Der ewige Krieg 03 - Der ewige Friede
zum Heimflug mit zwei weiteren Drinks in zwei verschiedenen Bars. Dazu kam ein Drink in der Maschine. Im Taxi musste ich gegen den Schlaf ankämpfen.
Als ich heimkam, fand ich eine halbe Flasche Wodka. Ich füllte Eiswürfel in einen hohen Becher, goss den Alkohol darüber und rührte um, bis sich das Glas angenehm kalt anfühlte. Dann kippte ich die Pillen auf den Tisch und teilte sie in sieben Stapel zu je fünf Stück ein.
Ich schaffte sechs der Stapel mit je einem Schluck Eis-Wodka. Ehe ich den siebten in Angriff nahm, kam mir der Gedanke, eine kurze Nachricht zu hinterlassen. Das war ich Amelia schuldig. Aber als ich aufstehen wollte, um einen Zettel zu holen, gehorchten mir die Beine nicht mehr; sie waren wie Bleiklumpen. Ich stellte dazu einige Betrachtungen an und beschloss dann, einfach den Rest der Pillen zu nehmen, doch mein Arm schwang kraftlos wie ein Pendel hin und her. Außerdem verschwammen mir die Pillen vor den Augen. Ich lehnte mich zurück, entspannt, friedlich, als würde ich im Raum schweben. Mir kam der Gedanke, dass ich nie mehr etwas anderes fühlen würde, und das war gut so. Jedenfalls viel besser, als all die Generäle mit ins Jenseits zu nehmen.
amelia roch urin, als sie acht Stunden später die Wohnungstür aufsperrte. Sie lief von einem Zimmer ins andere und fand ihn schließlich in der Lesenische, in ihrem Lieblingssessel zusammengesackt, vor sich einen ordentlichen Stapel von fünf Pillen, die leere Medizindose und einen Rest verwässerten Wodkas in einem hohen Glas.
Schluchzend fühlte sie nach seiner Halsschlagader und glaubte ein ganz schwaches Pochen zu spüren. Sie schlug ihm zweimal ins Gesicht, hysterisch hart, aber er reagierte nicht.
Sie wählte den Notruf, und erfuhr, dass alle Einsatzfahrzeuge unterwegs waren; es könnte eine Stunde dauern, bis jemand kam. Also rief sie in der Krankenstation auf dem Campus an, schilderte kurz die Situation und sagte, sie werde ihn vorbeibringen. Dann bestellte sie ein Taxi.
Sie hievte ihn aus dem Sessel und versuchte ihn unter den Achseln zu fassen, um ihn aus der Lesenische zu schleppen. Aber er war zu schwer, und so packte sie ihn schließlich an den Füßen und schleifte ihn unsanft quer durch die Wohnung. Als sie rückwärts in den Korridor stolperte, stieß sie fast mit einem Studenten zusammen, der ihr half, ihn zum Taxi zu tragen und sie zur Krankenstation begleitete. Er löcherte sie mit Fragen, die sie mehr als einsilbig beantwortete.
Am Eingang der Station wurden sie bereits von zwei Pflegern und einem Arzt erwartet. Sie legten ihn auf eine Rolltrage und er bekam an Ort und Stelle zwei Injektionen, eine in den Arm und eine in die Brust. Julian begann zu stöhnen und zu zittern; seine Lider öffneten sich, aber man sah nur das Weiß seiner Augen. Der Arzt meinte, das sei eine vielversprechende Reaktion. Allerdings würde es etwa einen Tag dauern, bis sie wussten, ob er durchkam oder nicht. Sie könne hier warten oder inzwischen heimgehen.
Sie tat beides. Sie fuhr mit dem Taxi und dem hilfsbereiten Studenten zurück zu ihrem Wohnblock, packte die Unterlagen für die nächste Vorlesung ein und kehrte in die Krankenstation zurück.
Es war niemand außer ihr im Wartezimmer. Sie holte sich einen Kaffee aus dem Automaten und nahm auf einer Couch Platz.
Die Arbeiten waren alle benotet. Sie überflog ihre Vorlesungsnotizen, konnte sich aber nicht auf den Stoff konzentrieren. Es wäre ihr allerdings auch schwer gefallen, in die Unterrichts-Routine zurückzufinden, wenn sie bei ihrer Heimkehr alles normal vorgefunden hätte. Wenn Peter Recht hatte, und sie war überzeugt, dass er Recht hatte, dann stand das Jupiter-Projekt vor dem Aus. Es musste abgebrochen werden. Elf Jahre, ein Großteil ihrer Karriere als Teilchenphysikerin, den Bach hinunter.
Und nun das hier, diese merkwürdige Umkehrung ihrer eigenen Krise. Vor ein paar Monaten hatte er um ihr Leben, um ihren Verstand gebangt. Und sie hatte beide verursacht. Hätte sie sich dazu durchringen können, die Arbeit mit Peter beiseite zu schieben – ihre Karriere beiseite zu schieben – und ihm die Liebe und Fürsorge zu geben, die er brauchte, um seine Gewissensqualen zu verarbeiten, dann wäre er nicht hier gelandet.
Oder vielleicht doch. Aber es wäre nicht ihre Schuld gewesen.
Ein Schwarzer in Uniform, mit den Rangabzeichen eines Oberst, setzte sich neben sie. Sein frisches, nach Limonen duftendes Kölnisch verdrängte den Krankenhausgeruch. Nach einer kurzen Pause sagte
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