«
    Oh Gott. Für einen Moment schien die Welt stillzustehen. Auch das noch.
    »Das hat Birgit am Telefon gesagt?«
    »Sie hat keine Namen genannt. ›Er ist ihr Mann.‹ Sonst nichts. Ganz diskret. Warum haben Sie mir nicht gesagt, dass Sie ihr Mann sind? Dann hätte ich Sie nicht für einen Provokateur gehalten.«
    »Ich wollte es Ihnen sagen, wenn wir uns treffen.«
    »Ich rufe eine Freundin an. Sie sollten mir keine Rosen schicken. Das ist übertrieben.«
    »Was für eine Freundin? Lara, seien Sie vorsichtig, was Sie ihr sagen. Mein Name ist Peter Atkinson. Ich bin Journalist. Sind Sie immer noch in der Telefonzelle?«
    »Ja?«
    »In derselben wie eben?«
    »Ich werde nicht beobachtet. Im Winter beobachten sie einen nur vom Auto aus. Weil sie zu faul sind. Es ist kein Auto zu sehen.«
    »Haben Sie genug Münzen?«
    »Ich habe eine Karte.«
    »Benutzen Sie Münzen. Keine Karte. Haben Sie die Karte benutzt, als Sie Birgit angerufen haben?«
    »Das ist nicht wichtig.«
    Erst um halb elf rief sie wieder an. »Meine Freundin assistiert bei einer Operation«, erklärte sie, ohne sich zu entschuldigen. »Die Operation ist kompliziert. Ich habe noch eine Freundin. Sie ist bereit. Wenn Sie Angst haben, nehmen Sie ein Taxi bis zum Kaufhaus Eaton’s und gehen den Rest zu Fuß.«
    »Ich habe keine Angst. Ich bin nur vorsichtig.«
    Herrgott, dachte er, als er die Adresse notierte. Wir haben uns noch nie gesehen, ich habe ihr zwei Dutzend übertriebene Rosen geschickt, und wir streiten uns schon wie Verliebte.
    ***
    Es gab zwei Möglichkeiten, das Motel zu verlassen: durch den Vordereingang und eine Stufe hinunter zum Parkplatz, oder durch die Hintertür in einen Flur, der durch ein Labyrinth anderer Flure zur Rezeption führte. Justin schaltete in seinem Zimmer die Lichter aus und spähte durchs Fenster auf den Parkplatz. Es war Vollmond, und alle Autos waren mit silbrigem Reif überzogen. Von den gut zwanzig Autos war nur eines besetzt. Eine Frau saß auf dem Fahrersitz. Neben ihr ein Mann. Sie zankten sich. Über Rosen? Oder über den Götzen Profit? Die Frau gestikulierte, der Mann schüttelte den Kopf. Dann stieg der Mann aus, bellte eine letzte Verwünschung, knallte die Tür zu, stieg in ein anderes Auto und fuhr weg. Die Frau blieb sitzen. Sie hob verzweifelt die Hände und schlug sie aufs Lenkrad. Sie legte den Kopf auf die Hände und weinte mit bebenden Schultern. Justin bezwang das absurde Bedürfnis, sie zu trösten, eilte zur Rezeption und bestellte ein Taxi.
    ***
    Das Haus stand in einer viktorianisch anmutenden Straße: lauter weiße Reihenhäuser, schräg versetzt, so dass sie an Schiffe erinnerten, die sich nebeneinander in einen alten Hafen schieben. Jedes hatte eine Kellerwohnung mit eigenem Zugang, eine Haustür, zu der einige Stufen hinaufführten, ein Eisengeländer und als Türklopfer ein Hufeisen aus Messing, mit dem man nicht anklopfen konnte. Beobachtet von einer fetten grauen Katze, die es sich zwischen Fenster und Vorhang von Nummer 7 bequem gemacht hatte, stieg Justin die Stufen von Nummer 6 hinauf und drückte auf die Klingel. Er trug alles bei sich, was er besaß: eine Reisetasche, Geld und, entgegen Lesleys ausdrücklichem Befehl, beide Pässe. Das Motelzimmer hatte er im Voraus bezahlt. Falls er dorthin zurückkehrte, dann aus freien Stücken und nicht, weil er musste. Es war zehn Uhr, eine frostklare, eisige Nacht. Am Bordstein parkten Autos Stoßstange an Stoßstange, die Bürgersteige waren frei. Die Tür ging auf, dahinter erschien die Silhouette einer großen Frau.
    »Sie sind Peter«, sagte sie vorwurfsvoll.
    »Sind Sie Lara?«
    »Selbstverständlich.«
    Sie schloss die Tür hinter ihm.
    »Ist man Ihnen hierher gefolgt?«, fragte er sie.
    »Möglich. Und Ihnen?«
    Sie musterten einander im hellen Flur. Birgit hatte Recht: Lara Emrich war schön. Schönheit lag in ihrem hochmütigen, klugen Blick. In ihrer so kühlen, wissenschaftlichen Distanz, die Justin gleich bei dieser ersten Begegnung innerlich zurückweichen ließ. In der Art, wie sie sich die grau melierten Haare mit dem Handgelenk aus dem Gesicht strich; wie sie, den Ellbogen noch abgespreizt und den Handrücken an der Stirn, die kritische Musterung seiner Erscheinung mit arrogantem, gleichwohl untröstlichem Blick fortsetzte. Sie trug Schwarz. Schwarze Hose, langes schwarzes Hemd, kein Make-up. Die Stimme klang aus der Nähe noch düsterer als am Telefon.
    »Es tut mir so Leid

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