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Der ewige Krieg 03 - Der ewige Friede

Der ewige Krieg 03 - Der ewige Friede

Titel: Der ewige Krieg 03 - Der ewige Friede Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Haldeman
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eindroschen.
    Es war eine Szene wie aus Dantes Hölle, überall zerstampfte, blutige Leiber, Tausende von Menschen, die blind umherschwankten, würgend und kotzend. Ein Teil von mir, schwindlig vor Entsetzen, wollte diesem Ort durch eine Ohnmacht entrinnen, wollte diese Maschine dem Mob überlassen. Aber auch meine Leute waren in einer elenden Verfassung; ich konnte sie nicht im Stich lassen.
    Die Fußangeln lösten sich plötzlich in einer Wolke von farbigem Rauch auf, aber das machte keinen Unterschied mehr. Alle, die sich in den Klebefäden verfangen hatten, lagen tot oder verwundet am Boden.
    Die Einsatzzentrale erteilte uns den Befehl zum Rückzug; wir sollten uns so rasch wie möglich am Hauptplatz einfinden. Sie hätten uns auch an Ort und Stelle herausholen können, so lange die Menge noch eingeschüchtert war. Aber niemand wollte das Risiko eingehen, durch die Ankunft von Helikoptern und Flyboys eine neue Massenhysterie auszulösen. Also sammelten wir die vier deaktivierten Soldierboys ein und marschierten als Sieger davon.
    Unterwegs ließ ich die Koordinatorin wissen, dass ich Park für eine Therapie vorschlagen würde – zumindest das. Natürlich blieben ihr meine wahren Gefühle nicht verborgen. »Sie würden ihn am liebsten als Mörder und Kriegsverbrecher anklagen, nicht wahr? Das geht leider nicht.«
    Nun, das war mir klar, aber ich gab ihr zu verstehen, dass ich ihn auf keinen Fall wieder in meiner Einheit haben wollte – selbst wenn meine Weigerung eine Disziplinarstrafe nach sich ziehen würde. Auch der Rest meiner Gruppe hatte endgültig genug von ihm. Was immer der Grund dafür gewesen sein mochte, ihn bei uns einzugliedern – spätestens heute hatte sich diese Maßnahme als falsch erwiesen.
    Die Koordinatorin meinte, dass man sämtliche Faktoren in Betracht ziehen würde, einschließlich meines eigenen aufgewühlten Zustands. Ich erhielt den Befehl, mich sofort nach dem Ausklinken zu einem Therapiegespräch anzumelden. Aufgewühlt? Wie sollte sich denn jemand fühlen, der einen Massenmord auslöst?
    Dabei konnte ich mit meiner Beteiligung an diesem Massenmord durchaus rational umgehen. Wir hatten alles in unserer Macht Stehende getan, um die Verluste so gering wie möglich zu halten. Aber den einen Toten – diesen einen Jungen, den ich eigenhändig erschossen hatte – konnte ich nicht aus meinen Gedanken verdrängen. Der entschlossene Blick, als er zielte und feuerte, zielte und feuerte; das Fadenkreuz meiner Waffe, das von seinem Kopf zu seinen Knien wanderte. Und im gleichen Moment, da ich abdrückte, ein ärgerliches Stirnrunzeln, weil ihn von hinten jemand anrempelte. Seine Knie schlugen gegen das Straßenpflaster, als meine Kugel ihm das Herz zerfetzte, und eine Sekunde lang verharrte der Ärger auf seinen Zügen. Dann kippte er nach vorn, tot, noch bevor sein Gesicht den Boden berührte.
    Auch in mir starb in diesem Augenblick etwas. Selbst durch den sanften Nebel der verspätet wirkenden Stimmungsaufheller wusste ich, dass es nur einen Weg gab, diese Erinnerung loszuwerden.

doch in diesem punkt täuschte sich Julian. »Sicher, es ist möglich, bestimmte Erinnerungen zu löschen«, erklärte ihm der Therapeut gleich am Anfang. »Wir können Sie vergessen machen, dass Sie diesen Jungen getötet haben.« Dr. Jefferson war Schwarzer und an die zwanzig Jahre älter als Julian. Er strich sich nachdenklich über den schmalen grau melierten Bart. »Aber dieser Prozess ist weder einfach noch vollständig. Es gibt emotionale Assoziationen, die wir nicht in den Griff bekommen, da wir nicht jedes einzelne Neuron aufspüren können, das von diesem Erlebnis beeinflusst wurde.«
    »Ich glaube nicht, dass ich es vergessen will«, entgegnete Julian. »Es gehört von jetzt an zu mir, in guten wie in schlechten Zeiten.«
    »Nicht in guten, das wissen Sie genau. Wenn Sie der Typ wären, der mit einem Achselzucken über den Tod eines anderen Menschen hinweggehen könnte, hätte das Militär Sie in eine Jäger- und Killer-Einheit gesteckt.«
    Sie saßen in einem holzvertäfelten Sprechzimmer in Portobello. An den Wänden hingen indianische Gemälde und Webteppiche in leuchtenden Farben. Einem dunklen Impuls gehorchend streckte Julian die Hand aus und strich über die grobe Wolle eines Wandbehangs. »Selbst wenn ich es vergesse – er wird davon nicht wieder lebendig. Das ist einfach nicht in Ordnung.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Er hat zumindest Anspruch auf meine Trauer, meine Schuldgefühle. Ein

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