Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der ewige Gaertner

Der ewige Gaertner

Titel: Der ewige Gaertner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
Vom Netzwerk:
LIEBTE.
     
    »O mein Gott«, rief Woodrow leise aus.
    »Im Grunde das, was ich auch gedacht habe«, stimmte Donohue zu.
    Der letzte Absatz war in Großbuchstaben gedruckt. Mechanisch las Woodrow weiter.
     
    GOODBYE MAMA TESSA. WIR SIND DIE KINDER DEINES MUTES. DANKE, DANKE, MAMA TESSA, FÜR DEIN LEBEN. VIELLEICHT LEBT ARNOLD BLUHM NOCH, ABER DU BIST ZWEIFELLOS TOT. FALLS DIE BRITISCHE KÖNIGIN ORDEN AUCH POSTUM VERLEIHT, DANN WOLLEN WIR HOFFEN, DASS SIE, ANSTATT HERRN PORTER COLERIDGE FÜR SEINE VERDIENSTE UM DIE BRITISCHE SELBSTGEFÄLLIGKEIT ZUM RITTER ZU SCHLAGEN, DIR DAS VIKTORIAKREUZ ZUERKENNT, MAMA TESSA, TEURE FREUNDIN, FÜR DEINE AUSSERGEWÖHNLICHE TAPFERKEIT ANGESICHTS POSTKOLONIALER BORNIERTHEIT.
     
    »Das Beste steht eigentlich auf der Rückseite«, sagte Donohue. Woodrow drehte das Blatt um.
     
    {MISSING SYMBOL white latin cross}
    MAMA TESSAS
AFRIKANISCHES BABY
     
    TESSA QUAYLE BRACHTE SICH STETS MIT LEIB UND SEELE DORT EIN, WO IHRE ÜBERZEUGUNGEN SIE HINFÜHRTEN. GLEICHES ERWARTETE SIE AUCH VON ANDEREN. ALS TESSA IM UHURU-KRANKENHAUS VON NAIROBI LAG, BESUCHTE IHR SEHR ENGER FREUND DR. ARNOLD BLUHM SIE JEDEN TAG UND, EINIGEN BERICHTEN ZUFOLGE, AUCH BEINAHE JEDE NACHT. ER BRACHTE SICH SOGAR EIN FELDBETT MIT, SO DASS ER NEBEN IHR IN IHREM KRANKENZIMMER SCHLAFEN KONNTE.
     
    Woodrow faltete das Flugblatt zusammen und steckte es in die Tasche. »Das bring ich mal eben bei Porter vorbei, wenn’s Ihnen recht ist. Ich darf es doch behalten?«
    »Gehört Ihnen, alter Junge. Mit Empfehlungen der Firma.«
    Woodrow bewegte sich auf die Tür zu, doch Donohue machte keine Anstalten, ihm zu folgen.
    »Kommen Sie?«, fragte Woodrow.
    »Dachte, ich bleib noch ein bisschen, wenn Sie nichts dagegen haben. Wollte dem armen Justin meine Aufwartung machen. Wo ist er? Oben?«
    »Und ich dachte, wir wären uns einig, dass Sie das nicht tun.«
    »Waren wir? Oh, kein Problem. Ein andermal. Ihr Haus, Ihr Gast. Sie haben nicht zufällig auch Bluhm hier irgendwo versteckt?«
    »Seien Sie nicht albern.«
    Unbeirrt hüpfte Donohue an Woodrows Seite, federte in den Knien, machte sich einen Spaß daraus. »Soll ich Sie mitnehmen? Liegt praktisch auf dem Weg. Dann brauchen Sie Ihr Auto nicht rauszuholen. Zu heiß, um zu Fuß zu gehen.«
    Da er noch immer halb befürchtete, Donohue würde zurückschleichen, um es erneut bei Justin zu versuchen, nahm Woodrow das Angebot an und sah dann dem Wagen nach, bis er hinter dem Hügel verschwand. Porter und Veronica Coleridge saßen im Garten und sonnten sich, hinter sich die Villa des Hochkommissars im Landhausstil, vor sich den makellosen Rasen und die von Unkraut befreiten Blumenbeete, die dem Garten jedes reichen Börsenmaklers alle Ehre gemacht hätten. Coleridge saß in der Hollywoodschaukel und studierte Dokumente aus einem Aktenkoffer. Seine blonde Frau Veronica, in kornblumenblauem Kleid und einen verdrückten Strohhut auf dem Kopf, lag ausgestreckt auf dem Gras neben einem gepolsterten Laufgitter. Darin rollte ihre Tochter Rosie auf dem Rücken hin und her und bewunderte durch die Lücken zwischen ihren Fingern das Blattwerk einer Eiche, während Veronica ihr etwas vorsummte. Woodrow überreichte Coleridge das Flugblatt und wartete auf die fälligen Kraftausdrücke. Aber nichts kam.
    »Wer liest diesen Mist?«
    »Jeder Schreiberling in der Stadt, würde ich meinen«, sagte Woodrow dumpf.
    »Worauf stürzen die sich als nächstes?«
    »Das Krankenhaus«, erwiderte er beklommen.
    Zusammengesunken in einem der Kordsessel in Coleridges Arbeitszimmer lauschte Woodrow mit einem Ohr den gesetzten Worten, die dieser mit seinem verhassten Vorgesetzten in London über das abhörsichere Telefon wechselte, das er im Schreibtisch verschlossen aufbewahrte. Doch vor Augen stand ihm jener Traum, den er bis an sein Lebensende nicht würde abschütteln können, wie sein weißer Körper im Tempo eines Kolonialherrn die langen, überfüllten Flure des Uhuru-Krankenhauses durchschritt und allenfalls kurz stehen blieb, um irgendeinen Uniformierten nach der richtigen Treppe, dem richtigen Stockwerk, der richtigen Station, der richtigen Patientin zu fragen.
    »Pellegrin, der Arsch, sagt, wir sollen alles unter den Teppich kehren«, verkündete Porter Coleridge und knallte den Hörer auf die Gabel. »Schnell und so gründlich wie möglich. Unter den größten verdammten Teppich, den wir finden können. Typisch.«
    Durchs Fenster beobachtete Woodrow, wie Veronica Rosie aus dem Laufgitter hob und mit ihr auf

Weitere Kostenlose Bücher