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Der ewige Gaertner

Der ewige Gaertner

Titel: Der ewige Gaertner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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Nobelpreise gewinnen, reich und berühmt sein und von Liebhabern umschwärmt. Und die ernste Lara denkt, die klinischen Testreihen werden wissenschaftlich fundiert und verantwortungsvoll durchgeführt. Sie denkt, das Medikament wird in einem breiten Spektrum ethnischer und sozialer Gemeinschaften getestet, die für die Krankheit besonders anfällig sind. Vielen Menschen wird es besser gehen, anderen wird man das Leben retten können. Was für eine befriedigende Aufgabe.«
    »Und Lorbeer?«
    Ein gereizter Blick, ein missbilligender Gesichtsausdruck.
    »Markus möchte ein reicher Heiliger sein. Er wünscht sich einen Rolls-Royce, will aber auch Leben retten.«
    »Gott und Profit also«, sagt Justin leichthin, sie reagiert jedoch nur wieder mit einem finsteren Blick.
    »Nach zwei Jahren habe ich eine bedauerliche Entdeckung gemacht. Die Testreihen von KVH waren nichts wert. Nicht wissenschaftlich angelegt. Sie dienten nur dazu, das Medikament so schnell wie möglich auf den Markt zu bringen. Gewisse Nebenwirkungen wurden vorsätzlich ignoriert. Stellte man Nebenwirkungen fest, wurde der Test gleich so umgeschrieben, dass sie nicht wieder in Erscheinung traten.«
    »Was waren das für Nebenwirkungen?«
    Wieder ihre Dozentenstimme, schneidend und arrogant. »Im Verlauf der unwissenschaftlich durchgeführten Tests wurden kaum Nebenwirkungen verzeichnet. Grund dafür waren die grenzenlose Begeisterung von Kovacs und Lorbeer und das Bestreben von Kliniken und medizinischen Einrichtungen in der Dritten Welt, die Tests in einem guten Licht erscheinen zu lassen. Dazu wurden in wichtigen medizinischen Fachzeitschriften wohlwollende Berichte über die Tests publiziert, verfasst von angesehenen Meinungsmachern, die über ihre profitablen Beziehungen zu KVH nichts verlauten ließen. In Wirklichkeit wurden diese Artikel in Vancouver oder Basel geschrieben und von den angesehenen Meinungsmachern lediglich unterzeichnet. Es hieß, das Medikament sei für einen allerdings unerheblichen Prozentsatz von Frauen im gebärfähigen Alter nicht geeignet. Manche bekämen Sehstörungen. Es gab auch einige Todesfälle, aber durch Manipulation der Daten wurde dafür gesorgt, dass sie aus dem Berichtszeitraum herausfielen.«
    »Hat sich niemand beklagt?«
    Die Frage entrüstet sie. »Wer soll sich beklagen? Die Arzte und Laboranten in der Dritten Welt, die an den Tests verdienen? Das Unternehmen, das an der Vermarktung des Medikaments verdient und nicht daran interessiert ist, die Profite, die es mit anderen KVH-Medikamenten macht, zu verlieren – womöglich seine ganze Existenz aufs Spiel zu setzen?«
    »Und die Patienten?«
    Jetzt kann er in ihren Augen wohl nicht mehr tiefer sinken. »Die meisten der Patienten leben in nichtdemokratischen Ländern mit sehr korrupten Regierungen. Theoretisch sind sie über die Risiken der Behandlung aufgeklärt worden und haben sich damit einverstanden erklärt. Soll heißen, ihre Unterschriften befinden sich auf den Einverständniserklärungen, auch wenn sie selbst nicht lesen können, was sie da unterschrieben haben. Das Gesetz untersagt, dass man ihnen Geld gibt, aber sie erhalten großzügige Entschädigungen für Reisekosten und Lohnausfall, und sie bekommen zu essen, was ihnen sehr gefällt. Außerdem haben sie Angst.«
    »Vor den Pharmakonzernen?«
    »Vor allen. Wenn sie sich beklagen, werden sie bedroht. Man sagt ihnen, ihre Kinder kriegen keine Medizin mehr aus Amerika und ihre Männer wandern ins Gefängnis.«
    »Aber Sie haben sich beklagt.«
    »Nein. Ich habe mich nicht beklagt. Ich habe protestiert. Energisch. Als ich feststellte, dass Dypraxa nicht als Medikament in der Testphase, sondern als sicheres Medikament angepriesen wurde, habe ich bei einer wissenschaftlichen Konferenz an der Universität einen Vortrag gehalten, in dem ich die unmoralische Haltung von KVH exakt beschrieben habe. Das wurde nicht eben freundlich aufgenommen. Dypraxa ist ein gutes Medikament. Aber darum geht es nicht. Es geht um dreierlei.« Sie reckt drei schlanke Finger in die Höhe. »Erstens: Die Nebenwirkungen werden aus ökonomischen Gründen vorsätzlich verschwiegen. Zweitens: Die ärmsten Länder der Welt werden von den reichsten als Versuchskaninchen missbraucht. Drittens: Die legitime wissenschaftliche Diskussion über diese Probleme wird durch Einschüchterung von Seiten der Konzerne unterdrückt.«
    Sie lässt die Hand mit den ausgestreckten Fingern sinken, wühlt mit der anderen Hand in ihrer Einkaufstasche und

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