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Der Experte: Thriller (German Edition)

Der Experte: Thriller (German Edition)

Titel: Der Experte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Allen Smith
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auf der Matratze landete. Seine Hände glitten über die Oberfläche und kamen am Rand zur Ruhe, an der gerundeten Rippung. Seine Fingerspitzen spielten damit. Er öffnete die Augen. Die Zierschnur lief den ganzen Weg um die Oberkante der Matratze. Sie hatte einen Durchmesser von gut einem Zentimeter.
    »Harry?«
    »Ja?«
    »Wie nennt man das? Diese Randverstärkung rings um die Matratze?«
    Harry warf einen müden Blick auf Mathesons auf und ab tanzenden Finger. »Das? Das nennt man diese Randverstärkung rings um die Matratze.«
    »Harry …«
    »Verdammt, David – welche Rolle spielt es, wie die Scheiße heißt?«
    »Leck mich am Arsch, Harry – und lass mich die Frage anders stellen: Weißt du zufällig, was in dieser Randverstärkung rings um die Matratze ist?«
    Harry blickte auf die Rippung seiner eigenen Matratze. Er drückte sie zwischen Daumen und Zeigefinger.
    »Fühlt sich für mich an wie eine Schnur in einer Stoffhülle.«
    »Für mich auch, Harry.«
    Harry sah ihn an. Es bereitete ihm eine gewisse Mühe, seine geistigen Rädchen in einen konstruktiven Modus zu schalten, doch schließlich gelang es ihm. Er nahm seine andere Hand, packte die Rippung und begann zu zerren. Die Naht, welche die Hülle mit der Matratze verband, dehnte sich, aber sie riss nicht. Noch nicht.
    »Wir könnten sie losbekommen«, sagte er. »Auf jeden Fall.« Er rutschte in eine andere Position, sodass er einen besseren Winkel einnahm, klammerte seine Finger um die Rippung und zog mit aller Kraft. Langsam gaben die Fäden nach, und Licht schien zwischen Rippung und Matratze hindurch. »Sie kommt …«, sagte Harry. Ein zentimeterlanges Stück Rippung riss ab. »Geschafft.« Harry zerrte heftig, und die Rippung gab mit lautem Reißen nach.
    »Ich werde länger brauchen, Harry.« Matheson hielt seine verbundene Hand hoch. »Hier fehlen mir die Fingerspitzen. Weißt du, wie man einen Lassoknoten schlingt?«
    Harry zerrte weiter. »Nein.«
    »Ich zeige es dir. Es ist nicht schwer.«
    »Warst du bei den Pfadfindern?«
    »Nein, aber mit dreizehn einen Sommer lang auf einer Ferienranch.«
    Harry rechnete. »Ungefähr sechs Meter oben und sechs Meter unten. Das ist eine Menge Seil, David.«
    »Mehr als genug. Wie sagt man so schön?«
    Harry hatte die Rippung fast ganz abgerissen. »Gib jemandem genug Seil, um sich zu erhängen …«
    »Genau das«, sagte Matheson, »meinte ich.«

30
    Nachdem sich die Sonne verabschiedet hatte, ließ der Himmel rasch die Nacht ein und nahm ein tintiges Blauschwarz an – und binnen Minuten wurde der Mond zum Zeugen. Es war jene Zeit genau in der Mitte zwischen Tag und Nacht, wenn die Geschöpfe der Tagschicht sich ausgestempelt haben und die Nachtschicht eintrifft, sodass nur wenige Laute zu hören waren, und die mit großen Abständen. Im Bauernhaus waren nur zwei Fenster erleuchtet, auf der Vorderseite in der Mitte.
    Sie saßen in einer Reihe dem Bauernhaus gegenüber, zwanzig Meter vom Waldrand entfernt, und aßen schweigend. Mit kleinen Bissen verzehrte Geiger eine Birne. Außerdem hatte er zwei Möhren und eine Flasche Wasser auf dem Schoß. Zanni und Victor hatten jeder ein Baguette und ein Stück Brie, einen Apfel und Wasser bei sich.
    Während Zanni in den Käse biss und dazu entweder ein Stück Brot abriss oder die Zähne in den Apfel schlug, ging Victor ästhetischer vor. Mit einem langen Springmesser schnitt er sorgsam dünne Scheiben vom Brie und vom Apfel. Dabei führte er die Klinge, als wäre er mit ihr in der Hand zur Welt gekommen.
    Während sie aßen, konnten sie nicht ein einziges Mal eine Bewegung an einem Fenster oder ein anderes Lebenszeichen entdecken. Schließlich klappte Victor das Messer zu, legte den Rest seines Baguettes und seines Käses wieder in die Tasche und warf das Kerngehäuse weg.
    »Herr Geiger«, fragte er. »Käse, Brot. Mögen Sie das nicht?«
    »Ich esse nichts, was erhitzt oder verarbeitet wurde.«
    »Ein kluger Mann. Ich … ich kann nicht widerstehen. Sie werden die meisten von uns überleben.« Victor erhob sich. »Nun noch ein Laster, eine Zigarette, die Zanni nicht in so großer Nähe duldet, dass sie sie riechen kann.«
    Er schlenderte von ihnen fort, tiefer in den Wald.
    Zanni drehte langsam den Kopf. Mit hellen Augen, die strahlten wie ein Leuchtturmlicht in schwarzer Nacht, blickte sie Victor hinterher. Sie hatte es sich genau überlegt, alle Möglichkeiten bedacht. Das hieß nicht, dass sie sich jedes Schrittes, den sie gehen würde, sicher

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