Der ewige Gaertner
beherrschen, sie schlang die Arme um ihn und hielt ihn fest, als hinge ihr Leben davon ab, bis er sich ihr schließlich entwand.
DREIUNDZWANZIGSTES KAPITEL
C aptain McKenzie und sein Kopilot Edsard sitzen im Cockpit der Buffalo, einem Cockpit, das nichts weiter ist als eine erhöhte Plattform an der Spitze des Flugzeugs, ohne Trennwand, die die Besatzung vor ihrer Fracht schützen könnte – oder auch die Fracht vor der Besatzung. Und direkt vor die Plattform, eine Stufe tiefer, hat eine fürsorgliche Seele einen niedrigen, rostbraunen, viktorianischen Sessel mit improvisierten Winkeleisen am Boden befestigt, ein Sitzmöbel, wie es sich ein älterer Hausdiener an einem Winterabend vor den Küchenofen ziehen mag. Und darauf sitzt Justin mit Kopfhörer und einem zerfransten Nylongurt um den Bauch, der wie das Laufgeschirr eines Kleinkindes aussieht. Er lauscht den weisen Ausführungen von Captain McKenzie und Edsard, nimmt aber gelegentlich den Kopfhörer ab, um die Fragen einer jungen Weißen aus Simbabwe zu beantworten, die es sich inmitten eines Haufens fest gezurrter brauner Kisten bequem gemacht hat. Justin hatte ihr den Sessel anbieten wollen, aber McKenzie hielt ihn mit einem entschiedenen »Da sitzen Siel «, davon ab. Weiter hinten kauern sechs Sudanesinnen, deren unterschiedliche Haltungen stoischen Gleichmut oder panische Angst ausdrücken. Eine von ihnen erbricht sich in einen Plastikeimer, der zu diesem Zweck bereitsteht. Zwischen den grau schimmernden Stoffbahnen, mit denen die Decke bespannt ist, verläuft ein Kabel, an dem Reißleinen baumeln, deren metallverstärkte Enden zum Dröhnen der Motoren tanzen. Der Rumpf ächzt und stöhnt wie eine alte Dampflok auf ihrer letzten Reise. Es gibt weder Airconditioning noch Fallschirme. Ein verblasstes rotes Kreuz an der Wand weist auf ein Medizinschränkchen hin. Darunter stehen mehrere mit einer Schnur zusammengebundene Blechkanister mit der Aufschrift »Kerosin«. Das ist die Reise , die Tessa und Arnold gemacht haben , und das ist der Mann , der sie geflogen hat . Das ist ihre letzte Reise vor ihrer letzten Reise .
»Sie sind also Ghitas Freund«, hatte McKenzie zu Justin gesagt, nachdem die Sudanesin Sarah ihn zu dessen tukul in Loki gebracht hatte.
»Ja.«
»Sarah sagt, Sie hätten ein Reisedokument, ausgestellt von der südsudanesischen Vertretung in Nairobi, aber das hätten Sie verlegt. Stimmt das?«
»Ja.«
»Dürfte ich dann mal Ihren Pass sehen?«
»Selbstverständlich.« Justin gibt ihm den auf Atkinson ausgestellten Pass.
»Was machen Sie beruflich, Mr Atkinson?«
»Ich bin Journalist. Schreibe für den Londoner Telegraph . Im Moment bereite ich einen Artikel über die Operation Lifeline Sudan der Vereinten Nationen vor.«
»Wirklich ein Jammer, ausgerechnet jetzt, wo die OLS so sehr auf Berichterstattung angewiesen ist. Zu dumm, wenn es an einem kleinen Stück Papier scheitern sollte. Wissen Sie, wo Sie es verloren haben?«
»Leider nicht.«
»Wir transportieren heute hauptsächlich Kisten mit Sojaöl. Und ein paar Carepakete für unsere Leute da draußen. Ganz normaler Einsatz, falls Sie sich dafür interessieren sollten.«
»Ja, natürlich.«
»Macht es Ihnen was aus, ein, zwei Stunden lang unter einem Haufen Decken auf dem Boden eines Jeeps zu hocken?«
»Nicht im Geringsten.«
»Ich glaube, dann kommen wir ins Geschäft, Mr Atkinson.«
Seither hält McKenzie beharrlich an dieser Fiktion fest. Im Flugzeug erklärt er, wie er es für jeden Journalisten tun würde, Hintergründe und Ablauf dessen, was er stolz als die kostspieligste Operation zur Bekämpfung des Hungers bezeichnet, die weltweit jemals realisiert wurde. Seine Ausführungen, ein metallisches Krächzen in den Kopfhörern, übertönen nicht immer den Lärm der Motoren.
»Im Südsudan gibt es gute, mittelmäßige, schlechte oder katastrophale Versorgung mit Nahrungsmitteln, Mr Atkinson. Wir in Loki haben die Aufgabe, die Versorgungslücken zu ermitteln. Jede Tonne Nahrungsmittel, die wir abwerfen, kostet die UNO dreizehnhundert Dollar. In Bürgerkriegen sterben die Reichen als erste. Weil sie sich nämlich nicht anpassen können, wenn ihnen das Vieh gestohlen wird. Für die Armen ändert sich kaum was. Damit eine Gruppe von Menschen überleben kann, müssen diese auf ihrem Land gefahrlos etwas anbauen können. Leider gibt es kaum noch sicheres Land. Bin ich zu schnell?«
»Nein, nein, Sie machen das sehr gut.«
»Loki muss also Ernteerträge abschätzen und
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