Der Experte: Thriller (German Edition)
Stellenweise wurde sie dünn. Sie nahm sich vor, eine neue zu kaufen. »Ez … sieh mich mal an.«
Er drehte sich ihr zu.
»Es tut mir so leid, Ez. Wegen dieser ganzen Sache … und dass ich nicht einfach zaubern und alles in Ordnung bringen kann. Ich habe dich so lieb – und es tut mir so furchtbar leid.«
»Ich weiß, Mom, ich weiß es wirklich. Ich hab dich auch lieb.«
Sie beugte sich zu ihm, und er zu ihr, gerade so weit, dass sie ihm einen Kuss auf die Stirn drücken konnte.
»Bleib nicht zu lange auf.«
»Tu ich nicht.«
Sie stand auf, verließ das Zimmer und schloss die Tür. Ezra wandte sich wieder der Nacht zu. Er hob die Hand und streichelte ausgiebig die Narbe des Katers. Das Schnurren des Tieres nahm um mehrere Dezibel zu – der Übergang von Zufriedenheit zu Wonne.
»Ich sollte es tun, oder? Ich muss – stimmt’s?«
Er nahm sein iPad vom Bett, sprang auf die Feuertreppe, setzte den Kater ab und schloss leise das Fenster.
Geiger ging zum Wagen zurück. Zanni war angezogen. Eine der Taschen stand auf der Motorhaube. Sie lud die Beretta mit einem frischen Magazin, dann nahm sie ein Zielfernrohr aus der Tasche und arretierte es auf der Schiene der Pistole. Sie drückte einen Knopf, und ein neongrüner Laserstrahl stach heraus. Sie hob die Waffe und bewegte den dünnen Strahl über die dunklen Bäume.
»Ich nehme an, du nimmst die hier nicht, oder?«
»Eine Waffe bräuchte ich nur, wenn wir beide schießend das Haus stürmen.«
»Vergiss nicht, Dalton weiß vielleicht gar nicht, dass ihm zwei Männer fehlen.«
»Er braucht nicht mehr als einen Mann mit einer Waffe bei Harry und Matheson. Dann sterben sie, wenn wir stürmen.«
»Ich könnte versuchen, Hilfe zu rufen. Wir müssten warten …«
»Zwei Pistolen, fünf Pistolen. Es spielt keine Rolle. Unsere Anzahl ändert nichts an dem, was ich gerade gesagt habe.«
Zanni nickte. »Du hast recht.« Sie schaltete das Laservisier ab und steckte die Beretta in die Jackentasche.
Ein Dingdong ertönte, und sie drehten sich beide um. Es kam vom Rücksitz des Wagens.
»Das ist ein iPad. Die Chat-App«, sagte Zanni. »Jemand ruft dich an.«
Geiger öffnete die Hintertür, griff in seine Tasche und zog sein iPad hervor. Auf dem Schirm stand, dass Ezra anrief.
»Ezra«, sagte Zanni. »Mathesons Sohn?«
»Ja.« Geiger starrte auf die Auswahl: Annehmen oder Ablehnen. Grün und Rot, wie an einer Ampel.
»Weiß er, dass du in Frankreich bist?«
»Ja.«
»Und dass du seinen Vater suchst?«
»Ja.«
Er warf einen Blick auf sie. Sie wirkte ein wenig überrascht und eindeutig nicht erfreut. Sie sah drein, als hätte sie noch mehr Fragen, starrte ihn aber nur an. Das iPad klingelte wieder. Und noch einmal.
»Also?«, fragte sie.
Geiger tippte auf Annehmen, und Ezras müdes Gesicht erschien auf dem Schirm. Zanni wich einen Schritt zurück, sodass sie außerhalb der Kameraerfassung stand.
»Hi«, sagte Ezra. »Ich bin’s. Ich …«
»Du solltest mich nicht anrufen, Ezra. Das ist nicht gut.« Geiger spürte Zannis Blick auf sich.
Der Junge zog ein gequältes Gesicht. »Es tut mir leid. Ich … ich muss dir etwas sagen.«
In Geiger war kein Raum mehr für weitere Informationen, und er hatte keine Zeit für zusätzliche Interaktion. Er fühlte sich komplett ausgefüllt.
»Worum geht es, Ezra?«
»Ich … ich hab es vermasselt.«
»Was hast du vermasselt?«
Ezras Gesicht wirkte noch gequälter. »Mom hat deinen Brief gelesen.«
Zanni zog eine Augenbraue hoch.
»Ezra, ich sagte dir doch, dass niemand den Brief lesen darf.«
»Ich weiß, aber sie kam in mein Zimmer, und ich war aufgeregt – sie hat gleich gemerkt, dass etwas nicht stimmt. Ich meine, sie wusste es einfach …« Er presste die Lippen so fest zusammen, dass sie wie Pfeifenreiniger wirkten. »Also habe ich ihn ihr gezeigt.«
Zanni sah, wie sich in Geigers Gesicht die Muskeln verhärteten. Noch nie hatte sie an ihm etwas beobachtet, das einer Gefühlsäußerung so nahekam.
»Sprich weiter, Ezra«, sagte er in einem Ton, der mehr nach kühler Anweisung klang als nach Konversation.
»Sie, äh, sie hat mich zum FBI mitgenommen und ihnen dort den Brief gezeigt. Sie war richtig sauer, weißt du, dass wieder einer Dad Ärger macht. Sie wollte Antworten – vom FBI oder von der CIA, egal von wem. Sie hätte ansonsten richtig Stunk gemacht.«
»Sprich weiter.«
»Der Kerl beim FBI sagte, er weiß von nichts. Er sagte, er befasst sich mit dem Fall und ruft sie an.« Er
Weitere Kostenlose Bücher