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Der Experte: Thriller (German Edition)

Der Experte: Thriller (German Edition)

Titel: Der Experte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Allen Smith
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im Central Park, als Geiger aus dem Regen kam und ihm das Leben rettete – und ihn erkennen ließ, dass er, egal wie pechschwarz, erbärmlich und selbstzerstörerisch ihm zumute war, tatsächlich nicht sterben wollte.
    »Harry«, sagte Matheson.
    Harry öffnete die Augen. Matheson war auf den Beinen, drehte und streckte und beugte sich, so gut es ging, um seinen steifen, schmerzenden Körper zu lockern.
    »Ja? Was ist denn?«
    »Nichts. Bei der Position, in der du liegst, konnte ich nicht sehen, ob du noch atmest. Ich wollte nur wissen, ob du noch lebst.«
    »Ich habe eine Liste gemacht. Die zehn besten Tage meines Lebens.«
    Matheson lehnte sich an die Wand und wirkte dabei, als würde er ohne Mauer stürzen.
    »Und warum hast du diese Liste gemacht?«
    »Es fühlt sich gut an. Man denkt an die tollen Dinge in seinem Leben. Man kehrt dahin zurück, man erinnert sich, wie sich etwas angefühlt hat, wie jemand aussah …«
    »Bereitest du dich auf den Tod vor, Harry?«
    »Ja, ich schätze, schon.« Jedes Wort weckte in ihm den Drang zu schlucken, daher schluckte er, obwohl er ahnte, dass es höllisch wehtun würde; er behielt recht. »Verdammt, David … Ich fühle mich wirklich kreuzdämlich und bin stinksauer. Und ich will so nicht sterben, deshalb mache ich meine Top Ten. Warum nicht mit Gedanken an das Beste im Leben abtreten?«
    »Leuchtet mir völlig ein.«
    Harry hob die Hand und betastete behutsam sein Gesicht. »Meine Fresse, fühlt sich an wie eine Luffa. Sehe ich auch so aus?«
    »Wie lange warst du verheiratet, Harry?«
    »Sieben Jahre. Und du?«
    »Acht.«
    »Wie viele davon waren richtig gut?«
    Matheson zuckte mit den Schultern. »Vier vielleicht. Und bei dir?«
    Harry seufzte, und langsam trat ihm die Andeutung eines Lächelns auf die Lippen. »Alle«, sagte er.
    Die Tür öffnete sich, und Dalton kam herein.
    »Guten Abend.« Er schnüffelte und verzog die Nase. »Hier wird es allmählich etwas muffig, nicht wahr? Aber keine Sorge. Vielleicht ist diese Nacht Ihre letzte hier. Deswegen bin ich gekommen – um Sie zu fragen, was Sie als letztes Abendessen möchten. Wir haben Ochsenherztomaten, Kürbis, einige Reste von dem köstlichen Schinken und etwas Kalbfleisch.«
    Harry schob sich an der Wand hoch, bis er saß. »Heißt das, Sie lassen uns gehen?«
    »Oder«, fügte Matheson hinzu, »eben nicht?«
    »Keine Sorge, Jungs. Ihr kommt hier raus.«
    Harry antwortete mit einem kränklichen, matten Lächeln. »Ist Geiger hier?«
    »Noch nicht – aber ich glaube, er ist gar nicht weit.«
    Matheson begann zu gehen. Seine klirrende Kette ließ ihn auf fast einen Meter an Dalton herankommen, ehe sie sich straffte. Die beiden Männer blickten einander ausdruckslos an. Hätte Matheson sich vorgebeugt und den Arm ausgestreckt, hätte er mit den blutigen Fingerspitzen vielleicht Daltons Flanellhemd streifen können.
    Dalton schob die Brille die Nase hoch. »Haben Sie etwas auf dem Herzen, David?«
    »Ich wollte nur einen letzten Blick auf Sie werfen – aus der Nähe.«
    »Und was sehen Sie? Sagen Sie es mir.«
    »Etwas, das nicht leben sollte.«
    Dalton nickte langsam. »Alles zu seiner Zeit, David«, sagte er. »Alles zu seiner Zeit.« Er wandte sich um und ging zur Tür. »Ich bringe Ihnen ein bisschen von allem. Das Kalb ist etwas zäh, aber schmackhaft.«
    Er ging hinaus. Matheson wandte sich Harry zu.
    »Ich wollte noch niemals jemanden töten. Es ist ein wirklich schlimmes Gefühl.«
    Harry nickte schweigend. Er wusste genau, was Matheson meinte, und hatte nichts hinzuzufügen.
    Matheson kehrte zu seiner Matratze zurück und lehnte sich wieder an die Wand. Die Augen fielen ihm zu. Im Moment war es einfacher, dies zuzulassen, als sie offen zu halten. Die Erschöpfung fühlte sich an wie eine Viruserkrankung. Der Schmerz und die Fußschelle hatten zudem etwas ihm entriegelt: Wut in einer neuen, mutierten Form. Sie kochte ihm durch die Adern. Huschte in seinem Gehirn umher. Seine Wut hatte in ihrer reinsten Form immer ein Element der Rechtschaffenheit enthalten und in dem grundlegenden Glaubenssatz gewurzelt, die Menschen hätten ein Recht auf die Wahrheit, auf die gottverdammte ungeschminkte Wahrheit. Aber diese Wut, die jetzt in ihm kochte, war urtümlich, grob und gemein. Sie kam aus dem Blut. Sie entsprang dem Kampf um sein Leben, Harrys Leben, Geigers und auch Ezras Leben. Und nichts war nunmehr undenkbar. Nichts war unzulässig.
    Er ließ sich an der Wand herunterrutschen, bis er mit dem Hintern

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