Der ewige Held 02 - Der Phönix im Obsidian
warf ich mich auf das Mädchen.
»Nun gut«, schwor ich, »wenn dir an solchen Spielen liegt - du kannst mehr davon bekommen, als dir lieb ist!«
Als der Morgen anbrach, lag ich erschöpft in meinem zerwühlten Bett, während das Mädchen aus der Tür stolperte, einen seltsamen Ausdruck im Gesicht. Ich glaube nicht, daß die Nacht ihr Vergnügen bereitet hatte. Mir gewiß nicht. Ich empfand nur Abscheu für das, was ich getan hatte.
Während der ganzen Zeit brannte ein Bild in meinem Hirn. Vielleicht hatte dieses Bild mich dazu getrieben, das Mädchen auf so gewaltsame Art zu nehmen. Ich wußte es nicht. Aber ich war sicher, daß ich es wieder tun würde, wenn ich damit das Bild des Schwarzen Schwertes wenigstens für einige Momente aus meinen Gedanken löschen konnte.
In der nächsten Nacht schlief ich traumlos, aber die alte Furcht hatte wieder von mir Besitz ergriffen. Und als das Mädchen, über das ich in der vorigen Nacht hergefallen war, mit einem albernen Lächeln mein Zimmer betrat, hatte ich sie fast wieder herausgeworfen, bevor ich herausfand, daß sie mir eine Nachricht von Bischof Belphig brachte, dessen Sklavin sie augenscheinlich war.
»Mein Herr ist der Meinung, daß eine Abwechslung Eure Laune verbessern würde. Morgen schifft er sich zu einer großen Jagd ein und fragt, ob Ihr ihn begleiten möchtet.«
Ich warf das Buch zur Seite, an dem ich gerade herumrätselte. »Ja«, erwiderte ich. »Ich werde kommen. Eine Jagd scheint mir ein besserer Zeitvertreib als diese verdammten Bücher.«
»Werdet Ihr mich mitnehmen, Graf Urlik?«
Der lüsterne Ausdruck in ihrem Gesicht, die feuchten Lippen und ihre Art, sich zu bewegen, machten mich schaudern.
»Warum nicht?«
Aber ich zuckte die Schultern.
Sie kicherte. »Und soll ich eine hübsche Freundin mitbringen?«
»Tu, was du willst.«
Aber als sie gegangen war, warf ich mich auf dem harten Obsidianboden auf die Knie, vergrub den Kopf in den Armen und weinte.
»Ermizhad! Oh, Ermizhad!«
VI
DAS GROSSE SALZMEER
Ich traf Bischof Belphig am nächsten Morgen auf dem äußeren Verbindungsweg. Selbst in dem Licht dieser ewigen Dämmerung waren die Unzulänglichkeiten seines Gesichts zu erkennen, das sich vergeblich hinter dicker Schminke zu verbergen suchte. Da waren das feiste Kinn, die Tränensäcke unter den Augen, der abwärts gebogene, genußsüchtige Mund, die Spuren der Ausschweifungen - und alles mit Salben und Farben verschmiert, die ihn nur noch abscheulicher aussehen ließen.
Der geistliche Fürst wurde von seinem Gefolge begleitet - angemalten Knaben und Mädchen, die sich kichernd und flüsternd mit dem Gepäck beschäftigten und in der kalten Luft fröstelten.
Der Bischof schob eine dickliche Hand unter meinen Arm und führte mich zur Bucht hinab, wo ein eigenartiges Schiff auf uns wartete.
Ich ertrug seine Vertraulichkeit und blickte mich um, weil ich sehen wollte, ob meine Waffen sich bei dem Gepäck befanden. Man hatte sie nicht vergessen. Sklaven plagten sich mit meinem langen, silberbeschlagenen Speer und der Streitaxt.
Warum ich mich entschlossen hatte, die Waffen mitzunehmen, konnte ich nicht einmal sagen, aber offensichtlich hielt der Bischof meine Entscheidung nicht für unpassend, wenn ich auch das Gefühl hatte, daß er nicht besonders glücklich darüber war.
Trotz aller dort herrschenden Verworfenheit und Verzweiflung fand ich Rowenarc selbst nicht bedrohlich. Die Bewohner hatten mir kein Leid zugefügt, und nachdem sie gemerkt hatten, daß ich an ihren Vergnügungen nicht teilnehmen wollte, ließen sie mich zumeist in Frieden. Sie waren neutral. Ebenso Fürst Shanosfane. Von Bischof Belphig allerdings hatte ich einen anderen Eindruck. Er verursacht mir ein Gefühl des Unbehagens, und ich kam allmählich zu der Auffassung, daß er das einzige Mitglied dieser seltsamen Gemeinschaft war, das noch auf irgendein Ziel hinarbeitete, wenn vielleicht auch pervers; einen Ehrgeiz entwickelte, der sich nicht nur darauf beschränkte, neue Wege zu finden, um sich die Zeit zu vertreiben.
Und doch war Bischof Belphig allem Anschein nach der hingebungsvollste Genießer, und es war nur mein vielleicht zu puritanisches Auge, das in ihm eine Gefahr zu sehen glaubte. Ich rief mir ins Gedächtnis, daß er der einzige Bewohner Rowenarcs war, der eine gewisse Verschlagenheit gezeigt hatte.
»Nun, mein lieber Graf Urlik, was haltet Ihr von unserem Boot?« Belphig deutete mit einem fetten, ringgeschmückten Finger auf das Schiff. Er trug
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