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Der ewige Held 02 - Der Phönix im Obsidian

Der ewige Held 02 - Der Phönix im Obsidian

Titel: Der ewige Held 02 - Der Phönix im Obsidian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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gesetzwidrig, denn die Ermordeten verlangten ebensosehr zu sterben, wie der Mörder zu töten.
    Diese bleichen Menschen ohne Zukunft, ohne Hoffnung, nichts anderes als den Tod vor Augen, ergaben sich dem Schmerz ebenso wie der Lust.
    Rowenarc war eine Stadt, in der der Wahnsinn herrschte. Eine furchtbare Geistesverwirrung hatte sich ausgebreitet wie eine Seuche, und ich fand es bedauerlich, daß dieses hochentwickelte und begabte Volk seine letzten Jahre mit so ausschließlich auf Selbstzerstörung ausgerichteten Tagen vergeudete.
    In den grotesken Säulenhallen, Sälen und Gängen hallten Schreie -gellende Schreie der Lust, heulende Schreie der Qual - Stöhnen, Ächzen und Brüllen.
    An all diesem mußte ich vorübergehen, manchmal über einen ausgestreckten, besinnungslosen Körper stolpernd, manchmal die Arme eines nackten Mädchens abwehrend, das kaum der Pubertät entwachsen war.
    Selbst die Bücher waren eine Enttäuschung. Auf seine Art hatte Fürst Shanosfane mich davor gewarnt. Die meisten Exemplare waren Beispiele einer völlig dekadenten Prosa, so verworren, daß jede Bedeutung verlorengegangen war. Nicht nur Romane, sondern auch die Sachbücher waren in diesem Stil verfaßt. Mein Kopf wirbelte, als ich vergeblich suchte, irgendeinen Sinn darin zu entdecken.
    Bei anderen Gelegenheiten, nachdem ich die Beschäftigung mit den Büchern aufgegeben hatte, konnte es geschehen, daß ich von einem Säulengang aus Fürst Shanosfane durch eine Halle wandern sah, während um ihn herum seine Untertanen hurten, ihm nachstierten und obszöne Gesten vollführten. Manchmal blickte er auf, neigte den Kopf zur Seite, betrachtete sie mit einem leichten Stirnrunzeln und ging weiter.
    Die ersten Male rief ich ihn an, aber er beachtete mich ebensowenig wie jeden anderen. Ich fragte mich, welche Gedanken sich in diesem seltsamen, kalten Gehirn bewegen mochten. Ich war ziemlich sicher, daß ich aus einem Gespräch mit ihm mehr Nutzen ziehen konnte, als aus all den Texten, die ich durchgearbeitet hatte; aber seit dem Tag in Rowenarc hatte er mir keine weitere Audienz gewährt.
    Mein Aufenthalt in Rowenarc glich so sehr einem Traum, daß ich vielleicht deshalb in den ersten fünfzig Nächten nicht von Träumen geplagt wurde. Aber in der - nach meiner Rechnung - einundfünfzigsten Nacht, kehrten die vertrauten Bilder zurück.
    Sie hatten mich entsetzt, als ich in Ermizhads Armen lag.
    Jetzt waren sie mir beinahe willkommen ...
     
    ICH STAND AUF EINEM HÜGEL UND SPRACH MIT EINEM GESICHTSLOSEN RITTER IN SCHWARZGOLDENER RÜSTUNG.
    EINE BLASSE FAHNE OHNE WAPPEN FLATTERTE AN EINER ZWISCHEN UNS AUSGERICHTETEN STANGE.
    UNTER UNS, IM TAL, BRANNTEN DÖRFER UND STÄDTE. ÜBERALL LODERTEN ROTE FLAMMEN. SCHWARZER QUALM BALLTE SICH ÜBER DEM SCHLACHTFELD, DAS NUR VON ZEIT ZU ZEIT SICHTBAR WURDE.
    MIR SCHIEN, DASS DIE GESAMTE MENSCHLICHE RASSE IN DIESEM TAL KÄMPFTE - JEDES MENSCHLICHE WESEN, DASS JEMALS GEATMET HATTE, WAR DORT, AUSSER MIR.
    ICH SAH GROSSE HEERE HIN UND HER MARSCHIEREN. ICH SAH RABEN UND GEIER AUF DEN SCHLACHTFELDERN SCHMAUSEN. ICH HÖRTE DEN FERNEN KLANG VON TROMMELN UND GEWEHREN UND TROMPETEN.
    »IHR SEID GRAF URLIK SKARSOL VON DER EISFESTUNG«, SAGTE DER RITTER OHNE GESICHT.
    »ICH BIN EREKOSE, ANGENOMMENER PRINZ DER ALTEN«, ERWIDERTE ICH FEST.
    DER RITTER OHNE GESICHT LACHTE. »NICHT MEHR, HELD. NICHT MEHR.«
    »WARUM LÄSST MAN MICH SO LEIDEN HERR RITTER IN SCHWARZ UND GOLD?«
    »IHR BRAUCHTET NICHT ZU LEIDEN, NICHT, WENN IHR EUER SCHICKSAL AKZEPTIEREN WÜRDET. IMMERHIN, IHR SEID UNSTERBLICH. ZWAR MAG ES SCHEINEN, ALS WÜRDET IHR UNTERGEHEN, ABER EURE WIEDERGEBURTEN SIND ZAHLLOS.«
    »ABER DIESES WISSEN IST DER GRUND, WESHALB ICH LEIDE. KÖNNTE ICH MICH AN VORANGEGANGENE INKARNATIONEN NICHT ERINNERN, DANN WÜRDE ICH JEDES LEBEN FÜR MEIN EINZIGES HALTEN.«
    »MANCHE MENSCHEN WÜRDEN VIEL FÜR DIESES WISSEN GEBEN.«
    »DAS WISSEN IST UNVOLLSTÄNDIG. ICH KENNE MEIN SCHICKSAL, ABER ICH WEISS NICHT, WIE ICH ES VERDIENTE. ICH BEGREIFE DIE STRUKTUR DES UNIVERSUMS NICHT, DURCH DAS ICH SCHEINBAR ZIELLOS GESCHLEUDERT WERDE.«
    »ES IST EIN ZIELLOSES UNIVERSUM. ES HAT KEINE FESTE STRUKTUR.«
    »WENIGSTENS DAS HABT IHR MIR GESAGT.«
    »ICH WERDE JEDE FRAGE BEANTWORTEN, DIE IHR MIR STELLT. WARUM SOLLTE ICH LÜGEN?«
    »DANN IST DAS MEINE ERSTE FRAGE: WARUM SOLLTET IHR LÜGEN?«
    »IHR SEID ÜBERVORSICHTIG, HELD. ICH WÜRDE LÜGEN, WENN ICH EUCH HINTERGEHEN WOLLTE.«
    »LÜGT IHR?«
    »DIE ANTWORT IST .«
    DER RITTER IN SCHWARZ UND

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