Der ewige Krieg 03 - Der ewige Friede
eine Verletzung der menschlichen Grundrechte; wir sprechen von einer humanen Verhörmethode. Die Tatsache, dass einer von zehn derart Befragten stirbt oder einen Gehirnschaden erleidet, macht meiner Ansicht nach den moralischen Aspekt mehr als deutlich. Aber wir wenden die Methode schließlich nur bei Gefangenen an, die jegliche Kooperation verweigern.
Ich fand eine Rolle Isolierband, mit dem ich ihre Handgelenke fesselte. Anschließend wand ich ihr den Klebstreifen um Oberkörper und Knie und fixierte sie so auf der Liege.
Sie kam zu sich, als ich fast fertig war. »Ihr seid Monster«, sagte sie in perfektem Englisch.
»Das ist nun mal unsere Natur, Señora. Schließlich stammen wir von Menschen ab.«
»Ein Monster und ein Philosoph!«
Der Helikopter erwachte dröhnend zum Leben und wir hoben von der Hügelkuppe ab. Ich hatte einen Sekundenbruchteil Zeit, um mich abzustützen. Der Ruck war unerwartet, aber logisch: Welchen Unterschied machte es, ob ich mich im Bauch der Maschine befand oder an seiner Unterseite hing?
Nach etwa einer Minute flog der Helikopter ruhig und gleichmäßig dahin. »Möchten sie einen Schluck Wasser?«
»Ja, bitte. Und ein Schmerzmittel.«
Im Heck befand sich eine Toilette mit einem Trinkwasseranschluss und einem Vorrat an winzigen Pappbechern. Ich füllte zwei davon und hielt sie ihr an die Lippen.
»Mit Medikamenten müssen wir leider bis nach der Landung warten.« Ich hätte ihr noch einen Narkosepfeil setzen können, aber das verschlechterte möglicherweise ihren Zustand. »Wo haben Sie Schmerzen?«
»Im Brustbereich. Und im Nacken. Könnten Sie die verdammten Klebestreifen entfernen? Ich laufe nicht weg.«
Ich holte die Genehmigung der Einsatzzentrale ein und fuhr ein langes, rasiermesserscharfes Bajonett aus. Sie wich zurück, so weit sie konnte. »Nur ein Messer.« Ich zerschnitt das Isolierband um ihre Brust und Knie und half ihr, sich aufzusetzen. Die Pilotin bestätigte auf meine wortlose Frage, dass die Frau allem Anschein nach unbewaffnet war. Also löste ich auch ihre Hand- und Fußfesseln.
»Darf ich die Toilette benutzen?«
»Bitte.« Als sie aufstand, krümmte sie sich vor Schmerzen und presste eine Hand gegen die Seite.
»Hier entlang.« Ich konnte in dem zwei Meter hohen Frachtraum nicht aufrecht stehen, und so wankten wir durch den Korridor, ein vorgebeugter Riese, der einen vorgebeugten Zwerg stützte. Ich öffnete den Gürtel ihrer Hose.
»Bitte«, sagte sie. »Seien Sie ein Gentleman!«
Ich drehte mich um, aber natürlich konnte ich sie weiterhin sehen. »Ich kann kein Gentleman sein«, erklärte ich. »Wir sind fünf Männer und fünf Frauen, die eine Einheit bilden.«
»Dann stimmt es also? Dass ihr Frauen zum Kämpfen zwingt?«
»Sie kämpfen nicht, Señora?«
»Ich schütze mein Land und mein Volk.« Hätte ich sie nicht beobachtet, dann wäre ich vielleicht auf das starke Pathos in ihrer Stimme hereingefallen. So sah ich, wie sie blitzschnell in eine Brusttasche fasste und umklammerte ihr Gelenk, ehe sie die Hand zum Mund führen konnte.
Ich musste Druck anwenden, um ihre Faust zu öffnen, und nahm ihr eine kleine weiße Pille ab, die stark nach Bittermandeln roch. Altmodisch.
»Das bringt doch nichts«, sagte ich. »Wir würden Sie wiederbeleben, und danach wäre Ihnen schlecht.«
»Ihr tötet, und wenn es euch Spaß macht, holt ihr die Toten ins Leben zurück. Aber ihr seid keine Monster, was?«
Ich verstaute die Pille in einer Tasche am Oberschenkel, ohne die Frau aus den Augen zu lassen. »Wenn wir Monster wären, würden wir sie ins Leben zurückholen, uns die nötigen Informationen beschaffen und sie dann ein zweites Mal umbringen.«
»Und das macht ihr nicht?«
»In unseren Gefängnissen sitzen mehr als achttausend eurer Leute, die nach Kriegsende in ihre Heimat zurückgeschickt werden. Es wäre einfacher, sie zu töten, oder?«
»Konzentrationslager.« Sie stand auf, zog die Hose hoch und setzte sich wieder.
»Ein überfrachteter Begriff. Es gibt Lager, in denen die Gefangenen aus Costa Rica konzentriert sind. Mit UN- und Rotkreuz-Beobachtern, die sicherstellen, dass sie gut behandelt werden. Davon werden Sie sich mit eigenen Augen überzeugen können.« Es kommt nicht oft vor, dass ich die politischen Methoden der Allianz verteidige. Aber es war interessant, die Reaktionen einer Fanatikerin zu beobachten.
»Sie glauben, dass ich so lange am Leben bleibe?«
»Wenn Sie das möchten – ja. Ich weiß nicht, wie viele Pillen Sie
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