Der Experte: Thriller (German Edition)
weg. So viel Schaden. Stücke von ihnen allen, übers ganze Land verstreut.
Alles war kaputt.
3
Das Licht war gedämpft. Das Videostandbild auf dem zentralen Bildschirm der Monitorbank zeigte eine Straße in Hell- und Dunkelgrautönen. Man blickte auf Gestalten, die darauf warteten, in Aktion versetzt zu werden. Der Rest des Raumes war eine undeutliche Unterwelt unbekannten Ausmaßes. Der Techniker zupfte an seinem Schnurrbart, während er sich gewohnheitsmäßig im Arbeitssessel vor und zurück wiegte. Bei jeder Bewegung quietschte es.
»Schluss damit«, sagte sie aus dem Dunkel hinter ihm und legte eine Hand auf die Oberkante der Sessellehne. Das Kippeln hörte auf. »Lassen Sie das sein.«
Er rückte seine Brille zurecht und wies auf den Schirm. »Woher kommt das?«
»Einer unserer ehemaligen Subunternehmer arbeitet als Überwacher für das NYPD. Als er es entdeckte, hatte er eine Eingebung. – Dachte, wir würden es vielleicht sehen wollen.« Sie beugte sich über seine Schulter, um genauer hinsehen zu können.
»Normale Straßenüberwachung«, sagte der Techniker. »Kameras auf Laternenpfählen. Die meisten Leute bemerken sie nicht mal. Niedrige Auflösung, hohes Bildrauschen. Sie kriegen die Dinger online bei Spies-R-Us.« Er blickte sie an und hoffte auf ein Lächeln. Sie roch wirklich gut.
»Sie riechen wirklich gut. Lavendel?«
Sie neigte den Kopf gerade so weit, wie erforderlich war, um Blickkontakt herzustellen.
»Willie, ich bin müde. Wenn Sie mir auch noch Kopfschmerzen machen, mache ich Ihnen Kopfschmerzen, und ich meine das nicht im übertragenen Sinne. Es wird schlimmer sein, als sich einen von Ihren öden Anmachsprüchen anzuhören. Ist das klar?«
»Jawoll«, sagte er und richtete sich in seinem Stuhl auf.
Sie war es gewohnt. Sie hatte immer gewusst, dass sie schön war – ausgeprägte Wangenknochen und eine Adlernase, eingerahmt von welligem, sandfarbenem Haar. Aber entscheidend waren ihre bizarr hellen Augen in einem seltenen Amethystviolett. »Liz-Taylor-Augen« hatte ihre Mutter sie genannt.
Ihr ganzes Leben lang waren ihre Augen ein Fluch für sie gewesen. Als sie ein Kind war, hatten sich Verwandte und Freunde ihrer Eltern ständig mit riesigen Gesichtern zu ihr heruntergebeugt und ihr in die Wange gekniffen. – »Seht euch diese Augen an!« Als die Pubertät kam, schien jeder weibliche Körper in ihrer Klasse Kurven zu bekommen – nur ihrer nicht. Aber ihre Augen verschlugen jedem testosterongetränkten Teenager die Sprache. Jetzt, in ihrer Arbeit, waren ihre Augen ein unerwünschtes Merkmal, ließen sie geradezu herausstechen – und konnten sie in Schwierigkeiten bringen, die weit gefährlicher waren als ein Ringkampf auf dem Hintersitz eines Autos. Wenn sie nach draußen ging, trug sie haselnussbraune Kontaktlinsen.
»Na, dann los, Kumpel«, sagte sie. »Zeig, was du kannst.«
Der Techniker drückte eine Taste, und das Überwachungsvideo bewegte sich in Zeitlupe. Eine schlanke Gestalt, schwarz gekleidet, lief auf eine Kreuzung zu, den Rücken zur Kamera.
»Er hinkt ein bisschen«, sagte der Techniker. »Aber er wird gut damit fertig.«
»Stimmt.«
Sie sahen zu, wie der Läufer die Mitte der Kreuzung erreichte und ein Pick-up auf ihn zuraste. Er drehte sich und sah nicht ganz im Dreiviertelprofil in die Kamera. Der Techniker hielt die Wiedergabe an, markierte Geigers Gesicht und vergrößerte es formatfüllend.
»Ne«, sagte der Techniker. »Das können wir besser.« Er ließ die Szene mit Viertelgeschwindigkeit weiterlaufen – Geiger im Zentrum, völlig reglos. »Wer ist der Kerl denn?«
»Deshalb bin ich hier, Willie – um das herauszufinden.«
Im nächsten Monat würde sie ihre vierjährige Zugehörigkeit zu Deep Red feiern. Die Regierung hatte sie direkt vom College angeworben, und sechzehn Monate später war sie zu Deep Red gekommen. Wie jeder in der Gruppe hatte sie von Geiger, dem besten Verhörexperten der Welt, gehört, aber sie hatte nie mit ihm zusammengearbeitet. Nach dem Foltervideo-Desaster im vergangenen Jahre hatte Deep Red ihn als »vermisst, vermutlich tot« eingeordnet, aber natürlich war es ein offenes Geheimnis, dass diese Klassifizierung in Wirklichkeit »Wir haben nicht die leiseste Idee, was aus dem Hundesohn geworden ist« bedeutete.
Im Überwachungsvideo packte Geiger den Fahrer, riss ihn herum und übernahm die Kontrolle.
Der Techniker nickte. »Gut gemacht.«
Sie war es gewesen, die Dalton nach den Ereignissen vernommen
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