Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der ewige Krieg 03 - Der ewige Friede

Der ewige Krieg 03 - Der ewige Friede

Titel: Der ewige Krieg 03 - Der ewige Friede Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Haldeman
Vom Netzwerk:
das kostbare Holz. Mir fiel auf, dass Jefferson eine heitere, entspannte Miene aufgesetzt hatte, die mich an die Züge der Zwanzig erinnerte. Ingrams Gesichtsausdruck war dagegen im wahrsten Sinn des Wortes undurchdringlich; man hatte den Agenten mit Handschellen an die Armstützen seines Stuhls gefesselt.
    Ihnen gegenüber war ein Halbkreis von Stühlen aufgebaut. Dass der schmucklose helle Raum eigentlich als Operationssaal diente, erkannte man an den Leuchtrahmen entlang der Wände, in die man Röntgen- oder Positronaufnahmen spannen konnte.
    Amelia und ich nahmen auf den letzten freien Stühlen Platz. »Was ist mit Ingram?« fragte ich. »Brachte der Kontakt keinen Erfolg?«
    »Er machte einfach zu«, sagte Jefferson. »Als ihm klar wurde, dass er sich dem Umwandlungsprozess nicht widersetzen konnte, fiel er in eine Art Katatonie. Sein Zustand blieb nach dem Ausklinken unverändert.«
    »Vielleicht blufft er«, meinte Amelia, wahrscheinlich in Erinnerung an den Konferenzraum in St. Bartholomäus. »Und wartet auf eine Gelegenheit zum Zurückschlagen.«
    »Deshalb die Handschellen«, sagte Marty. »Er stellt im Moment ein großes Fragezeichen dar.«
    »Er ist einfach nicht da«, erklärte Jefferson. »Ich hatte mit mehr Menschen Gedankenkontakt als ihr alle zusammen, aber so etwas ist mir noch nie begegnet. Man kann sich nicht mental ausklinken, aber genau so fühlte sich sein Rückzug an. Als habe er beschlossen, den Stecker zu ziehen.«
    »Nicht gerade die beste Reklame für die Humanisierung«, sagte ich zu Marty. »Kann es sein, dass sie bei Psychopathen nicht wirkt?«
    »Das war der Begriff, den sie für mich verwendeten«, sagte Ellie mit heiterer Gelassenheit. »Und er traf hundertprozentig zu.« Sie hatte ihren Mann und ihre Kinder mit Benzin übergossen und angezündet. »Aber bei mir funktionierte die Methode, und sie funktioniert immer noch, nach all den Jahren. Ohne die Umwandlung hätte ich unweigerlich den Verstand verloren.«
    »Psychopathie umfasst ein weites Feld«, meinte Jefferson. »Ingram hält sich für zutiefst moralisch, obwohl er wiederholt Dinge getan hat, die alle von uns als unmoralisch empfinden würden, ja als im höchsten Grad verwerflich.«
    »Als ich mit ihm in Kontakt stand«, sagte ich, »reagierte er auf meine Empörung ungerührt, ja herablassend. Für ihn war ich ein hoffnungsloser Fall, der die Rechtmäßigkeit seines Handelns nie begreifen würde. Das war am ersten Tag.«
    »Wir schafften es in den nächsten beiden Tagen, ihn etwas mürbe zu machen«, sagte Jefferson, »indem wir versuchten, ihn nicht zu verurteilen, sondern ihm Verständnis entgegenzubringen.«
    »Wie kann man jemandem Verständnis entgegenbringen, der den Befehl ausführt, eine Frau zu vergewaltigen und anschließend zu verstümmeln? Er ließ sie gefesselt und geknebelt zurück, sodass sie verblutete. Ein bestialisches Vorgehen.«
    »Aber er ist ein Mensch«, sagte Jefferson, »und so abartig sein Verhalten erscheinen mag, es ist und bleibt das Tun eines Menschen. Ich glaube, das war es letztlich, was ihm den Verstand raubte – dass wir uns weigerten, in ihm eine Art Racheengel zu sehen. Dass er für uns nichts anderes war als ein bedauernswert kranker Mensch, der unsere Hilfe benötigte. Über deine Missbilligung konnte er sich lustig machen. Und mit Ellies christlicher Nächstenliebe wurde er ebenso wenig fertig wie mit meiner professionellen Neutralität.«
    »Im Normalfall wäre er inzwischen tot«, erklärte Dr. Orr. »Er hat seit dem dritten Tag weder feste noch flüssige Nahrung zu sich genommen. Wir mussten ihn an den Tropf hängen.«
    »Schade um die Glukose«, sagte ich.
    »Du weißt genau, dass das Unsinn ist.« Marty bewegte eine Hand vor Ingrams Gesicht hin und her. Der Mann blinzelte nicht. »Wir müssen herausfinden, warum das geschah und wie häufig so etwas ist.«
    »Sicher nicht allzu häufig«, meinte Mendez. »Ich klinkte mich vor, während und nach seinem Rückzug bei ihm ein. Dabei hatte ich immer den Eindruck, mit einem fremden Wesen Kontakt aufzunehmen – oder mit einem Tier.«
    »Das könnte hinkommen«, sagte ich.
    »Aber sein Verstand arbeitete sehr analytisch«, warf Jefferson ein. »Er studierte uns von Anfang an ganz gezielt.«
    »Nicht uns, sondern alles, was wir über Gruppenkommunikation wissen«, erklärte Ellie. »Als Menschen interessierten wir ihn nicht. Aber er hatte seinen Anschluss bis zu der Begegnung mit uns nur in einem sehr engen, eher kommerziellen Bereich

Weitere Kostenlose Bücher