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Der ewige Gaertner

Der ewige Gaertner

Titel: Der ewige Gaertner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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gelegen hat, bis es in die Gladstone-Tasche gewandert ist, behält Justin für sich.
    Jetzt ist es an Lesley, vorsichtig zu sein. »Hatte sie aus diesem Grund ein spezielles Interesse an Tbc?«
    »Ob es ein spezielles Interesse war, weiß ich nicht. Wie Sie vorhin selbst sagten, hat sie sich, bedingt durch ihre Arbeit in den Slums, für eine ganze Reihe von medizinischen Problemen interessiert. Tuberkulose war eins davon.«
    »Aber wenn ihr Großvater daran gestorben ist, Justin –«
    »Was Tessa besonders missfallen hat, war die sentimentale Verklärung der Krankheit in der Literatur«, fällt Justin ihr ernst ins Wort. »Keats, Stevenson, Coleridge, Thomas Mann – sie hat immer gesagt, dass alle, die Tbc romantisch finden, sich mal an das Sterbebett ihres Großvaters hätten setzen sollen.«
    Wieder sucht Robs stiller Blick Lesleys Zustimmung und bekommt sie gewährt. »Würde es Sie also überraschen zu hören, dass wir bei einer nicht autorisierten Durchsuchung von Arnold Bluhms Wohnung die Durchschrift eines alten Briefs gefunden haben, den er an den Chef der Marketing-Abteilung von ThreeBees geschickt hatte und in dem er vor den Nebenwirkungen eines neuen Medikaments zur Kurzzeittherapie gegen Tuberkulose warnt, das von ThreeBees vertrieben wird?«
    Justin zögert keine Sekunde. Die gefährliche Wendung des Verhörs ruft seine diplomatischen Fertigkeiten wach. »Warum sollte es mich überraschen? Bluhms NGO hat ja von Haus aus ein großes fachliches Interesse an Dritte-Welt-Medikamenten. Arzneimittel sind der größte Skandal in Afrika. Wenn es eins gibt, was die Gleichgültigkeit des Westens gegenüber dem Leid Afrikas deutlich macht, dann ist es der erbärmliche Mangel an wirksamen Medikamenten. Und außerdem die schändlich hohen Preise, die die Pharmafirmen seit dreißig Jahren dafür verlangen.« Er zitiert Tessa, aber ohne ihr die Worte zuzuschreiben. »Ich bin sicher, dass Arnold Dutzende solcher Briefe geschrieben hat.«
    »Dieser hier war versteckt«, sagt Rob. »Zusammen mit einem Haufen technischer Daten, aus denen wir nicht schlau werden.«
    »Nun, hoffen wir, dass Sie Arnold bald bitten können, sie für Sie zu entschlüsseln – wenn er zurück ist«, sagt Justin spröde und verhehlt nicht, wie überaus geschmacklos er es findet, dass sie ohne Bluhms Wissen in seinen Sachen gewühlt und seine Briefe gelesen haben.
    Lesley übernimmt wieder die Führung. »Tessa besaß einen Laptop, nicht wahr?«
    »Ja, in der Tat.«
    »Welches Fabrikat?«
    »Ich komme nicht auf den Namen. Klein, grau und japanisch – das ist so ungefähr alles, was ich Ihnen darüber sagen kann.«
    Eine glatte Lüge. Er weiß es, sie wissen es. Den Gesichtern der Beamten nach zu urteilen, belastet nun ein Gefühl des Verlusts ihre Beziehung zu ihm, ein Hauch von enttäuschter Freundschaft. Aber für Justin ist es anders. Justin kennt nur noch diese starre Verweigerungshaltung, wenn er sie auch diplomatisch verbrämt. Denn dies ist die Schlacht, für die er sich Tage und Nächte hindurch gewappnet hat in der Hoffnung, dass er sie nie würde schlagen müssen.
    »Sie hatte ihn in ihrem Arbeitszimmer, richtig? Wo auch ihre Pinnwand war, wo sie ihre Papiere und ihre Forschungsunterlagen aufbewahrte.«
    »Wenn sie ihn nicht bei sich hatte, ja.«
    »Hat sie ihn benutzt, um Briefe damit zu schreiben?«
    »Ich glaube schon.«
    »Und E-Mails?«
    »Häufig.«
    »Und sie hat auch Sachen ausgedruckt, ja?«
    »Manchmal.«
    »Vor fünf oder sechs Monaten hat sie einen langen Text geschrieben – ungefähr achtzehn Seiten Brief nebst Anhang. Es war ein Protest gegen irgendeinen Missbrauch, wahrscheinlich medizinischer oder pharmazeutischer Art oder beides. Eine Fallgeschichte, die Beschreibung einer sehr ernsten Angelegenheit, die sich hier in Kenia abspielte. Hat sie Ihnen den Text gezeigt?«
    »Nein.«
    »Und Sie haben ihn auch nicht gelesen – auf eigene Faust, ohne Tessas Wissen?«
    »Nein.«
    »Sie wissen also gar nichts darüber. Wollen Sie das damit sagen?«
    »Ich fürchte ja.« Mit einem bedauernden Lächeln schluckt Justin.
    »Wir haben uns nämlich gefragt, ob dies womöglich etwas mit dem großen Verbrechen zu tun hatte, dem sie auf der Spur zu sein glaubte.«
    »Verstehe.«
    »Und ob ThreeBees etwas mit diesem großen Verbrechen zu tun haben könnte.«
    »Möglich ist das.«
    »Aber sie hat Ihnen den Text nicht gezeigt?«, fragt Lesley beharrlich.
    »Wie ich schon mehrfach sagte: nein.« Fast hätte er hinzugefügt:

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