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Der ewige Gaertner

Der ewige Gaertner

Titel: Der ewige Gaertner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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dem Arm ins Haus ging. »Ich dachte, wir wären längst dabei«, protestierte er, noch immer in seinen Traum versunken.
    »Was Tessa in ihrer Freizeit gemacht hat, war allein ihre Sache. Das gilt auch für alles, was sie mit Bluhm oder für irgendwelche wohltätigen Zwecke getrieben hat. Unter der Hand, und nur, wenn wir gefragt werden: Wir haben ihre Kreuzzüge respektiert, hielten sie aber für unzureichend fundiert und spleenig. Aber wir geben keine Kommentare ab zu unverantwortlichen Behauptungen der Sensationspresse.« Eine Pause, in der er mit seinem Selbstekel rang. »Und wir sollen durchblicken lassen, sie sei verrückt gewesen.«
    »Warum, um alles in der Welt?« Woodrow war mit einem Schlag hellwach.
    »Es ist nicht unsere Sache, uns das zu fragen. Der Tod ihres Babys hat sie aus der Bahn geworfen, aber sie war schon vorher labil. Sie ist in London zu einem Seelenklempner gegangen, was es glaubwürdiger macht. Die Sache stinkt mir außerordentlich. Wann ist die Beerdigung?«
    »Frühestens Mitte nächster Woche.«
    »Eher geht es nicht?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Wir warten auf den Obduktionsbericht. Und für Beerdigungen muss man einen Termin vereinbaren.«
    »Sherry?«
    »Nein, danke. Ich sollte wohl besser heimwärts traben.«
    »Das Ministerium wünscht die Formulierung ›schwer geprüft‹. Sie war unser Kreuz, aber wir haben es tapfer getragen. Kriegen Sie das hin, schwer geprüft zu erscheinen?«
    »Ich glaube nicht.«
    »Ich auch nicht. Ich finde es absolut zum Kotzen .«
    Die Worte waren ihm so schnell entwischt, so aufrührerisch und entschlossen, dass Woodrow für einen Moment zweifelte, ob er recht gehört hatte.
    »Pellegrin, der Mistkerl, sagt, das sei eine absolut verbindliche Richtlinie«, fuhr Coleridge im Ton beißender Verachtung fort. »Keine Zweifler, keine Abweichler. Können Sie damit umgehen?«
    »Ich denke schon.«
    »Wie schön von Ihnen. Ich weiß nicht, ob ich es kann. Sämtliche Äußerungen von ihr – von ihr und Bluhm, gemeinsam oder einzeln – egal wem gegenüber – Sie und ich eingeschlossen – und egal, über was, Hummeln oder Bienen, die sie unterm Hintern hatte – Angelegenheiten aus Tierreich, Pflanzenwelt, Politik oder Pharmazie « – eine unerträglich lange Pause, in der Coleridges Blick mit der Glut eines Häretikers auf ihm ruhte, der zum gemeinsamen Verrat auffordert- »liegen außerhalb unserer Zuständigkeit und wir wissen absolut nichts davon. Hab ich mich klar ausgedrückt, oder soll ich’s Ihnen noch mal mit Geheimtinte an die Wand schreiben?«
    »Sie haben sich klar ausgedrückt.«
    »Pellegrin hat sich nämlich sehr klar ausgedrückt. Kein bisschen unklar.«
    »Nun, das hätte ich auch nicht angenommen.«
    »Haben wir Kopien gemacht von dem Zeug, das sie Ihnen nie gegeben hat? Das wir nie gesehen, nie in den Händen gehabt und schon gar nicht an unser porentief reines Gewissen rangelassen haben?«
    »Alles, was sie uns gegeben hat, ist an Pellegrin gegangen.«
    »Wie schlau von uns. Und Sie sind guten Mutes, Sandy? Immer schön Kopf hoch, auch wenn die Zeiten hart sind und Tessas Ehemann bei Ihnen im Gästezimmer hockt?«
    »Ich denke, ja. Wie ist es mit Ihnen?«, fragte Woodrow, der seit einiger Zeit, von Gloria ermutigt, die wachsenden Unstimmigkeiten zwischen Coleridge und London wohlgefällig beobachtete und sich fragte, wie er sie sich am besten zunutze machen könnte.
    »Bin mir nicht sicher, ob ich wirklich guten Mutes bin«, antwortete Coleridge offenherziger als sonst Woodrow gegenüber. »Gar nicht sicher. Genauer gesagt, bin ich sogar mächtig unsicher, ob ich auch nur irgendwas an der Sache billigen kann. Nein, ich kann es nicht. Ich weigere mich. Zur Hölle mit Bernard Arschloch Pellegrin und seinen Machenschaften. Und was für ein Arschloch er ist. Noch nicht mal Tennis spielen kann der Kerl. Und das werd ich ihm sagen.«
    An jedem anderen Tag hätte Woodrow einen solch unzweideutigen Beweis für tief greifende Unstimmigkeiten willkommen geheißen und sein wenn auch bescheidenes Bestes getan, sie weiter zu schüren. Heute aber war seine Erinnerung an das Krankenhaus so lebhaft und hartnäckig, dass er sich ihr nicht entziehen konnte, was ihn mit Feindseligkeit gegenüber einer Welt erfüllte, die ihn gegen seinen Willen gefangen hielt.
    Der Fußweg von der Residenz des Hochkommissars zu seinem Haus nahm nicht mehr als zehn Minuten in Anspruch. Unterwegs wurde er zur wandelnden Zielscheibe für bellende Hunde, bettelnde Kinder,

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