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Der Experte: Thriller (German Edition)

Der Experte: Thriller (German Edition)

Titel: Der Experte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Allen Smith
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gewechselt werden.«
    Und der Jones stellte die Frage?
    »Das Letzte, was er sagte, war wie bei allen anderen: ›Erinnern Sie sich an die Frau?‹«
    Können Sie zu diesem Moment zurückgehen und Ihre Reaktion beschreiben? Alles – physisch, emotional, zerebral …
    »Ich wachte auf, kaum dass er die Frage gestellt hatte und ehe ich überhaupt eine Reaktion haben konnte. Es ist, als ob die Frage allein dadurch, dass sie gestellt wird, eine Antwort verlangt und sie zugleich verweigert.«
    Das Summen in seinem Kopf steigerte sich zu einem Heulen. Es war Zeit.
    Er öffnete iTunes. Seine zweitausend CDs waren vernichtet worden, als sein Haus in Manhattan im vergangenen Juli in die Luft flog, doch schon Jahre zuvor hatte Harry begonnen, Daten in der Cloud zu speichern – Dossiers, Sitzungsprotokolle und -videos, Software, den Inhalt von DoYouMrJones.com, Audiodateien und Geigers CDs. Dadurch hatte Geiger seine gesamte Musik aus der Cloud herunterladen können, nachdem er einen neuen Laptop gekauft hatte.
    Er wählte eine Wiedergabeliste aus, die dunkel und hell, subtil und brutal verschmolz – Hendrix, Mussorgski, Liszt, Coltrane. Wenn der Schmerz aufblühte, taten das die Farbe und der Geschmack der Musik ebenfalls. Er ließ den Schmerz anwachsen, bis er nichts anderes mehr empfand, dann bestieg er die Bestie und ritt auf ihr in die Schwärze, bis die Gedanken verschwunden waren und alles eine weißglühende, von tausend Tonschattierungen verschnürte Empfindung war. Dann zog er eine silbrige Melodie aus dem Wirbel und formte sie zu einem Schwert, das er der galoppierenden Bestie ins Herz stieß – und das es tötete.
    Er klickte auf »Abspielen« und begab sich unsicheren Schrittes zum Wandschrank. Er wusste, dass die Tentakel in seinem Gehirn sich in Blitze verwandeln würden, und der Donner würde ihn taumeln lassen. Er öffnete die Tür und trat ein. Das Stakkato der Leadgitarre strömte aus den Bose-Cube-Lautsprechern an den Wänden. »Purple haze is in my brain …« Er zog die Tür zu, legte sich in der Dunkelheit auf die Seite und zog die Knie an, damit er sich dicht an die Wand drücken konnte. Jede Sekunde konnte es so weit sein. »S’cuse me while I kiss the sky.«
    Einen Augenblick lang riss ihn der alte dumpfe Schmerz in seinen Beckenkämmen zurück in sein Kindheitsbewusstsein, in den Wandschrank der Hütte, den sein Vater für ihn gebaut hatte und in dem er zusammengerollt auf dem Boden lag, die Arme um den Kassettenrekorder geschlungen, während eine Stimme durch die Tür drang. Doch sie gehörte nicht Hendrix. Sie war volltönend und arktisch. Sein Vater.
    »Schlaf jetzt, Junge.«
    Und dann kam der Sturm – und Geiger streckte die Hand aus, packte das goldene Tau des Schreis einer Gitarre und hielt sich mit ganzer Kraft daran fest.

5
    Harry stellte die Dusche ab, und seine linke Hand griff in seinen Schritt und betastete das Fleisch. Die glatten Oberflächen lösten ein Hochgefühl aus. Die traubengroße Schwellung, die er für Krebs gehalten hatte und die nach vier Monaten plötzlich zusammengeschrumpft und verschwunden war, hatte sich nicht wieder gebildet. Dass er dies jeden Tag überprüfte, zeigte ihm, wie sehr er noch immer mit ihrer Rückkehr rechnete – aber wie die meisten Dinge hatte auch seine Angst vor einem schicksalhaften Unglück an Schärfe verloren. Sein Handy klingelte, und er verließ das Bad und nahm das Telefon vom Klapptisch. Nur ein einziger Mensch besaß seine Nummer.
    »Hi«, sagte er.
    Die Stimme, die aus dem Handy drang, klang gemessen, doch sie trug eine Bürde. »Gerade ist etwas mit einer E-Mail an die Site gekommen. Du musst es dir ansehen.«
    »Dann schick es mir. Nimm das Programm, das ich letzten Monat installiert habe. Damit ist es sicher.«
    »Bin dabei. Harry, das ist ’ne große Sache – wenn’s stimmt.«
    Harry blickte auf den Bildschirmschoner seines Laptops – eine rotierende Serie von Jackson-Pollock-Gemälden, die er seit einem Jahrzehnt als Beruhigungsmittel nutzte –, und der Computer machte Ping.
    »Ich habe sie«, sagte er, tippte das E-Mail-Icon mit der Fingerspitze an und las den Inhalt – nur ein paar Textzeilen.
    »Scroll zum Foto runter.«
    Harry gehorchte und neigte den Kopf zur Seite wie ein Vogelhund. »Wer sind sie?«
    An einem Tisch voller Teller mit Delikatessen und Mokkatassen saßen zwei lächelnde Männer, die sich angeregt unterhielten und mit den Händen gestikulierten. Einer trug ein kurzärmeliges Hemd und

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