Der ewige Krieg 03 - Der ewige Friede
noch haben.« Ich stellte über die Pilotin den Kontakt zur Einsatzzentrale her und ließ einen Lügendetektor auf sie richten.
»Das war die Einzige«, entgegnete sie wie erwartet, und der Lügendetektor bestätigte, dass sie die Wahrheit sagte. Ich entspannte mich ein wenig. »Dann werde ich also eine Ihrer Kriegsgefangenen sein.«
»Davon gehe ich aus. Es sei denn, wir hätten uns in Ihrer Person geirrt.«
»Ich habe nie im Leben eine Waffe abgefeuert. Ich habe nie im Leben jemanden getötet.«
»Meine Kommandantin auch nicht. Sie besitzt ein Diplom in Militärtheorie und eines in Cybernetik-Kommunikation, aber sie war nie an einem Einsatz beteiligt.«
»Dennoch hat sie viele Menschenleben auf dem Gewissen. Landsleute von mir.«
»Und Sie halfen bei der Planung des Portobello-Überfalls mit. Wenn Ihre Logik stimmt, sind Sie damit für den Tod meiner Freunde verantwortlich.«
»Das stimmt nicht«, sagte sie. Zu schnell, zu heftig. Gelogen.
»Sie starben, während ich mit ihnen in Gedankenkontakt stand. Manche litten schrecklich.«
»Nein! Nein!«
»Sparen Sie sich das Leugnen! Ich kann Tote ins Leben zurückholen, haben Sie das vergessen? Ich hätte Ihr Dorf mit einem einzigen Gedanken vernichten können. Und ich kann erkennen, wann Sie lügen.«
Sie schwieg eine Weile und dachte über meine Worte nach. Offenbar wusste sie über unsere Detektoren Bescheid. »Ich bin Bürgermeisterin von San Ignacio. Das wird Folgen haben.«
»Keine rechtlichen. Wir besitzen einen Haftbefehl für Sie, unterzeichnet vom Gouverneur Ihrer Provinz.«
Sie fauchte wie eine Katze. »Pepe Ano!« Eigentlich hieß er Pellipianocio wie seine italienischen Vorfahren, aber die spanische Version klang wie ›Pepe Arschloch‹.
»Ich habe das Gefühl, dass er bei den Rebellen nicht sehr beliebt ist. Aber er war doch einer von euch.«
»Er hatte eine Kaffeeplantage von seinem Onkel geerbt, aber er war ein so schlechter Farmer, dass er nicht mal Radieschen anbauen konnte. Ihr habt sein Land gekauft. Ihr habt ihn gekauft.«
Sie glaubte, dass es so gewesen war, und vermutlich hatte sie Recht.
»Niemand zwang ihn zum Verkauf.« Es war ein Schuss ins Blaue; ich wusste so gut wie nichts über die Geschichte des kleinen Ortes oder der Provinz. »Kam er nicht von selbst zu uns? Bot er uns nicht…?«
»O ja. Er kam wie ein halb verhungerter Hund, dem man einen Brocken hinwirft. Ihr glaubt doch nicht im Ernst, dass er unser gewählter Regierungsvertreter ist!«
»Tatsächlich wurden wir nicht gefragt, Señora. Oder haben die Soldaten bei euch ein Mitspracherecht, ehe man ihnen Befehle erteilt?«
»Wir… darüber weiß ich nichts.« Eine glatte Lüge diesmal. Sie wusste, dass ihre Soldaten sehr wohl ein Wort mitzureden hatten, wenn es um wichtige Entscheidungen ging. Das verminderte zwar ihre Schlagkraft, gab ihnen aber ein gewisses Recht, sich Demokratische Volksarmee zu nennen.
Der Helikopter schlingerte plötzlich nach links und rechts, ehe er stark beschleunigte. Ich streckte die Hand aus und bewahrte sie gerade noch vor einem Sturz.
»Rakete«, sagte ich nach einem kurzen Gedankenaustausch mit der Pilotin.
»Schade, dass sie nicht getroffen hat.«
»Sie sind das einzige Lebewesen an Bord, Señora. Wir anderen befinden uns sicher in Portobello.«
Sie lächelte. »Nicht ganz so sicher, schätze ich. War das nicht der Grund dieser kleinen Entführung?«
die frau hatte glück. Sie gehörte zu den neunzig Prozent, die das Einsetzen des Kontakts überlebten, und lieferte den Verhör-Spezialisten der Allianz die Namen der drei anderen tenientes, die an dem Massaker von Portobello beteiligt gewesen waren. Man verurteilte sie aufgrund der Rolle, die sie selbst bei dem Komplott gespielt hatte, zum Tode, wandelte die Strafe jedoch in lebenslängliche Haft um und schickte sie in das große Kriegsgefangenenlager in der Kanalzone. Das Implantat im Schädelknochen garantierte, dass sie dort keine Verschwörung anzetteln würde.
Natürlich waren nach Ablauf der vier Stunden, die es gedauert hatte, sie nach Portobello zu bringen und ihr den Kontakt einzusetzen, die anderen drei tenientes mitsamt ihren Familien in den Dschungel geflüchtet – und niemand konnte sagen, wann und wo sie wieder auftauchen würden. Fingerabdrücke und Retina-Muster wiesen sie als Rebellen aus, aber wir hatten keine absolute Sicherheit, dass die in den Akten festgehaltenen Merkmale authentisch waren. Sie hatten jahrelang Zeit gehabt, sich eine neue Identität zu
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