Der ewige Krieg 03 - Der ewige Friede
Whiskyglas fallen. »Er meinte, ich würde schon darüber hinwegkommen.«
»Und? Denkst du das auch?«
»Sicher. Er gab mir für den Anfang ein paar Pillen.«
»Dann sei vorsichtig mit dem Alkohol!«
»Ja, Frau Doktor.« Ich nahm einen kühlen Schluck.
»Im Ernst – ich mache mir Sorgen.«
»Ja, ich auch.« Ich war erschöpft. Und ich machte mir Sorgen. »Was hast du mit diesem Pete zu tun?«
»Aber du…«
»Lass uns eine Weile das Thema wechseln. Wofür braucht er dich?«
»Es geht um das Jupiter-Projekt. Er stellt einige der grundsätzlichen kosmologischen Annahmen in Frage.«
»Und warum kommt er damit ausgerechnet zu dir? Wahrscheinlich versteht jeder in Macros Abteilung mehr von Kosmologie als… Herrgott, wahrscheinlich verstehe sogar ich mehr davon als du.«
»Davon bin ich überzeugt. Aber gerade deshalb fiel seine Wahl auf mich. Alle, die mir auf diesem Sektor eine Nasenlänge voraus sind, waren auf der einen oder anderen Stufe mit der Planung von Jupiter befasst und haben eine übereinstimmende Meinung zu… bestimmten Aspekten des Projekts.«
»Zu welchen Aspekten?«
»Das darf ich dir nicht verraten.«
»Nun komm schon!«
Sie starrte in ihren Tee, ohne davon zu trinken. »Weil du ein Geheimnis nicht wirklich für dich behalten kannst. Dein ganzes Team würde Bescheid wissen, sobald du wieder eingeklinkt bist.«
»Scheiße würden sie! Niemand außer mir in dieser Gruppe kann eine Hamilton-Funktion von einem Hamburger unterscheiden. Sie merken bestenfalls an meiner emotionalen Reaktion, wenn es um irgendwelche fachlichen Dinge geht. Aber Details – das wäre für sie Chinesisch!«
»Ich spreche von deiner emotionalen Reaktion und nichts anderem! Mehr möchte ich dazu nicht sagen.«
»Okay, okay.« Ich nahm noch einen Schluck Whisky und drückte auf die Bestelltaste. »Essen wir eine Kleinigkeit?« Sie bestellte ein Lachs-Sandwich und ich einen Hamburger und noch einen Whisky. Einen doppelten.
»Du kanntest ihn also nicht? Bist ihm nie zuvor begegnet?«
»Was soll das denn heißen?«
»Kannst du mir meine Frage beantworten?«
»Ich lernte ihn vor etwa fünfzehn Jahren kennen, bei einem Kolloquium in Denver. Wenn du es so genau wissen willst – ich lebte damals mit Marty zusammen. Er fuhr nach Denver und nahm mich mit.«
»Hmm.« Ich trank den ersten Whisky leer.
»Julian – schlag dir das aus dem Kopf! Ich habe nichts mit ihm. Er ist alt und fett und noch neurotischer als du.«
»Danke. Wann kommst du wieder heim?«
»Ich muss morgen meine Vorlesungen halten. Also komme ich morgen früh zurück. Und fliege am Mittwoch wieder hierher, falls wir mit der Arbeit nicht fertig werden.«
»Ich verstehe.«
»Hör zu! Erzähle niemandem, dass ich hier bin – vor allem nicht Macro!«
»Wäre er eifersüchtig?«
»Was hast du ständig mit deiner Eifersucht? Ich sagte dir doch, dass ich nichts…« Sie lehnte sich müde zurück. »Es geht um etwas ganz Anderes. Peter hat Macro in den Physics Review Letters angegriffen. Und ich könnte mich irgendwann gezwungen sehen, Peter gegen meinen eigenen Chef zu verteidigen.«
»Gut für die Karriere.«
»Hier steht mehr auf dem Spiel als meine Karriere. Es… ich kann dir nicht mehr sagen.«
»Weil ich so neurotisch bin.«
»Nein. Das hat nichts damit zu tun. Das hat absolut nichts damit zu tun. Ich…« Ein Servierwagen mit unserer Bestellung kam in die Nische gerollt. Sie wickelte das Sandwich in eine Serviette und stand auf. »Du ahnst nicht, wie sehr ich im Moment unter Druck stehe. Glaubst du, dass du allein zurechtkommst? Ich muss wieder los.«
»Klar. Und ich verstehe das mit deiner Arbeit.«
»Es geht um mehr als Arbeit. Wenn du Bescheid wüsstest, würdest du mein Verhalten besser begreifen.« Sie verließ die Nische und gab mir einen langen Kuss. In ihren Augen standen Tränen. »Wir müssen uns ausführlich über die Sache mit diesem Jungen unterhalten. Und über alles andere. Nimm inzwischen die Pillen! Und grüble nicht zu viel!« Ich sah ihr nach, als sie nach draußen hastete.
Der Hamburger roch gut, aber schmeckte wie totes Fleisch. Ich biss einmal hinein, konnte das Zeug aber nicht hinunterschlucken. Also ließ ich es diskret in einer Serviette verschwinden, dann trank ich den doppelten Whisky in drei schnellen Zügen leer. Als ich Nachschub haben wollte, erklärte mir der Tisch, dass ich in der nächsten Stunde keinen Alkohol mehr bestellen könne.
Ich nahm die U-Bahn zum Flughafen und vertrieb mir die Wartezeit bis
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