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Der ewige Held 03 - Das ewige Schwert

Der ewige Held 03 - Das ewige Schwert

Titel: Der ewige Held 03 - Das ewige Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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brauchen Rat. Bist du wirklich ein Zeichen der Alten Götter? Werden sie uns tatsächlich auf den rechten Pfad führen, um die Vorherrschaft Deutschlands über die ganze Welt zu erreichen?«
    »Der Kelch kann nicht zu uns sprechen, Herr Doktor!« Adolf Hitler gab sich auf einmal verächtlich, weil er die Verunsicherung seines Ministers im Angesicht dieses Ereignisses spürte. »Man muß ihn in die Hand nehmen. Dann wird die Wahrheit enthüllt. So wird das doch gemacht?«
    »Nein, nein, nein!« Göring kam endlich auf die Füße, er atmete schwer. Seine Augen waren rot, seine Nase lief, und dünne Speichelfäden klebten an seinen Lippen. Er holte tief und zitternd Atem. »Es gehört noch ein Mädchen dazu. Ein Mädchen, das den Gral bewahrt. Eine Rheinmaid, he? Ich weiß. Wagner, he?« Und er kicherte.
    Ich mochte kaum glauben, daß dies die Männer waren, die den Lauf der Geschichte meiner Welt so stark beeinflußt hatten. Man konnte wohl davon ausgehen, daß sie alle unter Drogen standen. Sie benahmen sich wie alberne Kinder. Und doch glaube ich, ich hätte begreifen müssen, daß es in der Natur aller derartigen Kreaturen liegt, im Herzen kindisch zu sein. Nur Kinder glauben, gewaltige Macht an sich reißen zu können, ohne den Preis dafür bezahlen zu müssen. Und der Preis ist sehr oft die geistige Gesundheit desjenigen, der sich die Macht angeeignet hat. In gewisser Weise waren diese drei Männer in noch größerem Maße die Zerrbilder ihres früheren Selbst als die armseligen, mißgestalteten Geschöpfe des Chaos, die uns verfolgten. Waren sie sich dessen bewußt? Und förderte dieses Bewußtsein ihre Bereitschaft, sich immer noch tiefer in Korruption und schließlich in Wahnsinn zu stürzen?
    »Ja«, bemerkte Adolf Hitler mit beinahe lächerlicher Dünkelhaftigkeit. »Rheinmaiden. Walküren. Wotan persönlich. Dieser Kelch ist lediglich ein Zeichen ihrer Gegenwart.«
    In diesem Ton ging es weiter. Ich glaube, sie hatten diese Erscheinung nie gewollt. Die Rituale, die sie abhielten, dienten lediglich zur Befriedigung ihres Bedürfnisses, an die Richtigkeit ihrer Taten glauben zu können. Dieses Gewölbe unterhalb der Nürnberger Festung, die Gewänder, die Beschwörungen, waren ein Mittel, ihre nachlassenden, drogenabhängigen Energien anzufachen, ein Weg, sich selbst von ihrem mystischen Schicksal zu überzeugen.
    Und jetzt dämmerte mir, daß der Gral nicht als Antwort auf Doktor Goebbels' Beschwörungen erschienen war. Er war erschienen, weil wir uns hier befanden - oder, genauer, weil von Bek sich hier befand. Ich schaute zu meinem Freund. Ein verzauberter Ausdruck lag auf seinem Gesicht, als er den Gral betrachtete. Offenbar war ihm trotz der Legenden seiner Familie noch nicht der Gedanke gekommen, daß die goldene Schale in einer besonderen Beziehung zu ihm stand.
    Hitler trat vor; sein sonderbares kleines Gesicht war plötzlich nüchtern, als er seine zitternden Hände nach dem Gral ausstreckte. Das Leuchten der Schale betonte die Blässe seiner Haut, das Ungesunde seiner Erscheinung. Ich konnte nicht glauben, daß einem derart verderbten Wesen gestattet sein würde, den Gral auch nur anzusehen, geschweige denn, ihn zu berühren.
    Diese zu Krallen gebogenen Finger, an denen schon das Blut von Millionen klebte, griffen nach dem singenden Kelch. Die Augen reflektierten den Glanz, funkelten wie kleine Glasmurmeln; die feuchten Lippen öffneten sich, die Gesichtsmuskeln zuckten.
    »Ihr begreift wohl, meine Freunde, daß dies die Quelle der Energie ist, die wir suchen. Dies ist die Macht, die uns ermöglichen wird, jeden Feind in die Knie zu zwingen. Die Juden suchen wie üblich in der falschen Richtung nach Mitteln, eine Atombombe zu bauen. Wir aber haben diese Mittel gefunden, hier in Nürnberg. Mitten im Herzen unserer geistigen Festung! Hier ist Energie, um den ganzen Erdball zu zerstören, oder ihn so wieder aufzubauen, wie es uns vorschwebt! Wie erbärmlich ist das Ding, das man Wissenschaft nennt. Wir besitzen etwas viel Besseres. Glauben. Wir haben hier eine Kraft, die größer ist als die Vernunft! Wir haben Weisheit, die über einfaches Wissen hinausgeht. Wir haben den Heiligen Gral. Den Kelch grenzenloser Macht!« Und seine Hände griffen wie schwarze Klauen in das reine Licht, reckten sich nach dem Gral, kurz davor, etwas von so wunderbarer Heiligkeit zu besudeln, daß mir bei dem Gedanken schon übel wurde.
    Aber die Musik des Grals wurde lauter. Es war beinahe wie ein Ruf des Schreckens über

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