Der ewige Held 03 - Das ewige Schwert
Wir werden Euch eines bringen lassen. Sobald Ihr am Ziel seid, wird es aus eigenem Antrieb zu uns zurückkehren.«
Und so, auf einer hölzernen Plattform, die auf dem Rücken eines Tieres befestigt war, das in Größe und Gestalt an ein Rhinozeros erinnerte, begannen wir die Durchquerung der großen Wüste.
»Schon bald wird Sharadim alle Reiche kontrollieren außer Ghee- stenheem«, bemerkte Alisaard sorgenvoll. »Und selbst Gheestenheem könnte fallen, so sehr vergrößert sich ihre Macht. Sie befehligt inzwischen Millionen von Kriegern. Und es scheint, daß sie den Leichnam ihres toten Bruders wiederbelebt hat, um die Bewohner von Fluugens- heem zu beeindrucken.«
»Das ist etwas, was ich nicht verstehe«, sagte ich schaudernd. »Wißt Ihr, was sie vorhat?«
»Ich glaube schon. Fluugensheems Legenden und Mythen haben viel mit dem Thema der Dualität zu tun. Sie blicken auf ein Goldenes Zeitalter zurück, als sie von einem König und einer Königin regiert wurden, und alle ihre Städte am Himmel schwebten. Jetzt gibt es nur noch eine davon, und diese wird alt, denn das Wissen, neue Schiffe zu bauen, haben sie verloren. Auch sie, scheint es, kamen ursprünglich aus einem anderen Reich. Wenn Sharadim in der Lage war, den Leichnam von Flamadin mit einem Scheinleben zu erfüllen, dann bedeutet das auch, daß ihre vom Chaos bezogene Macht größer ist als jemals zuvor. Zweifellos hat sie es fertiggebracht, die Fluugensheemer zu überzeugen, daß die Geschichten betreffs Flamadins Verbannung falsch waren. Sie ist geübt darin, sich den Eigentümlichkeiten all derer, die sie zu beeinflussen wünscht, anzupassen. Jedem der Sechs Reiche zeigt sie ein völlig anderes Gesicht - was immer die jeweiligen Bewohner in ihrem Idealismus und ihrer heimlichen Sehnsucht nach Ordnung und Frieden am meisten in ihr zu sehen wünschen ...«
»Sie ist, mit anderen Worten, ein klassischer Demagoge«, bemerkte von Bek und klammerte sich an den Rand der Plattform, als das Tier ins Stolpern geriet und sich mit einem lauten, von übelriechendem Atem begleiteten Schnaufen wieder fing. »Es war Hitlers Geheimnis, daß er für eine Gruppe dies zu sein schien, und für eine andere etwas vollkommen anderes. Dadurch steigen Demagogen so rasch auf. Diese Wesen sind bizarr. Sie können tatsächlich Farbe und Gestalt verändern. Genaugenommen sind sie eine formlose Masse, aber gleichzeitig haben sie einen erbarmungslosen Willen, über andere zu herrschen, der fast ihre einzige beständige Eigenschaft ist, ihre einzige Wirklichkeit.«
Alisaard war beeindruckt. »Ihr habt die Geschichte Eurer Welt studiert?« fragte sie. »Ihr wißt über Tyrannen Bescheid?«
»Ich bin das Opfer eines solchen«, antwortete von Bek. »Und wie es aussieht, werde ich auch noch das eines zweiten sein, wenn wir keinen Erfolg haben!«
Sie griff nach seiner Hand. »Ihr müßt Euren Mut bewahren, Graf von
Bek. Er ist beträchtlich und hat Euch bereits sehr geholfen. Ich habe nur wenige gekannt, die so tapfer waren wie Ihr.«
Ich sah, wie seine Finger sich um ihre Hand schlossen.
Und wieder spürte ich diesen furchtbaren, ungerechtfertigten, ungewollten Stich der Eifersucht, als hätte meine Ermizhad ihre Zuneigung einem Rivalen geschenkt. Als machte dieser Rivale der einzigen Frau den Hof, die ich je wirklich geliebt hatte!
Sie merkten, daß mit mir etwas nicht stimmte und stellten besorgte Fragen. Ich wehrte ab und behauptete, die Hitze der alten, roten Sonne über uns würde mir zu schaffen machen. Dann schützte ich Müdigkeit vor, bettete den Kopf auf die gekreuzten Arme und versuchte zu schlafen, die abstoßenden Gedanken und Gefühle zu vertreiben, die mich durchtobten.
Gegen abend hörte ich von Bek einen Ruf ausstoßen. Ich hob den Kopf und sah, daß sein Arm jetzt um Alisaards Schultern lag. Er deutete auf den Horizont, wo jetzt die Sonne im Sand der Wüste zu versinken schien, als würde sie aufgesogen wie Blut. Vor dieser purpurnen Halbkugel erhoben sich die schwarzen Umrisse eines einzelnen Berges.
»Das kann nur Tortacanuzoo sein«, meinte Alisaard. Ihre Stimme zitterte, aber ob der Grund dafür von Beks Nähe war oder Erregung über das Wagnis, das zu unternehmen wir im Begriff standen, vermochte ich nicht zu sagen.
Jeder in seine eigenen Gedanken versunken, starrten wir drei schweigend auf das Tor zu dem Reich des Erzherzogs Balarizaaf. So nah vor dem Ziel wurden wir uns erst der Ungeheuerlichkeit unseres Abenteuers bewußt, und wie gering unsere
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