Der ewige Held 03 - Das ewige Schwert
gefaltete Seide und kariertes Tuch, auf den Schultern eine Art zierlichen Rahmen, in dem über ihren Köpfen ein Banner hing - zweifellos mit dem Wappen der jeweiligen Familie.
Von Bek runzelte die Stirn. »Ich bin überrascht. Es ist, als schaute ich auf die sagenhaften Gründer Berlins! Sie wissen, es gibt Legenden . Meine Familie kennt Geschichten über intelligente Tiere. Ich dachte, sie handelten von Wölfen, aber es müssen Bären gewesen sein. Haben Sie auf Ihren Reisen etwas wie die Bärenprinzen zu Gesicht bekommen, Daker?«
»Nicht ganz so wie sie«, antwortete ich. Ich war tief beeindruckt von ihrer Schönheit. Bald standen auch sie um den Begegnungsstein, und es gelang uns, ein paar Worte der Zeremonie aufzuschnappen. Jeder der Anwesenden nannte seinen oder ihren Namen. Jeder beschrieb seine oder ihre Pläne für dieses Treffen. Sobald das abgeschlossen war, verkündete einer der Kapitänbarone: »Bis zum Morgen!«
Die Antwort ertönte: »Bis zum Morgen!« Dann gingen sie alle ihrer Wege, zurück zu den Schiffen.
Ich hatte angestrengt zugehört, als die Geisterfrauen ihre Namen nannten, aber nichts vernommen, was auch nur entfernt wie ›Ermiz- had‹ klang.
In dieser Nacht waren wir die Gäste der Studenten und schliefen in ihrer bereits überfüllten Unterkunft, gepeinigt von Asche und Zugluft, hin und her gerollt von plötzlichen Bewegungen des Schiffes, das, obwohl es vor Anker lag, in Abständen von einem merkwürdigen Zittern durchlaufen wurde, wie ein Mensch in unruhigem Schlummer. Mir kam es vor, als spiegelte Der Grimmige Schild meinen eigenen Seelenzu- stand wider.
Wieder wurde mein Schlaf von Alpträumen unterbrochen. Ich hörte die Geisterfrauen singen, aber nicht in meinen Träumen, sondern in ihrem Lager. Ich sehnte mich danach, zu ihnen zu gehen, aber als ich mich erhob, wurde ich von Jurgin und von Bek zurückgehalten.
»Sie müssen geduldig sein«, mahnte von Bek. »Denken Sie an das
Versprechen, das Sie uns gegeben haben.«
»Aber sie rufen nach Sharadim. Ich muß herausfinden, was sie wollen.«
»Wenn sie Sharadim rufen, wollen sie nicht Sie.« Von Beks Stimme klang eindringlich. »Wenn Sie jetzt hinübergehen, wird das Armiad und seinen Männern nicht verborgen bleiben. Sie werden sich berechtigt fühlen, Sie zu töten. Warum das riskieren, wenn Sie morgen im Rahmen des Treffens mit ihnen sprechen können?«
Ich gab zu, daß ich mich kindisch benommen hatte. Mich mühsam beherrschend, legte ich mich wieder hin. Durch die Lücken in der Dek- ke schaute ich zu den gelegentlichen Wolken glühender Asche in dem grauen, kalten Himmel auf und versuchte, weder an Ermizhad noch an die Geisterfrauen zu denken. Ich schlief ein wenig, aber der Schlaf gab den Stimmen nur die Möglichkeit, um so lauter in meinen Ohren zu tönen.
»Ich bin nicht Sharadim!« rief ich endlich, als meine Widerstandskraft erschöpft war. Der Morgen dämmerte. Um mich herum regten sich die Schläfer. Bellanda kam auf mich zu. »Was ist, Flamadin?«
»Ich bin nicht Sharadim!« sagte ich zu ihr. »Sie wollen, daß ich meine Schwester bin. Was hat das zu bedeuten? Sie rufen mich - aber bei dem Namen meiner Schwester. Könnten Sharadim und Flamadin ein und dieselbe Person sein?«
»Ihr seid Zwillinge. Aber Ihr seid ein Mann, sie ist eine Frau. Man könnte euch nicht verwechseln .« Bellandas Stimme klang noch verschlafen. »Vergebt mir. Ich glaube, ich rede Unsinn.«
Ich berührte ihren Arm. »Nein, Bellanda, ich muß mich entschuldigen. Ich rede zur Zeit dauernd Unsinn.«
Sie lächelte. »Wenn Ihr der Meinung seid, könnt Ihr nicht völlig verrückt sein. Ihr sagt, diese Frauen riefen mit ihrem Gesang die Prinzessin Sharadim? Ich konnte es nicht so genau verstehen. Es hörte sich an wie eine Beschwörung. Glauben Sie, Sharadim wäre ein übernatürliches Geschöpf?«
»Das kann ich nicht sagen. Bis jetzt habe ich immer den Namen erkannt, den ich in meinen Träumen hörte. Ich habe darauf reagiert. Ich war Urlik Skarsol, dann eine Reihe von anderen Inkarnationen, dann wieder Skarsol und jetzt Flamadin. Tatsache ist, Bellanda, daß ich tief in meinem Innern weiß, daß sie nach mir rufen sollten!«
Aber weil sich das sehr nach den Wahnvorstellungen eines Egozentrikers anhörte (und vielleicht auch war), behielt ich alles weitere für mich. Achselzuckend legte ich mich wieder auf meine Decke. »Später«, sagte ich, »werde ich mit ihnen von Angesicht zu Angesicht sprechen können.«
Als ich wieder
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