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Der Experte: Thriller (German Edition)

Der Experte: Thriller (German Edition)

Titel: Der Experte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Allen Smith
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anmaßend, wenn ich sage, dass ich Sie sehr gut im Griff habe, Geiger.«
    »Inwiefern?«
    »Nun – ich habe mir ein Szenarium einfallen lassen, das Sie in ein wirksames Dilemma stürzt – es auf eine Art konstruiert, dass Sie es überzeugend finden konnten … dass Sie eine Strategie ersinnen und in sie investieren konnten … Irre ich mich?«    
    »Nein. Aber Sie haben meine Frage eigentlich nicht beantwortet.«
    »Das ist gar nicht wirklich Ihre Frage. Sie sind nur eine Halluzination. Tatsächlich handelte es sich um meine Frage.« Daltons elastisches Grinsen verbreiterte sich. »Wieso ich das tue? Weil ich dank Ihnen auf eine ganz neue Art zum Studenten des Leids geworden bin – und ich werde dafür sorgen, dass Ihnen Ihr verdammtes Bewusstsein um die Ohren fliegt.«
    Geiger nickte. »Ich verstehe.«
    Dalton schüttelte langsam den Kopf. »Nein, Sie verstehen nicht. Darum geht es ja gerade.«
    Geiger ließ die Fingerknöchel knacken, einen nach dem anderen, und nach jedem Schnappen übten die kräftigen, eleganten Finger weiter Druck aus, bis die Glieder an den untersten Gelenken brachen und lose herunterhingen, schlaff und verkrümmt – genau wie Daltons Finger, nachdem Geiger im vergangenen Sommer mit ihnen fertig war.
    »Ein hübscher Trick«, sagte Dalton.
    Die Hände brachen zusammen und bildeten auf der Tischplatte einen verworrenen, wimmelnden Haufen aus Fingern. Einige entschieden sich, das Rudel zu verlassen und eigene Wege zu gehen, und Dalton sah zu, wie sie wurmgleich in verschiedene Richtungen davonkrochen. Einige hielten auf ihn zu, und er lächelte wie ein geduldiger Hirte.
    »So ist es gut. Brave Jungs. Kommt zu Papa.«
    Harry kniete auf der Matratze. In der Hand hielt er die Schnur mit der Lassoschlinge und übte das Cowboyleben. Sein Wasserkrug stand auf dem Boden, knapp zwei Meter entfernt – und er warf mit der Schlinge danach und versuchte ihn einzufangen. Er zählte mit. Bisher stand es zwanzig zu fünf gegen ihn.
    Matheson saß mit untergeschlagenen Beinen auf der Matratze und war tief in Gedanken versunken.
    Harry warf wieder und traf nicht. Er blickte auf seine Handflächen. Auf jeder fehlten zwei kreisrunde Hautstücke, die Dalton entfernt hatte, und die Schorfkrusten hatten sich abgelöst. Die Wunden schmerzten und brannten.
    »Ich bekomm es nicht hin.«
    »Wir brauchen Blut.«
    »Was?«
    Matheson blickte auf. »Damit sie es uns abkaufen.«
    »Wovon redest du da?«
    »Blut auf dem Boden. Damit es echt aussieht.« Er zog seinen Kittel und die Ärmel hoch und starrte auf seine Gliedmaßen. »Wo ist eine gute Stelle, um sich zu schneiden, damit es blutet – aber wo man es stoppen kann, ehe man zu viel verliert?«
    »Ich habe mich einmal fies ins Fußgelenk geschnitten – das hat geblutet wie der Teufel.«
    »Wie hast du die Blutung gestoppt?«
    »Mit einem Druckverband und Hochlagern.«
    Matheson fuhr mit der Fingerspitze über die Kanten der Stahlschelle an seinem Fußgelenk und machte ein finsteres Gesicht.
    »Zu glatt …« Er rutschte an den Rand der Matratze, bog das Bein, bis die Schelle auf dem Boden lag, griff sie und begann, sie auf dem rauen Beton hin und her zu reiben. Nach einem Dutzend Streichen hielt er inne und befühlte die Kante.
    »Wird sie scharf?«
    »Mit der Zeit«, antwortete Matheson und fuhr mit der Arbeit fort.
    Zanni beobachtete Geiger durch die Windschutzscheibe. Er lehnte an einem Baum und rauchte eine Zigarette. Auf dem Rückweg zum Auto hatten sie beide geschwiegen, und danach hatten sie eine halbe Stunde lang im Auto gesessen, ohne ein Wort zu sagen.
    »Ich gehe eine rauchen«, hatte er schließlich gemeint, und war ausgestiegen.
    Sie bekam kein Gespür für ihn. Er hatte etwas Urtümliches – auf das Wesentliche reduziert, mit wenig Bedürfnissen, ohne Verstellung, enger mit einem Tier, das in den Wald gehörte, verwandt als mit einem weltlichen Mann …
    Und dann war da noch der Inquisitor – der Verstand, der zupackte wie ein Tellereisen, die schlanke Maschine ohne Nerven, der kühle Verabreicher des Schmerzes …
    Und außerdem war da der Mann, der sich entschieden hatte, ihr das Leben zu retten …
    Geiger trieb in einem Meer aus Frauen – ihren Gerüchen, ihrer seidigen Bewegungen, dem Zug geheimen Wissens. Er schloss die Augen. Ihre Musik spukte ihm durch den Kopf, die Stimmen trieben als goldene Strähnen auf dem Wasser – traurige Balladen und Schlaflieder und Sirenengesänge …
    Als er ein raues, feuchtes Schnauben

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