Der ewige Held 03 - Das ewige Schwert
herabhing, fesselte unsere Aufmerksamkeit. Es war ein Zierkäfig, in dem, nach den Exkrementen an Seiten und Boden zu urteilen, einst ein riesiger Vogel gesessen hatte.
Jetzt nicht mehr. Bei dem Gefangenen, der uns zwischen den engen Gitterstäben her musterte, handelte es sich um einen recht kleingewachsenen Mann. Gekleidet in eine an das Mittelalter erinnernde Tracht, schien er dankbar für unser Auftauchen zu sein. Wer konnte sagen, wie lange er schon in dem Käfig saß?
Hinter uns war Morandi Pag wieder in seinen Zustand der Geistesabwesenheit zurückgefallen.
»Ah ja«, sagte er. »Jetzt fällt mir wieder ein, wo ich den kleinen Mabden versteckt habe.«
Kapitel acht
Der Mann in dem Käfig war Jermays der Krüppel. Er erkannte mich fast sofort und lachte lauthals. »Ihr kommt wie gerufen, Meister Held! Ich bin froh, Euch zu sehen.«
Morandi Pag kam herangeschlurft, um an dem komplizierten Schloß herumzufingern. »Ich habe ihn hier hineingesteckt, als ich Euer Boot sichtete. So würde jeder Feind ihn für einen Sklaven oder ein Haustier halten, und ihn vielleicht unbehelligt lassen.«
»Hineingesteckt, wie ich hinzufügen möchte«, bemerkte Jermays ohne eine Spur von Boshaftigkeit oder Ärger, »gegen meinen Willen. Dies ist das fünfte Mal, daß Ihr mich in diesen verdammten Käfig gesperrt habt, Prinz Pag. Erinnert Ihr Euch denn nicht?«
»Habe ich Euch schon einmal hineingesperrt?«
»Ungefähr jedesmal, wenn ein Boot in Sichtweite kam.« Jermays kletterte mit seiner gewohnten Behendigkeit aus dem Käfig und ließ sich zu Boden fallen. Er schaute zu mir auf. »Glückwunsch, Meister Held. Eures ist das erste, das unbeschädigt hierhergelangte. Ihr müßt ein fähiger Steuermann sein.«
»Das Lob gebührt allein der Lady Alisaard. Sie ist eine Zauberin am Ruder.«
Jermays verbeugte sich vor der Gheestenheemerin. Der junge Zwerg mit seinen krummen Beinen und seinem dünnen, ingwerfarbenen Bart betrug sich mit einer gewissen Würde. Sie schien von ihm bezaubert zu sein. Als nächstes wandte er sich an Ulrich von Bek. Sie stellten sich gegenseitig vor.
»Ihr kennt meinen kleinen Mabden bereits?« erkundigte sich Moran- di Pag in vollkommen normalem Ton. »Es wird schön für ihn sein, andere seiner Art als Gefährten zu haben. Ihr seid der Held, ich weiß. Ja, ich weiß, Ihr seid der Held. Weil .« Und seine Augen wurden seltsam leer. Er stand mit halbgeöffnetem Maul und starrte vor sich hin.
Jermays sprang hinzu, nahm den alten Bären am Arm und führte ihn zu seinem Stuhl. »Er hat zuviel in seinem Kopf, da passiert das manchmal.«
»Ihr kennt ihn gut?« fragte Alisaard einigermaßen erstaunt.
»Oh, in der Tat. Seit ungefähr siebzig Jahren bin ich hier seine einzige Gesellschaft. Ich hatte keine Wahl. Die augenblicklichen Umstände bewirken, daß ich mich nicht nach freiem Willen durch die einzelnen Reiche bewegen kann, wie sonst manchmal. Allerdings muß ich sagen, daß jeder einzelne Tag sehr anregend gewesen ist. Nun aber, Ihr seid auf der Suche nach etwas.« Er half Morandi Pag behutsam, sich niederzulassen. »Ich wäre gern behilflich.«
»Morandi Pag sagte, er würde uns das Drachenschwert zeigen«, klärte von Bek ihn auf.
»Aha, hat er also von dem Scharlachroten Kristall gesprochen? Ja, ich weiß, wo er zu finden ist. Ich kann Euch ohne weiteres hinführen, aber wir werden Morandi Pag mit uns nehmen müssen. Denn ich bin nutzlos, wenn es um Zaubersprüche geht. Werdet Ihr ihm etwas Ruhe gönnen?«
»Wir sind auf einer verzweifelten Suche«, meinte Alisaard leise. »Die Zeit drängt.«
»Wir gehen jetzt gleich!« Morandi Pag erhob sich plötzlich, voller Energie. »Sofort! Es ist dringend, sagt Ihr? Sehr gut. Kommt, Ihr sollt das Drachenschwert sehen!«
Es gab eine schmale Tür in der Rückwand der Vorratskammer, in der wir Jermays gefunden hatten. Dort hindurch führte uns Morandi Pag, und zwei Wendeltreppen hinunter. Um uns herum konnten wir das Meer donnern und toben hören. Es war so laut, daß wir jeden Augenblick glaubten, es würde die Felsmauern durchbrechen und uns hinwegspülen.
Jermays der Krüppel entzündete eine Fackel, bückte sich bei ihrem Licht und zog mit seinen langfingrigen Händen an einer in den feuchten Boden eingelassenen Kette. Ein Schacht tat sich auf, aus dem ein dunstiger Lichtschimmer zu uns hinaufdrang. Jermays verschwand durch die Öffnung, nachdem er uns ein Zeichen gegeben hatte, ihm zu folgen.
Morandi Pag sagte: »Geht Ihr voran. Ich werde wegen
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