Der ewige Gaertner
sind privat und persönlich. Ich habe nicht die Absicht, Ihnen oder sonst jemandem Einblick zu gewähren, solange ich sie nicht selbst gelesen habe.«
Hochrot im Gesicht entgegnet Lesley: »Wenn wir in England wären, Justin, würde ich Ihnen, ehe Sie sich’s versehen, eine Vorladung um die Ohren hauen.«
»Aber wir sind nun mal nicht in England. Sie haben keinen Durchsuchungsbefehl und meines Wissens keinerlei Befugnisse hier vor Ort.«
Lesley ignoriert ihn. »Wenn wir in England wären, würde ich mir sofort einen Durchsuchungsbefehl holen und dieses Haus von oben bis unten auf den Kopf stellen. Jedes Schmuckstück, jedes Blatt Papier und jede Diskette würde ich beschlagnahmen, alles, was Sie aus Tessas Arbeitszimmer mitgenommen haben. Und den Laptop. Und ich würde alles einzeln durchkämmen.«
»Aber Sie haben doch schon mein Haus durchsucht, Lesley«, protestiert Justin gelassen von seinem Sessel aus. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass Woodrow erfreut wäre, wenn Sie jetzt auch noch seins auf den Kopf stellen würden. Und ich werde Ihnen ganz sicher nicht gestatten, bei mir zu versuchen, was Sie bei Arnold einfach ohne dessen Einwilligung getan haben.«
Lesleys saure Miene und die Röte in ihrem Gesicht zeigen, wie gekränkt sie ist. Rob dagegen ist ganz blass geworden und starrt sehnsüchtig auf seine geballten Fäuste.
»Warten Sie’s nur ab, morgen sprechen wir uns wieder«, sagt Lesley, als sie sich zum Gehen wenden.
Aber aufgeschoben heißt in diesem Fall auch aufgehoben, ihren hitzigen Worten zum Trotz. Die ganze Nacht und bis in den Vormittag hinein sitzt Justin auf der Bettkante und wartet, dass Rob und Lesley wie angedroht zurückkehren, bewaffnet mit ihren einstweiligen Verfügungen, Vorladungen und Durchsuchungsbefehlen und begleitet von einem Trupp blauer Jungs von der kenianischen Polizei, die ihnen die Drecksarbeit abnehmen. Wie seit Tagen geht Justin im Kopf alle Möglichkeiten und Verstecke durch. Er denkt wie ein Kriegsgefangener, betrachtet Wände, Fußböden und Decken und fragt sich: Wo? Er fasst den Plan, Gloria ins Vertrauen zu ziehen, verwirft ihn wieder. Ein weiterer Plan greift auf Mustafa und Glorias Hausdiener zurück. Wieder ein anderer betrifft Ghita. Doch das Einzige, was er von seinen Inquisitoren hört, ist ein Anruf von Mildren, der ihm mitteilt, die Polizeibeamten würden anderswo benötigt, und nein, es gebe nichts Neues von Arnold. Und als der Tag der Beerdigung naht, werden die Beamten noch immer anderswo benötigt – so jedenfalls kommt es Justin vor, als er hin und wieder den Blick über die Trauergäste schweifen lässt und die Abwesenheit seiner Freunde bemerkt.
***
Das Flugzeug war in ein Land immer währender Vordämmerung eingetaucht. Vor Justins Kabinenfenster wälzten sich endlose Wellen eines gefrorenen Meeres der bleichen Unendlichkeit entgegen. Um ihn herum schliefen in weiße Leichentücher gehüllte Passagiere in der unheimlichen Haltung von Toten. Eine Frau hielt den Arm hoch, als hätte eine Kugel sie aus dem Leben gerissen, während sie jemandem zuwinkte. Ein Mann hatte den Mund zu einem stummen Schrei geöffnet, eine Totenhand aufs Herz gelegt. Allein und als einziger aufrecht sitzend, wandte Justin sich wieder dem Fenster zu. Sein Gesicht schwebte darin neben Tessas, wie die Masken von Menschen, die er einst gekannt hatte.
NEUNTES KAPITEL
E s ist einfach furchtbar!«, heulte eine Gestalt mit schütterem Haar im voluminösen braunen Mantel, entriss Justin den Gepäckwagen und raubte ihm mit einer ungestümen Umarmung die Sicht. » Es ist so gemein und so verdammt unfair und so furchtbar schrecklich. Erst Garth, und jetzt Tessa.«
»Danke, Ham.« Justin erwiderte die Umarmung, so gut es eben ging, mit beiden Armen fest an den Körper gepresst. »Und danke, dass du zu dieser unchristlichen Stunde hergekommen bist. Nein, das nehme ich, danke sehr. Du kannst den Koffer tragen.«
»Ich wäre auch bei der Beerdigung gewesen, wenn du mich gelassen hättest! Mein Gott, Justin!«
»Es war besser, dass du hier die Stellung gehalten hast«, sagte Justin freundlich.
»Ist der Anzug warm genug? Muss doch arschkalt sein hier, nach dem sonnigen Afrika.«
Arthur Luigi Hammond war alleiniger Inhaber der Anwaltskanzlei Hammond Manzini mit Sitz in London und Turin. Hams Vater hatte mit Tessas Vater an der juristischen Fakultät in Oxford und später in Mailand allerhand Unfug getrieben. Und gemeinsam hatten sie in einer großen Kirche in Turin zwei
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