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Der ewige Gaertner

Der ewige Gaertner

Titel: Der ewige Gaertner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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zieht einen blauen Hochglanzprospekt hervor. Der Titel:
    GUTE NACHRICHTEN VON KVH.
     
    DYPRAXA ist ein hochwirksamer, sicherer und ökonomischer Ersatz für die bisher üblichen Methoden der Tuberkulosebehandlung. Schon jetzt ist der Nutzen dieses Medikaments gerade für Schwellenländer eindeutig erwiesen.
     
    Sie nimmt den Prospekt wieder an sich und überreicht Justin stattdessen ein stark abgegriffenes Anwaltsschreiben. Ein Absatz ist markiert.
     
    Die klinische Forschung zu Dypraxa wurde über Jahre hinweg nach ethischen Grundsätzen geplant und durchgeführt. In jedem einzelnen Fall lag eine Einverständniserklärung des Patienten vor. KVH unterscheidet bei seinen Tests nicht zwischen reichen und armen Ländern. Einziges Anliegen des Unternehmens ist es, die dem jeweiligen Projekt angemessenen Bedingungen auszuwählen. KVH wird mit Recht für seine außerordentliche Sorgfalt gelobt.
     
    »Und wie steht die Kovacs dazu?«
    »Sie hat sich vollkommen die Sicht des Konzerns zu Eigen gemacht. Sie kennt keine Moral. Die Kovacs ist mitverantwortlich dafür, dass viele klinische Forschungsergebnisse manipuliert oder unterdrückt worden sind.«
    »Und Lorbeer?«
    »Markus ist gespalten. Das ist bei ihm normal. Er sieht sich als Chef von ganz Afrika, was Dypraxa betrifft. Aber er empfindet auch Angst und Scham. Deshalb beichtet er.«
    »Arbeitet er für ThreeBees oder für KVH?«
    »Vielleicht für beide, bei Markus wäre das möglich. Er ist ein komplizierter Mensch.«
    »Und wieso hat KVH Sie dann an der Dawes University untergebracht?«
    »Weil ich dumm war«, wiederholt Lara stolz, als wollte sie seine gegenteilige Beteuerung von vorhin nun endgültig entkräften. »Warum sonst hätte ich wohl unterschreiben sollen, außer aus Dummheit? Die von KVH waren sehr höflich, sehr gewinnend, sehr verständnisvoll, sehr klug. Ich war in Basel, als zwei junge Männer eigens aus Vancouver kamen, um mich zu besuchen. Ich fühlte mich geschmeichelt. Sie haben mir Rosen geschickt, genau wie Sie. Ich habe ihnen gesagt, die Tests seien nichts wert. Sie haben mir zugestimmt. Ich habe ihnen gesagt, sie dürften Dypraxa nicht als sicheres Medikament verkaufen. Sie haben mir zugestimmt. Ich habe ihnen gesagt, dass viele Nebenwirkungen nicht angemessen berücksichtigt wurden. Sie bewunderten mich für meinen Mut. Einer von ihnen war ein Russe aus Nowgorod. ›Wir laden Sie zum Essen ein, Lara. Da können wir über alles sprechen.‹ Dann haben sie gesagt, sie würden mir gern zu einer Stelle an der Dawes University verhelfen, dort könnte ich eine eigene Testreihe für Dypraxa entwickeln. Sie hörten sich vernünftig an, anders als ihre Vorgesetzten. Sie stimmten mir zu, dass wir noch nicht genügend ordnungsgemäße Tests durchgeführt hatten. An der Dawes University könnten wir das nachholen. Es war mein Medikament. Ich war stolz darauf, und sie auch. Die Universität fühle sich geehrt, sagten sie. Wir kamen zu einer Vereinbarung. Dawes würde mich einstellen, KVH würde mich bezahlen. Dawes ist ein idealer Ort für solche Tests. Es gibt Indianer in den Reservaten, die für die alte Form von Tuberkulose anfällig sind. Es gibt multiresistente Fälle bei den Hippies in Vancouver. Das ist die perfekte Kombination für Dypraxa. Auf der Basis dieser Vereinbarung habe ich den Vertrag unterschrieben und die Vertraulichkeitsklausel akzeptiert. Ich war dumm«, bekräftigt sie mit einem Schnauben.
    »Und KVH hat eine Niederlassung in Vancouver.«
    »Eine riesige. Die drittgrößte nach Basel und Seattle. Von dort konnte man mich überwachen. Das war der Sinn der Sache. Mir einen Maulkorb anzulegen und mich im Auge zu behalten. Ich habe den blöden Vertrag unterschrieben und mich frohen Muts an die Arbeit gemacht. Voriges Jahr habe ich meine Untersuchungen abgeschlossen. Das Ergebnis war äußerst negativ. Ich hielt es für angebracht, meinen Patienten mitzuteilen, wie ich die möglichen Nebenwirkungen von Dypraxa einschätze. Als Ärztin ist das meine heilige Pflicht. Außerdem kam ich zu dem Schluss, dass die Ärzte in aller Welt durch einen Artikel in einer bedeutenden Fachzeitschrift informiert werden mussten. Solche Zeitschriften drucken nicht gern negative Einschätzungen ab. Das war mir bekannt. Mir war auch bekannt, dass die betreffende Zeitschrift drei anerkannte Fachleute bitten würde, sich zu meinen Resultaten zu äußern. Die Zeitschrift wusste freilich nicht, dass diese anerkannten Fachleute gerade erst von KVH Seattle gut

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